Kobujutsu

Kobujutsu

Kobudō [kobɯdoː] (古武道, jap., in etwa "alte Kriegskunst") bezeichnet die Kampfkunst mit den auf Okinawa entwickelten Waffentechniken. Häufig wurden diese Bauernwaffen aus Handwerkszeugen oder alltäglichen Gegenständen entwickelt wie dem Sai (eine Art Dreizack), dem Nunchaku (kurzer Dreschflegel), dem (ein 182 cm langer Stab), den Kama (landwirtschaftlich genutzten Sicheln) oder der Tonfa. Speziell in Deutschland wurde durch George Stiebler der Hanbo (90-100 cm langer Stab, halber Bo) als weitere Waffe etabliert, da diese Waffe eine gute Ergänzung zum Karate und J(i)u/Ji/utsu training bildet.

Die Entwicklung des Kobudos wird zum einen der "Arbeiterschaft" Okinawas zugeschrieben, aber auch dem Adel und den Beamten. Dies wird besonders daran ersichtlich, wenn man sich die Ursprünge der Katas ansieht, denn die Personen, die diese entwickelt haben, waren Beamte oder Adelige.

In japanischen Schriften wird Kobudo oft im Sinne von Koryū benutzt; die hier angegebene Bedeutung ist dagegen im westlichen Sprachgebrauch vorherrschend.

Inhaltsverzeichnis

Meister des Kobudō

Historische Kobudō-Meister

Yara Chatan (Kitae Yara), der aus dem okinawanischen Dorf Chatan stammte, lebte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sein Ruhm auf dem Gebiet des Kobudō ist vor allem durch einen Kampf mit dem jungen Shiroma (Gusukuma), einem anderen Meister des Kobudō, begründet, aus dem er als Sieger hervorging. Er schuf die Kata Chatanyara no sai.

Tsuken Hantaka (auch Tsuken Hantagawa oder Tsuken Hakuta) stammte aus Yaeyama. Er lebte im 18. Jahrhundert und zeichnete sich durch hervorragende Beherrschung aller Kobudō-Waffen aus.

Matayoshi Shinkō (1888–1947): Okinawanischer Experte des Kobudō und des Karate. Schöpfer des Matayoshi-Kobudō, eines Kampfkunststils, der durch das Wirken seines Sohns Matayoshi Shinpō weltweite Verbreitung fand. Dieser außergewöhnlich vielseitige Meister beherrschte neben einer Vielzahl von Kobudō-Waffen auch die Reitkunst, das Bogenschießen, Shuriken jutsu, den Umgang mit dem Lasso, den Kungfu-Stil des „Weißen Kranichs“ sowie die Akupunktur und die Wissenschaft der Heilkräuter. Einen großen Teil seiner Kenntnisse eignete er sich bei Reisen nach China an.

Yabiku Moden (1882–1945): lernte unter verschieden Kobudo Meistern: Tawade Pechin, Chinen Sanda, Ufuchiko Sanda und Karate von Itosu Anko. Er gründet den Ryukyu Kobujutsu Kenkyu Kai welcher später zum Ryukyu Kobudo Hozon Shinko Kai wurde.

Taira Shinken (1898–1970) war der letzte große, unangefochtene Meister des Kobudō. Er lernte Kobudo unter anderem bei Yabiku Moden. Er trug die alten Kata zusammen und modifizierte sie leicht, um ein einheitliches System zu schaffen. Schließlich kodifizierte er die Kobudōausbildung insgesamt. Er schuf eine eigene Synthese der Kobudō-Kampfsysteme. Taira Shinken stellt nach wie vor die große Autorität des Kobudō dar, und alle heutigen Meister, die okinawanischen wie die japanischen, berufen sich auf ihn.

Taira Shinkens Rolle im Kobudō ist der Funakoshi Gichins im Karate vergleichbar, sowohl in Bezug auf ihr Wissen als auch im Hinblick darauf, was heute aus ihren Künsten geworden ist. Nach dem Tod des Meisters zerbrach die technische Einheit des Kobudō, und seither ist der Streit um die legitime Nachfolge nie wieder zur Ruhe gekommen.

Kobudō-Meister der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart

Eisuke Akamine(1925–1999), Schüler und offizieller Nachfolger Taira Shinkens als 2. Präsident des Ryukyu Kobudo Hozon Shinko Kai.

Hiroshi Akamine (1954–), Schüler von Taira Shinken von seinem Vater Akamine Eisuke, 3. Präsident des Ryukyu Kobudo Hozon Shinko Kai. Er lernte Karate bei Shijin Gushiken.

Tamayose Hidemi (1949–), Schüler von Akamine Eisuke. Nach Eisuke's Tod gründet er 1999 den Ryukyu Kobudo Tesshinkan Kyokai. Er lernte Karate unter Masao Shima, Matsubayash-Shorin-Ryu Karate und Kobayashi-Shorin-Ryu unter Seiyu Nakamura.

