Knallgas

Knallgas

Knallgas, im englischem Sprachraum auch Oxyhydrogen genannt, ist eine detonationsfähige Mischung von gasförmigem Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2). Beim Kontakt mit offenem Feuer (Glut oder Funken) erfolgt die sogenannte Knallgasreaktion. In Luft unter atmosphärischem Druck muss der Volumenanteil des Wasserstoffs dabei zwischen 4 und 77 % liegen. Werden diese Grenzwerte unter- bzw. überschritten, kommt es nicht mehr zu einer Explosion/Detonation. Bei einer kontrollierten Verbrennung kommt es zu einer Knallgasflamme.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung

Hofmannscher Elektrolyseapparat

Knallgas lässt sich durch die Wasserelektrolyse, also der elektrolytische Zersetzung von Wasser (H2O) oder durch die thermische Zersetzung von Wasser herstellen. Die thermische Zersetzung von Wasser erfordert Temperaturen oberhalb von 2500 °C.[1]

Bei der Wasserelektrolyse erfolgt die Aufspaltung mit Hilfe von elektrischem Strom. Die Elektroden tauchen in Wasser ein, das durch die Zugabe von etwas Säure, bevorzugt Schwefelsäure oder Lauge, elektrisch leitfähiger gemacht wurde. Auch die Verwendung von Kochsalz als Elektrolyt ist möglich, wobei je nach verwendeten Elektroden und Stromdichte neben bzw. anstatt Sauerstoff auch Chlor entsteht.

Knallgasreaktion

Die Knallgasreaktion ist die exotherm und detonationsartig ablaufende Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff und verläuft mit einer Detonationsgeschwindigkeit von 2820m/s. Sie ist eine Form der Verbrennung (Oxidation).

Die Reaktionsgleichung lautet:

\mathrm{2 \ H_2 + O_2 \longrightarrow 2 \ H_2O}

Es handelt sich um eine stark verzweigte Kettenreaktion (Kettenverzweigungsexplosion) unter Beteiligung von Wasserstoff-, Sauerstoff- und Hydroxyl-Radikalen als Kettenträger.

\mathrm{H_2 \ \xrightarrow {Energie} \ H{\cdot} + {\cdot}H \quad (Kettenstart)}
\mathrm{H{\cdot} + O_2 \longrightarrow {\cdot}OH + O{\cdot}}
\mathrm{O{\cdot} + H_2 \longrightarrow {\cdot}OH + H{\cdot}}
\mathrm{{\cdot}OH + H_2 \longrightarrow H_2O + H{\cdot}}

und weitere Reaktionen

Das Reaktionsprodukt ist Wasser.

Die pro molarem Formelumsatz freiwerdende Energie beträgt 571,6 kJ/molrH0 = −571,6 kJ/mol).[2] Damit ändert sich die Enthalpie H für ein Mol des entstehenden Wassers um −286 kJ/mol.

Als Nebenreaktion entsteht auch Wasserstoffperoxid gemäß:

\mathrm{H_2 + O_2 \longrightarrow H_2O_2}

In den Mitochondrien lebender Zellen kommt es bei der Endoxidation im Komplex IV in der Atmungskette zu einer analogen, aber strikt kontrollierten exergonen Reaktion (biologische Knallgasreaktion), die der Energiegewinnung der Zelle, d. h. der Bildung von ATP-Molekülen dient:

\mathrm{O_2 + 4 \ e^- + 4 \ H^+ \longrightarrow 2 \ H_2O}

Die freie Enthalpie ΔG°' der Reaktion ergibt sich aus ihrem Redoxpotential (+0,5 V) und beträgt bei physiologischen Bedingungen (pH 7) −193 kJ/mol.

Die gleiche Reaktion findet auch in der Brennstoffzelle statt. Bei deren Konstruktion wird die bei der Knallgasreaktion freiwerdende Energie (Enthalpiedifferenz), hier genauer: freie Enthalpie oder Gibbs-Energie ΔG genutzt, ohne eine Explosion herbeizuführen. Die dabei freiwerdende Enthalpie wird zum Teil als elektrischer Strom und zum Teil als Wärme freigesetzt. Die Reaktion läuft in der Brennstoffzelle jedoch langsam und kontrolliert ab.

Knallgasprobe

Mit dem Begriff Knallgasprobe bezeichnet man in der Chemie einen Nachweis von Wasserstoff. Dieser ist jedoch unspezifisch, da auch z. B. Methan mit Sauerstoff Knallgas bildet, und dient nur im Chemieunterricht als Pseudonachweis. Die eigentliche Verwendung (siehe unten) ist das Überprüfen des Luftgehaltes einer Wasserstoff produzierenden Apparatur.

Für den Nachweis wird üblicherweise das zu überprüfende Gas in einem Reagenzglas mit der Öffnung nach unten (damit Wasserstoff wegen der geringeren Dichte als Luft nicht entweichen kann) an eine Zündquelle (Bunsenbrenner, Feuerzeug) gehalten.

