André-Marie Ampère

André-Marie Ampère
André-Marie Ampère

André-Marie Ampère (* 20. Januar 1775 in Lyon, Frankreich; † 10. Juni 1836 in Marseille) war ein französischer Physiker und Mathematiker. Nach ihm ist die internationale Einheit der Stromstärke Ampere benannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1775 bis 1820

Elternhaus in Poleymieux, heute Museum

Ampère war der Sohn von Jean-Jacques Ampère und dessen Ehefrau Jeanne-Antoinette de Sarcey. Er fiel schon früh als wissbegieriger Knabe und durch sein gutes Gedächtnis auf. Er las als Jugendlicher die 35 Bände der Enzyklopädie von Denis Diderot und Jean d'Alembert und lernte Griechisch, Latein und Italienisch. Sein Vater wurde 1793 nach dem Fall von Lyon (während der Französischen Revolution) hingerichtet. Als Achtzehnjähriger befasste er sich mit den Lehrbüchern des Schweizers Leonhard Euler und der klassischen Mechanik von Joseph-Louis Lagrange. Er wandte sich zunächst der Botanik, der Metaphysik und der Psychologie zu, ehe er Mathematik und Physik studierte. Mit achtzehn Jahren entwickelte er eine Plansprache, die er als friedensförderndes Werkzeug ansah.

Im Jahre 1796 lernte er Julie Carron kennen, die er 1799 heiratete. Von 1799 bis 1801 war er an der École centrale in Lyon als Mathematiklehrer tätig. 1800 wurde ihr Sohn Jean-Jacques Ampère, der ein bekannter Historiker, Philologe und Schriftsteller wurde, geboren. 1802 verfasste Ampère ein mathematisches Werk zur Spieltheorie. Bald darauf verfasste er eine Arbeit zur theoretischen Mechanik und eine Abhandlung über partielle Differentialgleichungen, die ihm die Mitgliedschaft in der französischen Akademie der Wissenschaften einbrachte.

Im Jahr 1803 starb nach vierjähriger Ehe seine Frau. Im August 1806 heiratete er Jeanne-Françoise Potot (1778–1866). Aus dieser Ehe stammt die Tochter Albine (1804–1842). Die Ehe wurde bald geschieden. Er musste nun allein für die zwei Kinder aus den beiden Ehen sorgen.

Im Jahr 1804 ließ sich Ampère in Paris nieder. Sein Interesse für Mathematik erlahmte, und er befasste sich zunehmend mit den Schriften von Kant und mit der Chemie. Ampère hatte eine Professur an der Pariser École polytechnique und im Collège de France. Im Jahre 1808 wurde er auch Generalinspektor der Universität und lehrte außerdem Philosophie an der Historisch-Philosophischen Fakultät. In Bezug auf Kant vertrat er ein hypothetisch-deduktives Verfahren des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns: Der Naturforscher stellt eine Hypothese auf und fragt sich, welche Experimente unternommen werden müssen, um die Theorie zu stützen oder zu falsifizieren. Ampère versuchte die chemische Affinität von Molekülen, die aus punktförmigen Atomen bestehen, aus der Geometrie von geometrischen Körpern (zum Beispiel Tetraeder, Oktaeder oder Würfel) abzuleiten. Ampères Arbeiten zur Chemie fanden jedoch bei anderen Gelehrten seiner Zeit kaum Interesse.

