Kleitophon

Kleitophon

Kleitophon (griechisch Κλειτόφων), der Sohn des Aristonymos, war ein Bekannter des athenischen Philosophen Sokrates (* 469 v. Chr.; † 399 v. Chr.) und zugleich einer seiner schärfsten Kritiker. Wahrscheinlich war er etwa gleichaltrig mit Sokrates. Seine genauen Lebensdaten sind jedoch unbekannt.

Er war an philosophischen Diskussionen sehr interessiert und verkehrte, wie wir wissen, außer mit Sokrates auch mit dem Sophisten Thrasymachos und dem Redner Lysias, aber wahrscheinlich auch mit anderen zu dieser Zeit in Athen weilenden Intellektuellen und beteiligte sich an ihren Lehrgesprächen.

In einem uns überlieferten „platonischen“ Dialog, dessen Zuschreibung an Platon von einem großen Teil der Gelehrten allerdings angezweifelt wird, stellt Kleitophon im Gespräch mit Sokrates seine Kritik an dessen philosophischem Wirken dar. Kleitophon erkennt an, dass Sokrates es ausgezeichnet verstehe, durch sein beredtes Lob der Tugend den Menschen Lust auf ein tugendhaftes Leben zu machen, er kritisiert ihn aber dafür, dass er nicht in der Lage oder Willens sei, ihnen den Weg dorthin zu weisen. Der kurze Dialog, der einen fragmentarischen Eindruck hinterlässt, endet mit dieser Kritik, eine Erwiderung durch Sokrates erfolgt nicht.

Unabhängig davon, ob dieser Text tatsächlich von Platon stammt oder nicht, erscheint er wichtig als ein Beleg für die Kritik, die von vielen Zeitgenossen dem Wirken des Philosophen Sokrates offenbar entgegengebracht wurde und macht uns verständlich, dass dieser nicht nur auf ihn fixierte treue Anhänger (Antisthenes, Platon, Aristodemos, Apollodoros, Simmias, Kebes u. a.) sondern auch grundsätzliche und scharfzüngige Gegner gehabt hat.

Dass Kleitophon mit seiner Kritik an Sokrates keineswegs allein stand, sondern wohl nur ausformulierte, was viele dachten, wird durch einen Hinweis bei dem Sokratesschüler und Geschichtsschreiber Xenophon bewiesen, der in seinen „Erinnerungen an Sokrates“ („Memorabilia“, Buch I 4,1), ohne Kleitophon namentlich zu erwähnen, auf die an seinem Lehrer geübte, anscheinend weit umlaufende und offenbar auch in schriftlichen Pamphleten verbreitete Kritik eingeht und sie wie folgt beschreibt: „Wenn aber einige auf Grund dessen, was von manchen über Sokrates mutmaßend geschrieben und gesagt wird, glauben, er sei sehr tüchtig gewesen, Menschen zur Tugend zu ermahnen, aber nicht imstande, ihnen den Weg dazu zu zeigen, so sollten sie einmal richtig abschätzen, ob er nicht fähig war, seine Umgebung besser zu machen. Dabei sollten sie nicht nur das in Betracht ziehen, was jener, um ein Züchtigungsmittel zu haben, denen widerlegte, welche alles zu wissen glaubten, sondern auch das, was er zu seinen Anhängern sagte, mit denen er die Tage verbrachte.“ Xenophon teilte diese Kritik, die mit den Gedanken des Kleitophon parallel läuft, naturgemäß nicht und versucht, sie im Anschluss an diese Einführung dadurch zu entkräften, dass er ein Gespräch zwischen Sokrates und seinem religionsskeptischen Schüler Aristodemos darstellt, in dem der Philosoph sich darum bemüht, seinen Gesprächspartner zur Dankbarkeit gegenüber den Göttern zu bewegen.

Dass Kleitophon, der ansonsten in der Literatur kaum erwähnt wird, als kritischer Mitdenker und Gesprächspartner zu seiner Zeit geschätzt war, wird auch dadurch bewiesen, dass Platon ihn in seinem Werk „Der Staat“ („Politeia“) erwähnt, wo er sich an der Diskussion mit Beiträgen beteiligt.

Kleitophon hat keine eigenen Werke verfasst sondern beschränkte sich wie Sokrates selbst darauf, seine philosophischen Thesen in der mündlichen Auseinandersetzung darzustellen.

Quellen

  • Platon: "Kleitophon".
  • Platon: "Der Staat" ("Politeia").
  • Xenophon: "Erinnerungen an Sokrates" ("Memorabilia", Buch I 4,1).

Literatur

  • Johannes Geffken: "Das Rätsel des 'Kleitophon' ". In: Hermes, Bd. 68 (1933), S. 429-439.
  • Josef Pavlu: "Der Pseudoplatonische Kleitophon". Jahresbericht des k.u.k. Gymnasiums. Znaim, 1909
  • Josef Pavlu: "Die pseudoplatonischen Gespräche über Gerechtigkeit und Tugend". Dissertation Wien 1913

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