Kloster Mor Gabriel

Kloster Mor Gabriel
37.32198441.538448
Mor Gabriel (Türkei)
Mor Gabriel
Mor Gabriel
Lage des Klosters Mor Gabriel in der Türkei
Das Kloster Mor Gabriel

Das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel (syrisch-aramäisch ܕܝܪܐ ܕܡܪܝ ܓܒܪܐܝܠ , auch Kloster Mar Gabriel oder Kloster Qart(a)min, türkisch Deyrulumur Manastırı) ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt. Es liegt im Tur Abdin in der Türkei und ist bis heute eines der bedeutendsten Klöster der Syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien und Sitz des Metropoliten des Tur Abdin.

Inhaltsverzeichnis

Geografische Lage

Das Kloster liegt ca. 20 km südöstlich der Stadt Midyat in der kargen Berglandschaft des Tur Abdin (übersetzt "Berg der Knechte", gemeint sind die Knechte Gottes). Es liegt auf dem Gebiet der türkischen Provinz Mardin im Landkreis Midyat.

Name

Über der Pforte des Klosters

Im 7. Jahrhundert bekam das Kloster seinen noch heute üblichen Namen nach Bischof Mor Gabriel (Mor: Heiliger), der von 634 bis 668 dort residierte. Die syrisch-aramäische Bezeichnung in lateinischer Umschrift ist Dayro d-mor Gabriel[1] oder Dayro d-'umro d-mor Gabriel[2] (deutsch Kloster des Heiligen Gabriel oder Kloster der Abtei des Heiligen Gabriel).[3]

Das Kloster wird auch als Kloster von Qartmin bezeichnet. Qartmin (türkisch Yayvantepe) ist der Name des benachbarten, heute muslimischen Dorfes.

Geschichte

Die Türme von Mor Gabriel

Gegründet wurde das Kloster im Jahre 397 von Shmuel (Samuel) und seinem Schüler Samun (Simon). Seine Bedeutung wuchs schnell und im 6. Jahrhundert lebten hier bereits bis zu 1000 sowohl einheimische als auch koptische Mönche. Zwischen 615 und 1049 befand sich hier der Bischofssitz des Tur Abdin. Einem der Bischöfe, Mor Gabriel (im Amt von 634 bis 668), verdankt das Kloster seinen Namen. Im 7. Jahrhundert wurde es nach ihm benannt.

Das Kloster war ein wichtiges Zentrum für die syrischen Christen des Tur Abdin. Es unterhielt eine bedeutende Bibliothek, von der heute jedoch fast nichts mehr erhalten ist (einige Manuskripte werden unter anderem in der British Library verwahrt), Die Klosterschule spielte eine wichtige Rolle für die theologische Ausbildung in der Region und der gesamten syrischen Kirche. Sie bildete auch viele hochrangige Kleriker und Wissenschaftler aus, unter anderem vier Patriarchen, einen Katholikos und 84 Bischöfe. Weithin bekannt wurde Mor Philoxenos von Mabug († 523), ein Gegner des Chalkedonismus. Ein Zitat von ihm beschreibt die damalige Bedeutung des Klosters: Wer siebenmal mit Ehre und Furcht das Kloster besucht, das vom Engel gegründet wurde, erwirbt denselben Verdienst, als ob er Jerusalem besuchen würde.

Die Anfang des 6. Jahrhunderts errichtete Kuppel des Klosters besteht aus radial geschichteten Ziegeln und ruht auf Mauern aus Quaderwerk und Mörtelkern. Der Kuppelinnendurchmesser beträgt 11,50 m.[4]

Das Kloster war bis 1915 eine selbständige Diözese. In diesem Jahr wurden während des Genozids an den christlichen Minderheiten alle Bewohner des Klosters auf Veranlassung der osmanischen Regierung durch Kurden umgebracht.

Erst 1919 konnte es wieder von syrischen Christen bezogen werden. In den 1950er Jahren wurde mit Renovierungs- und Erweiterungsbauarbeiten begonnen und ein Priesterseminar eingerichtet, das 1980 von der türkischen Regierung wieder geschlossen wurde. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Wasser- und Stromversorgung eingerichtet und eine Straße zum Kloster gebaut sowie ein Garten zur Selbstversorgung der Bewohner angelegt. Zum Schutz der ausgedehnten Klostergärten und der für die Autarkie des Klosters wichtigen Flächen vor einfallenden Viehherden wurde vor einigen Jahren eine Mauer um das Kloster gebaut.