1820 bis 1836

Im Frühherbst 1820 wurde Ampère, der nun schon 44 Jahre alt war und dessen bisherige wissenschaftliche Arbeiten höchstens als Fußnoten in Lehrbüchern erschienen wären, durch François Arago auf die Versuche Hans Christian Ørsteds zur Ablenkung einer Magnetnadel durch den elektrischen Strom aufmerksam. Ampère wiederholte den Versuch und erkannte, dass Ørstedt die Ablenkung des Magneten durch das Erdmagnetfeld nicht beachtet hatte. Mit einer verbesserten Versuchsanordnung konnte Ampère nun feststellen, dass sich die Magnetnadel immer senkrecht zum stromdurchflossenen Leiter stellte. Ampère nahm nun als Modellhypothese an, dass jeder Magnetismus seine Ursache in elektrischen Strömen habe und Ströme Magnetfelder erzeugen. Er überprüfte seine Hypothese – hypothetisch-deduktiv – zwischen dem 18. September und dem 2. November 1820 und konnte in aufeinander folgenden Versuchen nachweisen, dass zwei stromdurchflossene Leiter eine Anziehungskraft aufeinander ausüben, wenn in beiden Leitern die Elektrische Stromrichtung gleich ist, und dass sie eine Abstoßungskraft aufeinander ausüben, wenn die Stromrichtung entgegengesetzt ist. Ampère konstruierte ein Gerät zur Messung des Stroms, das er Galvanometer nannte. Ampère verfeinerte seine Hypothese, indem er annahm, dass jeder Magnet viele Moleküle enthält, die jeweils einen kleinen Kreisstrom erzeugen. Er erkannte, dass die fließende Elektrizität die eigentliche Ursache des Magnetismus ist.

Im Jahr 1822 beschäftigte sich Ampère mit der Kraft zwischen zwei nahe beieinander liegenden stromdurchflossenen Leitern. Er konnte zeigen, dass diese Kraft zu dem Kehrwert des Abstands proportional ist. Bei der mathematischen Behandlung dieser Phänomene nahm er sich das Gravitationsgesetz (als Punkt-Kraft-Gesetz) von Isaac Newton zum Vorbild. Da der Strom jedoch als gerichtete Größe behandelt werden muss und die Stromstärke die Zeit als neue Größe enthält, hat das ampèresche Modell nur eine beschränkte Gültigkeit.

Ampère erklärte den Begriff der elektrischen Spannung und des elektrischen Stromes und setzte die Stromrichtung fest.

Neben der Begründung der Elektrodynamik erfand Ampère das Prinzip der elektrischen Telegrafie, erstmals angewandt von Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Eduard Weber in Göttingen.

Ampère glaubte, dass das Erdmagnetfeld durch starke elektrische Ströme ausgelöst wird, die in der Erdrinde von Osten nach Westen fließen.

Grab von André-Marie Ampère und Jean-Jacques Ampère auf dem Friedhof Montmartre in Paris.

Im Jahr 1827 verschlechterte sich Ampères Gesundheitszustand, und er gab seine aktive wissenschaftliche Forschung auf. In seinen späteren Jahren beschäftigte er sich mit der Naturphilosophie und der prästabilierten Harmonie von Gottfried Wilhelm Leibniz. Da das Denken des Menschen ein Bild des Denkens Gottes sei und Gott das Universum geschaffen habe, sollte nach Leibniz des Menschen Geist imstande sein, das Universum in reinen Denkakten zu verstehen: Sein und Denkgesetze sollten also einander entsprechen. Einheit der Wissenschaft sollte die Widerspiegelung des göttlichen Geistes sein. 1836 starb Ampère in Marseille im Alter von 61 Jahren an einer Lungenentzündung. Er ist in Paris auf dem Cimetière de Montmartre beigesetzt.

Ehrungen

Briefmarke der Deutschen Post der DDR aus der Serie Bedeutende Persönlichkeiten

Zu Ehren Ampères ist die SI-Einheit des elektrischen Stromes „Ampere“ (Einheitenzeichen A) benannt worden. Ampère ist namentlich auf dem Eiffelturm verewigt, siehe Die 72 Namen auf dem Eiffelturm. Nach ihm ist seit 1935 außerdem ein Mondberg, der Mons Ampère, benannt.

