Kirchweihe

Kirchweihe

Kirchweihe oder Kirchenweihe (auch: Konsekration) ist der Akt der festlichen Weihe einer Kirche, durch den der Kirchenraum der Kirchengemeinde zum liturgischen Gebrauch übergeben wird. Eine Kirchweihe findet statt, wenn eine neuerbaute Kirche erstmals als Gotteshaus Verwendung findet, oder auch z. B. nach einer Renovierung.

Inhaltsverzeichnis

Römisch-katholische Kirche

In der Tradition der römisch-katholischen Kirche findet die Kirchweihe im Rahmen einer feierlichen Heiligen Messe statt, die von einem Bischof zelebriert wird. Der Weihetag einer Kirche wird alljährlich als Hochfest begangen. Das Messbuch enthält dafür ein eigenes Messformular. Darüber hinaus kann der Weihetag der Kathedralkirche eines Bistums in jeder ihrer Pfarrkirchen als Fest gefeiert werden. Ein weltweites Fest für die römisch-katholische Kirche ist der Weihetag der Lateranbasilika am 9. November, da die Lateranbasilika den Titel „Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises“ führt. Der Kirchenraum wird zumeist einem oder auch mehreren Patronen geweiht, dessen Gedenktag ebenfalls jährlich in dieser Kirche als Hochfest begangen wird. Weitere Patrozinien für Kirchen können sein: die heiligste Dreifaltigkeit; Jesus Christus mit Nennung einer seiner liturgisch gefeierten Mysterien oder seines Namens; der Heilige Geist; die Jungfrau und Gottesmutter Maria mit einem ihrer liturgischen Titel; die heiligen Engel.

Ritus

Der Kirchweihe voraus geht die Grundsteinlegung, die im 10. bis 13. Jahrhundert herausgebildet wurde. Die eigentliche Kirchweihe beginnt mit der Lustration, einer feierlichen Reinigung der Kirche von außen. Auf den Einzugsritus erfolgt die Besprengung des Altars und des Innenraums mit Gregoriuswasser[1]. Hierauf schließen sich die Übertragung und die Beisetzung von Reliquien im und unter dem Altar sowie die Salbung desselben und die Salbung der gesamten Kirche an. Es folgen das Weihrauchopfer auf dem Altar, die Weihepräfation (d. i. die liturgische Einleitung der Eucharistie)[2], die erneute Salbung, anschließende Reinigung und Bekleidung des Altares. Zum Abschluss erfolgt das erste heilige Opfer, das vom Konsekrator oder von einem anderen Priester dargebracht wird.

Geschichte

In der frühchristlichen Zeit wurde die Kirchweihe mit einer feierlich abgehaltenen ersten Messe, die vom zuständigen Bischof oder einem von diesem eingesetzten Vertreter gelesen wurde, begangen. Die hier erfolgende Konsekration des Kirchengebäudes gilt nach katholischer Lehre als Sakrament. Mit dem zunehmend sich ausprägenden Märtyrerkult wurde ab dem 4. Jahrhundert zu einer Kirchweihe das Einholen von Reliquien und deren Beisetzung in oder unter dem Altar üblich. Seit Ende des 8. Jahrhunderts wird der Ritus im Frankenreich bewusst theologisch anhand alttestamentlicher Vorbilder ausgebaut (Lustration, Wasserweihen, Salbungen). Die Herkunft der einzelnen Riten ist im Detail oft nur schwer zu bestimmen. Dieser komplexe Ritus wurde erst mit der Liturgiereform im Jahre 1977 wesentlich vereinfacht. Die erste Eucharistiefeier in einer Kirche gilt demnach wieder als die entscheidende und allein notwendige Weihehandlung. Weihegebete über Kirche und Altar, Salbung und Beräucherung des Altars und der Wände oder das festliche Anzünden aller Lichter in der Kirche können die Bedeutung des Kirchengebäudes illustrieren.

