Klaus-Dieter Baumgarten

Klaus-Dieter Baumgarten

Klaus-Dieter Baumgarten (* 1. März 1931 in Werna bei Ellrich; † 17. Februar 2008 in Zeuthen) war Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung im Ministerrat der DDR und Chef der Grenztruppen der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1945 bis 1949 arbeitete Baumgarten als Zimmermann in Ellrich. 1946 trat er in die FDJ, zwei Jahre später in die SED ein. Am 7. Februar 1949 erfolgte sein Eintritt in die Deutsche Volkspolizei (VP). Zunächst in verschiedenen Dienststellungen, besuchte er 1953/54 die Hochschule der Kasernierten Volkspolizei und wurde zum Major ernannt. Bis 1959 leitete er die Abteilung Gefechtsausbildung im Kommando der DDR-Grenzpolizei. Danach absolvierte er eine sowjetische Militärakademie. 1963/64 war er 1. Stellvertreter des Kommandeurs der Grenzbrigade Kalbe (Milde). 1964/65 hatte er einen Lehrstuhl an der Militärakademie der NVA in Dresden inne. Von 1965 bis 1970 amtierte Baumgarten als 1. Stellvertreter des Chefs der Grenztruppen der DDR. 1970 bis 1972 studierte er an der Generalstabsakademie der UdSSR. Von 1973 bis 1978 war er Kommandeur des Grenzkommandos Süd und wurde 1974 zum Generalmajor ernannt. 1978 wechselte er als Stabschef in das Kommando der Grenztruppen.

Vom 1. August 1979 bis 31. Dezember 1989 war Baumgarten Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung und Chef der Grenztruppen der DDR. Der SED-Bezirksleitung Erfurt gehörte er von 1974 bis 1979 an, ab 1981 war er Kandidat des Zentralkomitees der SED. 1988 wurde er zum Generaloberst befördert. Als Chef der Grenztruppen war Baumgarten verantwortlich für den Ausbau der DDR-Grenzanlagen an der innerdeutschen Grenze. Auch die Erneuerung des Schießbefehls fiel in seine Amtszeit: Demzufolge war die Anwendung der Schusswaffe gerechtfertigt, um „die unmittelbar bevorstehende Ausführung oder die Fortsetzung einer Straftat zu verhindern“. Das illegale Verlassen der DDR, also „Republikflucht“, galt im Sinne dieses Gesetzes als Straftat (§ 27 Absatz 2 des Grenzgesetzes der DDR vom 25. März 1982, § 213 des Strafgesetzbuches der DDR).

Prozess, Verurteilung und Haftstrafe

Die Staatsanwaltschaft des Landes Berlin ermittelte seit 1993 gegen Baumgarten und andere Generale der Grenztruppen, der Prozess begann am 27. Oktober 1995. Am 10. September 1996 wurde Klaus-Dieter Baumgarten wegen elffachen Totschlags und fünffachen versuchten Totschlags, begangen an DDR-Flüchtlingen, zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt. Die Mitangeklagten erhielten ebenfalls Freiheitsstrafen. Völkerrechtliche Erwägungen zur Souveränität der DDR blieben unberücksichtigt, eine entsprechende Entscheidung fällte das Bundesverfassungsgericht am 12. November 1996. Das Rückwirkungsverbot für begangene Straftaten gilt demnach nur, wenn die geltenden Strafgesetze von einem an die demokratischen Grundrechte gebundenen Gesetzgeber erlassen wurden. Die Unterordnung des Lebensrechts von Flüchtlingen unter staatliche Interessen ist nach dieser Auffassung „schwerstes Unrecht“.

Er konnte als Freigänger an politischen Veranstaltungen der PDS teilnehmen. Im Dezember 1999 wurde er von Justizsenator und Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen nach der Verbüßung von etwa der Hälfte der Haftzeit begnadigt und am 15. März 2000 aus der Haft entlassen. Baumgarten betätigte sich seit 1990 publizistisch. Neben Beiträgen für die Tageszeitung Neues Deutschland veröffentlichte er Briefe aus dem Kerker und gab 2004 gemeinsam mit Peter Freitag das Buch Die Grenzen der DDR heraus. Baumgarten begriff seine Inhaftierung als Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung, nach eigener Aussage habe er „nicht einen Befehl“ gegeben, für den er sich heute schämen müsse.

Schriften

  • Erinnerungen. Autobiographie des Chefs der Grenztruppen der DDR, edition ost, Berlin 2008, ISBN 978-3-360-01095-7
  • Hrsg. mit Peter Freitag: Die Grenzen der DDR. Geschichten, Fakten, Hintergründe, edition ost, Berlin 2004, ISBN 3-360-01057-4

Literatur

Weblinks


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