Siehe auch

Schriften

  • Considerations sur la théorie mathématique du jeu, Perisse, Lyon Paris 1802, online lesen im Internet-Archiv
  • André-Marie Ampère: Recueil d'observations électro-dynamiques. contenant divers mémoires, notices, extraits de lettres ou d'ouvrages périodiques sur les sciences, relatifs a l'action mutuelle de deux courans électriques, à celle qui existe entre un courant électrique et un aimant ou le globe terrestre, et à celle de deux aimans l'un sur l'autre. Chez Crochard, 1822 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).
  • André-Marie Ampère, Babinet (Jacques, M.): Exposé des nouvelles découvertes sur l'électricité et le magneétisme. Chez Méquignon-Marvis, 1822 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).
  • André-Marie Ampère: Description d'un appareil électro-dynamique. Chez Crochard … et Bachelie, 1824 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).
  • André-Marie Ampère: Théorie des phénomènes électro-dynamiques, uniquement déduite de l'expérience. Méquignon-Marvis, 1826 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).
    • André-Marie Ampère: Théorie mathématique des phénomènes électro-dynamiques: uniquement déduite de l'expérience. A. Hermann, 1883 (Neuauflage) (online lesen im Internet-Archiv, abgerufen am 26. September 2010).
  • André-Marie Ampère: Essai sur la philosophie des sciences, ou, Exposition analytique d'une classification naturelle de toutes les connaissances humaines. Chez Bachelier, 1834 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).
    • André-Marie Ampère: Essai sur la philosophie des sciences. Bd. 1, Chez Bachelier, 1834 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).
    • André-Marie Ampère: Essai sur la philosophie des sciences. Bd. 2, Bachelier, 1843 (online lesen in der Google Buchsuche, abgerufen am 26. September 2010).

Briefe

  • Henriette Cheuvreux (Hrsg.): Journal et correspondance de André-Marie Ampère. Recueillis par Mme H. C., J. Hetzel, Paris 1872, online lesen im Internet-Archiv
    • André-Marie Ampère. Correspondance et souvenirs (de 1793 a 1805). Recueillis par Madame H. C., J. Hetzel, Paris 1877 (7. Auflage), online lesen im Internet-Archiv
    • André-Marie Ampère. Journal et correspondance (1793 à 1805). Recueillis par Madame H. C., Paul Ollendorff, Paris 1893 (9. Auflage), online lesen im Internet-Archiv
  • Henriette Cheuvreux (Hrsg.): André-Marie Ampère et Jean-Jacques Ampère. Correspondance et souvenirs (de 1805 a 1864). Recueillis par Madame H. C., J. Hetzel, Paris 1875 (im Internet-Archiv: Band 1, 2)

Literatur

  • James R. Hofmann André-Marie Ampère, Cambridge University Press 1996
  • Christine Blondel: A.-M. Ampere et la creation de l'electrodynamique 1820-1827, Paris, Bibliotheque Nationale 1982
  • Adolphe Quételet: Notice sur M. Ampère, né à Lyon en 1775, mort à Marseille, le 10 juin 1836, Annuaire de l’Académie royale des sciences et belles-lettres de Bruxelles 3, 1837, S. 134–136 (Nachruf; französisch; online lesen in der Google Buchsuche)
  • Charles-Augustin Sainte-Beuve: Ampère. Sa jeunesse, ses études diverses, ses idées métaphysiques, etc. (Nachruf; französisch), Revue des deux mondes 9, 1837, S. 389–422 (online lesen in der Google Buchsuche); Revue du Lyonnais 5, 1837, S. 332–372 (online lesen in der Google Buchsuche)
  • Jules Barthélemy-Saint-Hilaire: Philosophie des deux Ampère, Didier, Paris 1866 (online lesen in der Google Buchsuche)
  • Claude-Alphonse Valson: La vie et les travaux d’André-Marie Ampère, Vitte et Perrussel, Lyon 1886 (französisch), online lesen im Internet-Archiv
  • Tomáš Borec: Guten Tag, Herr Ampère. Wissenswertes und Unterhaltsames über berühmte Wissenschaftler und nach ihnen benannte Maßeinheiten, Harri Deutsch, Thun Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-87144-372-7 (Übersetzung aus dem Tschechischen, Originaltitel Dobrý deň, pán Ampère)
  • L. Pearce Williams: André-Marie Ampère als Physiker und Naturphilosoph, Spektrum der Wissenschaft, März 1989, S. 114–124
  • L. Pearce Williams: Artikel Ampère in Dictionary of Scientific Biography
  • Ernst Schwenk: Maßmenschen. Von Ampère und Becquerel bis Watt und Weber. Wer den internationalen Maßeinheiten den Namen gab, Oesch, Zürich 2003, ISBN 3-0350-2005-1
  • Friedrich Steinle: Explorative Experimente. Ampère, Faraday und die Ursprünge der Elektrodynamik, Franz Steiner, Berlin 2005, ISBN 3-515-08185-2

Weblinks

 Commons: André-Marie Ampère – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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