Evangelische Kirche

Die Reformatoren und in ihrem Gefolge die evangelische Kirche lehnten die Kirchweihe im Sinne der Übertragung übernatürlicher Kräfte auf einen Heiligen Ort, also im Sinne einer „consecratio“, ab. Sie weisen bei der Kirchweihe das Gebäude lediglich als Raum zum kirchlichen Gebrauch im Sinne einer „dedicatio“ aus.[3] Insbesondere lehnt die Reformation mit dem Heiligenkult auch die Weihe der Kirche an Heilige ab. In größeren Städten blieben aber häufig ältere Namen der Kirchen bestehen. Kirchenneubauten werden manchmal nach den Evangelisten, häufiger aber nach Glaubensgeheimnissen (Beispiele:„Auferstehungskirche“, „Erlöserkirche“, „Dreieinigkeitskirche „Gnadenkirche“) oder Ereignissen der Reformation (Beispiele: „Reformationskirche“, „Bekenntniskirche“, „Friedenskirche“) benannt.[4] Trotz reformatorischer Kritik am römischen Kirchweih-Ritus erfolgt die evangelische Kirchweihe im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes. Wenn vorhanden nimmt die Gemeinde Abschied von der alten Gottesdienststätte, zieht dann zum neuen Gotteshaus, wo vor der Kirchentür die Schlüssel übergeben werden. Danach werden Altar mit Kruzifix und Abendmahlgeräten, Taufstein, Kanzel, und die Glocken geweiht.[5]

Die Kirchweih als Volksfest

Hauptartikel: Kirchweih

Zum Weihetag oder Patrozinium einer Kirche kamen im Mittelalter viele Menschen zusammen. Nach der liturgischen Feier war Markt und Volksfest. Noch heute findet in vielen Orten die jährliche Kirmes um den Weihetag oder das Patronatsfest statt.

Unabhängig vom konkreten Gedenktag einer bestimmten Kirche wird mancherorts auch ein allgemeines Kirchweihfest gefeiert („Allerweltskirchweih“), das zumeist als Jahrmarkt im Herbst stattfindet und ebenfalls Kirmes, Kärwa, Kirwa oder Kerb genannt wird. Vor allem im südbayerischen Raum findet am dritten Sonntag im Oktober die Allerweltskirchweih statt. Diese wurde im Jahre 1866 eingeführt, um die vielen und zum Teil recht ausgedehnten Kirchweihfeiern der Städte und Dörfer zu vermeiden.

Einzelnachweise

  1. d. i. eine Mischung von Wasser, Salz, Asche und Wein, die der Bischof bei der Kirchweihe verwendet.
  2. “Um das Gedächtnis dieses Opfers zu feiern, rufst du dein Volk voll Liebe zusammen um den Tisch deines Sohnes". [...] „Er sei der Tisch, an dem wir das Brot des Lebens brechen und aus dem Kelch der Gemeinschaft trinken."
  3. RGG, Band 3, Seite 1624, Artikel „Kirchweihe“
  4. RGG Band 5, Seite 159, Artikel „Patrozinienkunde“
  5. EKL Band 2/6, Seite 1294, Artikel "Kirchweihe"

Siehe auch

Literatur

  • Brockhaus Enzyklopädie, Neunzehnte Auflage, Band 12, Seite 24, Artikel „Kirchweihe“
  • Evangelisches Kirchenlexikon (EKL), 3. Auflage 1985 – 1997, Artikel „Kirchweihe“ (Band 2, Seite 1294)
  • Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG), 3. Auflage, Artikel „Kirchweihe“ (Band 3, Seite 1623) und „Patrozinienkunde“ (Band 5, Seite 159)
  • Lexikon für Theologie und Kirche (LthK), Zweite Auflage, Band 6, Seite 302 ff., Artikel „Kirchweihe“
  • Bernard Botte † - Heinzgerd Brakmann: Kirchweihe. : Reallexikon für Antike und Christentum 20 (2004) 1139-1169 (mit weiterer Literatur)
  • Ralf M. W. Stammberger, Claudia Sticher, Annekatrin Warnke: Das Haus Gottes, das seid ihr selbst: Mittelalterliches und barockes Kirchenverständnis im Spiegel der Kirchweihe., (Band 6 von Erudiri sapientia), Berlin 2006 (Akademie Verlag), ISBN 3050037806 (hierin insbesondere: Peter Wünsche: Zur Feiergestalt der westlichen Kirchweihliturgie vom Frühmittelalter bis zum nachtridentinischen Pontifikale von 1596)

Weblinks


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