Fall 1: Das aufgefangene Gas ist reiner Wasserstoff. Es kommt zu einer ruhigen Verbrennung oder eventuell schwachen Verpuffung (negative Knallgasprobe).

Fall 2: Das aufgefangene Gas ist ein Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff (Knallgas). Die Verbrennung erfolgt mit einem pfeifenden Geräusch (positive Knallgasprobe).

Aufgrund der unterschiedlichen Geräusche bei reinem Wasserstoff und dem Gemisch Wasserstoff mit Sauerstoff wird die Knallgasprobe auch zur Überprüfung der Reinheit von Wasserstoffgas verwendet, um eine Explosion in einem geschlossenen Gefäß zu vermeiden.

Ähnlich wie Knallgas explodiert das Chlorknallgas.

Anwendung

Das Döbereiner-Feuerzeug auf einer DDR-Briefmarke

Dass die Knallgasreaktion auch durch einen Platindraht als Katalysator in Gang gesetzt werden kann, entdeckte Johann Wolfgang Döbereiner. Einige Jahre später gelang ihm die Entzündung eines Knallgasgemisches unter dem Einfluss von Platinschwamm. Diese Entdeckung führte zur Erfindung des ersten Feuerzeuges (des Döbereinerschen Platinfeuerzeugs).

Literatur

  • Jander, G., Spandau, H. (1987): Kurzes Lehrbuch der anorganischen und allgemeinen Chemie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg.

Einzelnachweise

  1. Grundzüge der Anorganischen Chemie I: Hauptgruppenelemente (SS 2003); www.weidenbruch.chemie.uni-oldenburg.de/wac1S.pdf.
  2. http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~ltemgoua/chemie/Knallgas.html.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Knallgas — (Hydrooxygengas), ein Gemenge von 2 Volumen Wasserstoffgas mit 1 Volumen Sauerstoffgas oder 5 Volumen atmosphärischer Luft, das beim Anzünden unter heftiger, von Knall begleiteter Reaktion und unter Bildung von Wasser explodiert und dessen… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Knallgas — (Knalllust, Gas fulminans), ein Gasgemisch von 2 Volumen Wasserstoffgas u. 1 Volumen Sauerstoffgas, welches durch den elektrischen Funken, einen glühenden Körper etc. mit heftigem Knall explodirt, indem sich beide Gase zu Wasser verbinden. Auch… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Knallgas — (Hydrooxygengas), ein Gemisch von Sauerstoff mit Wasserstoff, das, durch den elektrischen Funken oder durch eine Flamme entzündet, unter Explosion zu Wasser verbrennt und zwar am heftigsten, wenn beide Gase in dem Verhältnis, wie sie Wasser… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Knallgas — Knallgas, Hydrooxygengas, Gemisch von 2 Volumen Wasserstoff und 1 Volumen Sauerstoff, welches, durch den elektr. Funken oder durch eine Flamme entzündet, mit großer Heftigkeit explodiert und verbrennt. Das durch eine feine Spitze als… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Knallgas — Knallgas, explodirende Luft, vorzugsweise das Gemenge von 2 Volumen Wasserstoff und 1 Volumen Sauerstoff, das mit einer Flamme in Berührung gebracht plötzlich mit einer heftigen Explosion verbrennt und zu Wasser wird. Wegen der dabei entwickelten …   Herders Conversations-Lexikon

  • Knallgas — Knạll|gas 〈n. 11; unz.; Chem.〉 Mischung von Wasserstoff mit Sauerstoff (od. Luft), die bei Entzündung explosionsartig verbrennt * * * Knạll|gas [wegen des Explosionsknalls]: im engeren Sinn Bez. für ein Gemisch aus gasförmigem Wasserstoff u.… …   Universal-Lexikon

  • Knallgas — sprogiosios dujos statusas T sritis fizika atitikmenys: angl. detonating gas; oxyhydrogen gas vok. Knallgas, n; Sprenggas, n rus. гремучий газ, m pranc. gaz détonant, m; gaz explosif, m; gaz fulminant, m …   Fizikos terminų žodynas

  • Knallgas-Reaktion — Knallgas ist eine explosionsfähige Mischung von gasförmigen Wasserstoff und Sauerstoff. Beim Kontakt mit offenem Feuer (Glut oder Funken) erfolgt die so genannte Knallgasreaktion. In Luft unter atmosphärischem Druck muss der Volumenanteil des… …   Deutsch Wikipedia

  • Knallgas-bacteria — is a name sometimes used for bacteria which oxidize hydrogen. See microbial metabolism and hydrogen oxidation. These bacteria include Hydrogenobacter thermophilus , Hydrogenovibrio marinus , and Helicobacter pylori . There are both gram positive… …   Wikipedia

  • knallgas — s ( en) …   Clue 9 Svensk Ordbok

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”