Kloster Jerichow

Kloster Jerichow
Klostergarten und Kloster

Das ehemalige sogenannte Kloster Jerichow liegt in Jerichow südöstlich von Tangermünde im Bundesland Sachsen-Anhalt in der Nähe der Elbe. Die Stiftskirche St. Marien und St. Nikolaus gehört zu den ältesten Backsteinbauten in Norddeutschland und besitzt durch ihre künstlerische Vollendung eine Schlüsselstellung für die märkische Backsteinarchitektur. Im Stil der Spätromanik errichtet, ist die Anlage einmalig durch ihre weitgehend unveränderte Ausprägung. Das Stift ist eine Station an der Straße der Romanik.

Aufgrund der Kreuzganganlage wirken die Anbauten zur Kirche wie ein Kloster. Kirchenrechtlich handelt es sich jedoch um ein Kollegiatstift. In ihm leben nicht Mönche, sondern Säkularkanoniker, also Weltgeistliche, die vor allem seelsorgerische Aufgaben einschließlich der Mission wahrnehmen und daher nicht in Klausur leben. Dennoch wird Jerichow meist allgemein als Kloster bezeichnet, während die baulich und kirchenrechtlich vergleichbaren Kreuzganganlagen neben den Domen von Magdeburg, Havelberg und Brandenburg korrekter als Stifte (Domstifte) und nicht als Klöster bezeichnet werden. In allen vier Fällen handelt es sich um Niederlassungen der Prämonstratenser, die keine Mönche, sondern Regularkanoniker sind.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Klosterkirche
Kreuzgang
Kloster Jerichow, beeindruckende Klarheit der Linienführung und der Farben im Innenraum
Kloster Jerichow, Innenraum der Klosterkirche

Das Kloster wurde 1144 an einem anderen Standort als Prämonstratenserstift von Hartwig I. von Stade gegründet. Im Jahr 1148 wurde das Kloster an den heutigen Standort verlegt und es wurde mit dem Bau der Klosterkirche begonnen. Die Kirche und der Ostflügel des Klosters wurden 1172 unter Propst Isfried (1159-1179) fertig gestellt. Zwischen 1180 und 1200 erfolgte dann der Einbau einer Krypta. Außerdem wurde die Klosteranlage um die Nebenchöre erweitert. Es wurde das Winterrefektorium und das Amtshaus erbaut. An die Kirche wurden die beiden markanten Türme angebaut. Von 1220 und 1230 erfolgte dann der Bau des Sommerrefektoriums und des Kreuzgangs. Um 1250 konnten die Bauarbeiten an den Klostergebäuden schließlich beendet werden.

Nach der Reformation wurde das Kloster Jerichow im 16. Jahrhundert aufgehoben. Die letzten Chorherren mussten das Kloster verlassen. Im Dreißigjährigen Krieg verwüsteten kaiserliche und schwedische Truppen 1631 die Klosteranlagen. Im Jahr 1680 wurde Jerichow schließlich kurbrandenburgische Staatsdomäne. Auf Anweisung von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg erfolgte 1685 die Instandsetzung der Kirche. Erst fast 200 Jahre später erfolgten erneute Reparaturarbeiten. Von 1853 bis 1856 wurde die Klosterkirche durch Ferdinand von Quast saniert.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde während der Kämpfe zwischen der Wehrmacht und den US-Truppen die Westfassade der Klosterkirche durch amerikanische Artillerie beschädigt. Nach dem Krieg kam es 1946 zu einem Dachstuhlbrand des Ost- und des Südflügels. Während der DDR-Zeit erfolgte zwischen 1955 und 1960 die Instandsetzung der Klosterkirche und die Wiederherstellung des stilreinen romanischen Innenraums. Das Museum im Ostflügel wurde 1977 eröffnet. Zwar wurde von 1985 bis 1986 das Sommerrefektorium restauriert, aber die Schäden an den verbliebenen Klostergebäuden waren gravierend. So musste 1998 die gesamte Klosteranlage wegen schwerer Bauschäden baupolizeilich gesperrt werden. Die dann durchgeführten Sicherungs- und Restaurierungsmaßnahmen führten bereits 1999 zur Aufhebung der Sperrung, die Arbeiten zum Erhalt der Klosteranlage wurden jedoch mehrere Jahre fortgesetzt.

Das Kloster Jerichow kann gebührenpflichtig besichtigt werden.

Glocken

Zwei historisch bedeutsame Glocken bilden das Geläut. Die kleinere Glocke stammt aus der Zeit um 1300 und ist in sogenannter Zuckerhutrippe gegossen worden. Ihre Inschrift nennt den Namen des Gießers. Die Glocken hängen im Holzglockenstuhl an neuen geraden Holzjochen.[1]

Nr. Name Gussjahr Gießer Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
1 Osanna 1354 unbekannt 1473/1476 ~2000 d1 −9
2 Zuckerhutglocke nach 1300 Meister Tamo 675 ~250 g2 −2

Einzelnachweise

  1. Constanze Treuber: Gegossene Vielfalt. Hinstorff, Rostock 2007, S. 77–78.

Weblinks

 Commons: Kloster Jerichow – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
52.50226666666712.015827777778

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jerichow — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Kloster Unser Lieben Frauen — Das Kloster Unser Lieben Frauen ist eine Klosteranlage in der Magdeburger Altstadt. Das Gebäudeensemble zählt zu den bedeutendsten romanischen Anlagen in Deutschland. Heute werden die Gebäude als städtisches Kunstmuseum und Konzerthalle genutzt.… …   Deutsch Wikipedia

  • Kloster Cappenberg — Zentralgebäude des Schlosses Cappenberg Das Kloster Cappenberg ist ein ehemaliges Prämonstratenserkloster im Ortsteil Cappenberg der Stadt Selm. Es liegt auf einer Anhöhe, dem Cappenberg, am Abzweig der Kreisstraße 19 nach Lünen und Werne und ist …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Klöster — Dies ist eine Liste von bestehenden und ehemaligen Klöstern, geordnet nach Ordensgemeinschaft und Land. Inhaltsverzeichnis 1 Listen von Klöstern 2 Katholisch 2.1 Antoniter 2.2 Augustiner Chorherren …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Abteien — Dies ist eine Liste von bestehenden und ehemaligen Klöstern, geordnet nach Ordensgemeinschaft und Land. Inhaltsverzeichnis 1 Listen von Klöstern 2 Katholisch 2.1 Antoniter 2.2 Augustiner Chorherren …   Deutsch Wikipedia

  • Rene Leudesdorff — René Leudesdorff (* 18. Februar 1928 in Berlin) ist ein deutscher evangelischer Geistlicher und Autor. Er war einer der beiden Studenten, die 1950 die Insel Helgoland besetzten. Inhaltsverzeichnis 1 Die Besetzung Helgolands 2 Weitere Aktivitäten… …   Deutsch Wikipedia

  • Isfried — Plastik von Isfried von Ratzeburg im Kloster Jerichow Isfried von Ratzeburg († 15. Juni 1204 in Ratzeburg) war ein Prämonstratenser und Bischof von Ratzeburg. Isfried war zunächst ab 1159 Propst des Klosters Jerichow im heutigen …   Deutsch Wikipedia

  • Kattegruft — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Wust (bei Schönhausen) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Backsteinromanik — ist ein Stil und Epochenbegriff der Architekturgeschichte. Der Begriff bezeichnet romanische Bauten aus dem Baustoff Backstein und ist wie die nachfolgende Backsteingotik geographisch auf den norddeutschen und den Ostseeraum eingegrenzt. Bauten… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”