Inoue Motokatsu (1918–1993), Schüler und offizieller Nachfolger Taira Shinkens in Japan, Gründer des Ryukyu Kobujutsu Hozon Shinko Kai; ein Japaner, der in Shimizu lehrte.

Hayashi Teruō (1924-2004) aus Naha, ein Okinawaner, der zugleich ein berühmter Karateexperte (Shitō ryū) war und der Kobudō bei Nakaima Kenko, Hohan Soken und Taira Shinken studierte.

Sakagami Ryūsho (1915–1993), ein Japaner, der auch ein großer Meister des Shitō-ryū-Karate war. Er erlernte die Kunst des Kobudō bei Taira Shinken. Auch sein Sohn Sakagami Sadaaki (geb. 1942) ist ein bedeutender Meister des Kobudō, vor allem auf dem Gebiet des Nunchaku und des Sai. Sakagami Ryūshu war der Lehrer von Fumio Demura (geb. 1940), der erfolgreich das Kobudō in Kalifornien einführte.

Tamano Toshio (geb. 1942), ein Japaner, der die Shōreikai Kobudō Vereinigung Europa in Mailand (Italien) gründete. Er ist Schüler von Tōguchi Seikichi (1917-1998; Shōreikan-Karate) und von Matayoshi Shinpō (Kobudō).

Kise Fuji (Fusei) (geb. 1935), okinawanischer Meister des Karate und des Kobudō; Schüler von Soken Hōhan (1891-1982).

Matayoshi Shinpō (1922–1997), okinawanischer Meister des Kobudō und des Karate, Sohn von Matayoshi Shinkō (1888–1947) und Erbe von dessen Stil (Matayoshi Kobudō). Matayoshi Shinpō war Gründer und Präsident der Ryūkyū Kobudō Renmei (1970 gegründet, 1972 in Zen Okinawa Kobudō Renmei – Gesamtokinawanische Kobudō Föderation – umbenannt) in Naha. Er hat zahlreiche Experten ausgebildet, die das Matayoshi Kobudō weltweit bekannt gemacht haben.

Weitere okinawanische Karatemeister unterrichteten Kobudō im Zusammenhang mit Karate. Hierzu zählen beispielsweise Nagamine Shōshin (1907–1997), Higa Seitoku (geb. 1920), Tōguchi Seikichi (1917–1998) und Yagi Meitoku (1910–2003). Dieser Unterricht basierte auf für ihre Schulen charakteristischen Kata, deren Abstammung von den Kata der unangefochtenen alten Meister wie Taira Shinken allerdings nicht immer offensichtlich ist.

Peter Brockers (geb. 1945), Großmeister des Karate Shotokan (9. DAN) und des Kobudō (7. DAN); Schüler von Nakayama Masatoshi (Karate) und Kanazawa (Karate).

Kobudowaffen

Hauptwaffen

  • , eigentlich Rokushaku-bo (ca. 1,82 m langer Stab)
  • Kama (Sichel) siehe auch Kusarigama
  • Nunchaku (zwei mit einer Schnur verbundene Stöcke, kurzer Dreschflegel)
  • Sai (dolchähnlicher Dreizack)
  • Tonfa (ähnlich dem Polizeischlagstock, Griff eines Mühlsteins)
  • Eiku, Kai oder Sunakake-bo (Fischerpaddel)
  • Hanbo, Marubo, Takebo, Kakubo, Rokakubo, Hakkakubo, Kyushakubo, Bajobo (verschiedene Formate des Bo)
  • Sansetsukon (dreiteiliger Dreschflegel)
  • Nuntebō (Bō mit Saispitze) siehe auch Yari
  • Tinbei (Schild aus Schildkrötenpanzer mit Machete)
  • Suruchin oder Kusari Fundō (zwei Gewichte mit einer Schnur dazwischen)
  • Tekko (Schlagring)
  • Tecchu (Schlageisen)
  • Rokushakukama (ein Kama befestigt auf einem Rokushakubo(150cm langer Bō), Sense)
  • Manjisai (auch Nuntesai) (Variante des Sai)
  • Kue (Gartenharke)
  • Tuja (Dreizack)

Kobudostile

  • Ryukyu Kobujutsu Hozon Shinkokai
  • Ryukyu Kobudo Hozon Shinkokai
  • Yamanni Chinen-Ryu Bojutsu
  • Gendai Goshin Kobu Jutsu
  • Ryukyu Kobudo Tesshinkan
  • Kobukai Kobudo
  • Freestyle Kobudo
  • Jinbukan Kobudo
  • Matayoshi Kobudo

siehe auch

Bujinkan


Literatur

  • Frank Pelny: RYÛKYÛ KOBUDÔ TESSHINKAN. BoD Verlag, 2007, ISBN 978-3-8334-7058-5
  • Roland Habersetzer: Kobudō 1 – und Sai. Palisander Verlag, 2006, ISBN 978-3-938305-02-7
  • Roland Habersetzer: Kobudō 2 – Nunchaku, Tonfa, Polizei-Tonfa. Palisander Verlag, 2007, ISBN 978-3-938305-03-4

Weblinks


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