Das Kloster in der heutigen Zeit

Heute sind die syrisch-orthodoxen Christen eine Minderheit im Tur Abdin. Das Kloster ist soziales und religiöses Zentrum der Erzdiözese Tur Abdin und Wallfahrtsort. Mit der Weihe des Abtes Mor Timotheos Samuel Aktas zum Erzbischof wurde es 1995 faktischer Bischofssitz des Tur Abdin (anstelle von Midyat). Im Jahre 2007 lebten neben dem Bischof drei Mönche, ungefähr 15 Nonnen, 40 Schüler sowie drei Familien der Lehrkräfte und der das Kloster bewirtschaftenden Arbeiter innerhalb der Klostermauern.

Im Jahre 1997 wurde vom Gouverneur der Provinz Mardin ein Verbot gegen die Klöster Mor Gabriel und Zafaran erlassen, ausländische Gäste zu beherbergen und Sprachunterricht in Aramäisch sowie Religionsunterricht zu erteilen. Internationale Proteste haben mittlerweile bewirkt, dass das Beherbergungsverbot wieder aufgehoben ist. Muttersprachlicher Unterricht in Aramäisch ist aber weiterhin untersagt. [5]

2007 wurde der amtierende Abt des Klosters St. Jakob in Salah Daniel Savci zwei Tage lang entführt.[6]

2008 wurde das Kloster Mor Gabriel von drei kurdischen Dörfern wegen „rechtswidriger Ansiedelung“ verklagt.[7] Aktuell ist im Rahmen des daraus resultierenden Gerichtsverfahrens das Kloster seitens staatlicher Behörden in der Türkei durch Enteignung und Auflösung des Klosterbetriebes bedroht.[8] Die Kläger werden durch lokale Politiker der regierenden AKP unterstützt. Die Europäische Union hat zu dem Prozess Beobachter entsandt.

Im Mai 2009 hat das Kloster einen Prozess beim Zivilgericht Midyat gegen eine umliegende Gemeinde in Sachen Verwaltungsgrenzen gewonnen. Der Kassationsgerichtshof in Ankara hat das für das Kloster positive erstinstanzliche Urteil aufgrund der Nichtzuständigkeit am 13. August 2010 aufgehoben und verwies die Zuständigkeit an das Verwaltungsgericht Midyat, wo der Fall erneut aufgerollt werden soll.

Am 24. Juni 2009 wurde in einem anderen Prozess über 27 Hektar Land zugunsten des Forstamts entschieden. Gegen diese Entscheidung wurde durch den Anwalt des Klosters Berufung eingelegt. In einem anderen Prozess hingegen wurden Ansprüche des Finanzamts Midyat negativ beschieden. Ein weiterer Prozess wurde bis zur Entscheidung des Obersten Berufungsgericht der Türkei in der Forstsache vertagt[9] und Mitte Januar 2011 entschieden. Ein Teil dieser Ländereien wurde per Gerichtsbeschluss dem türkischen Staat zugesprochen.[10]

Äbte von Mor Gabriel

Siehe auch

Literatur

  • R.J. Rummel: Death by Government. Genocide and Mass Murder Since 1900, Transactions Publishers, New Brunswick, N.J. 1994, 1995 und 1996, ISBN 1-56000-145-3
  • Wilhelm Baum: Die Türkei und ihre christlichen Minderheiten: Geschichte - Völkermord - Gegenwart, Kitab Verlag, Klagenfurt-Wien 2005, ISBN 3-902005-56-4
  • Tessa Hofmann: Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Christen im Osmanischen Reich 1912-1922. Münster, 2004, ISBN 3-8258-7823-6.
  • Shaw, Stanford J. & Ezel Kural Shaw: Reform, Revolution, and Republic: The Rise of Modern Turkey, 1808-1975, in: Shaw, Stanford Jay, History of the Ottomoman Empire and Modern Turkey, Cambridge University Press, 1977, ISBN 0-521-214491 & ISBN 0-521-29166-6

Weblinks

 Commons: Kloster Mor Gabriel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Syrisch-aramäische Schrift im Logo von morgabriel.org. Abgerufen am 15. November 2011
  2. 1600jähriges Jubiläum des Klosters Mor Gabriel, Anmerkung 1. Abgerufen am 15. November 2011.
  3. Bedeutung von Dayro d-'umro (englisch). Abgerufen am 155. November 2011
  4. Jürgen Rasch: Die Kuppel in der römischen Architektur. Entwicklung, Formgebung, Konstruktion, in: Architectura, Bd. 15 (1985), S. 117–139 (126)
  5. Internationale Gesellschaft für Menschenrechte
  6. „Der Abt des Klosters im Tur Abdin Daniel Savci befreit“, Suryoyo Online, 30. November 2007
  7. Bericht bei alaturka.info. Abgerufen am 16. November 2011
  8. „Rettet das zweite Jerusalem!“ FAZ.net, 27. April 2009
  9. Artikel auf FAZ.net
  10. Radio Vatikan: Türkei: Urteil gegen Mor Gabriel, 28. Januar 2011, abgerufen am 31. Januar 2011

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