Kindersicherheit

Kindersicherheit

Kindersicherheit ist ein übergeordnetes Ziel, zu dessen Erreichung verschiedene Maßnahmen bei Erziehung sowie bei Produktherstellung und Produktverwendung dienen, die Kindern, insbesondere Kleinkindern ein gesteigertes Maß an Sicherheit bieten. Da Kinder ihre Umwelt erforschen und alles ausprobieren möchten, dabei aber noch nicht über das abstrakte Denkvermögen eines Erwachsenen verfügen, liegt es in der Verantwortung der Eltern und anderer Erwachsenen, Kindern eine Umgebung zu schaffen, in der sie möglichst sicher aufwachsen können. Produkthersteller sind aufgrund freiwilliger Verpflichtung und gesetzlicher Regelungen verpflichtet, Produkte für Kleinkinder so herzustellen, dass Schäden reduziert werden können.

Instrumente die der Erhöhung der Kindersicherheit dienen sind:

  • Unfallverhütung
  • Erziehung und
  • Schadensreduzierung

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Pro Jahr kommen in Deutschland bei ca. fünf Millionen Unfällen Kinder zu Schaden. Die meisten dieser Unfälle (etwa 80 Prozent) passieren im Haushalt. Dazu zählt allgemein die Wohnung/das Haus, aber auch der Garten sowie Spaß und Spiel. Aber auch im Straßenverkehr sind Kinder gefährdet. Vor allem, weil die kleinen Verkehrsteilnehmer Geschwindigkeiten und Entfernungen oft noch nicht richtig einschätzen können. Neuerdings wird auch vermehrt der Faktor Medienkompetenz mit in Betracht gezogen, um Kinder vor dem unsachgemäßen Gebrauch von Videospielen, Fernsehen/Video und dem Internet zu schützen.

In Deutschland veröffentlichte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) 2008 einen „Kinderunfallatlas“, beruhend auf einer Analyse der Unfälle mit Kindern im Straßenverkehr, die im Zeitraum von 2001 bis 2005 geschahen.[1]

Unfallverhütung

Eine Vielzahl von Maßnahmen dienen der Verhütung von Kinderunfällen:

Produktsicherheit

Insbesondere Produkte, die von Kindern (zum Beispiel Spielzeug) oder in der Reichweite von Kindern genutzt werden, bedürfen besonderer Anstrengungen, die Produktsicherheit zu gewährleisten.

Gesetzliche Rahmenbedingungen stellen hier die EU-Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und in Deutschland das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz dar.

Kindersicherungen

Kindersicherungen an Schubladen oder Türen von Möbeln verhindern, dass Kinder diese eigenmächtig öffnen und an potentiell gefährliche Dinge gelangen. Außerdem wird so einem Einquetschen der Finger vorgebeugt. Zusätzlich gibt es Schutzkappen, die scharfe Ecken und Kanten von Möbeln abrunden, so dass ein Stoß nicht mit schwerwiegenden Verletzungen endet.

Auch Verpackungen mit für Kinder potenziell gefährlichem Inhalt wie Medikamente oder Reinigungsmittel werden oftmals mit einer Kindersicherung versehen. Hersteller gefährlicher Inhaltsstoffe müssen Verpackungen und Verschlüsse auf Kindergesicherheit und Erwachseneneignung nach internationalen Normen überprüfen lassen, bevor sie diese auf den Markt bringen. Die Drück-Dreh-Verschlüsse bei Haushaltsreinigern bilden einen Kompromiss aus Kindersicherung und Erwachseneneignung.

In den USA, Kanada, Australien und Neuseeland ist beispielsweise schon lange eine Kindersicherung an Feuerzeugen gesetzlich vorgeschrieben. Inzwischen gibt es auch eine entsprechende EU-Regelung – allerdings hat im Oktober 2006 der Bundesrat verhindert, dass diese Regelung in deutsches Recht umgesetzt wird.

Elektrische Steckdosen sind eine besondere Gefahr für Kinder. Diese kann durch kindersichere Steckdosen abgewendet werden. Die Nachrüstung der Steckdosen mit sogenannten "Kindersicherungen" (meist einklebbar), wie abgeführt[2], ist nicht normkonform (IEC 60884-1) und wegen Überhitzungsgefahr der Steckerstifte verboten. In Kanada und teilen der USA sind kindersichere Steckdosen bei Neubauten und Renovierungen vorgeschrieben.[3][4][5][6] In Großbritannien, Irland, Hong Kong und anderen Ländern werden kindersichere Steckdosen vom Typ G verwendet.

Materialien und Grenzwerte

Eine Reihe von Materialien sind für Kinderprodukte nicht zugelassen oder unterliegen strengen Grenzwerten. zum Beispiel ist die Verwendung von Weichmachern in Kinderspielzeug in der EU verboten.

Arzneimittelsicherheit

Am 26. Januar 2007 trat eine neue EU-Verordnung zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei Kindern und Jugendlichen in Kraft. Möchte ein pharmazeutisches Unternehmen ein neues Medikament für den europäischen Markt zulassen, so müssen Ergebnisse von klinischen Studien an Kindern und Jugendlichen vorgelegt werden – außer es ist nicht für die Anwendung an Kindern und Jugendlichen geeignet. Zukünftig werden alle Medikamente, die speziell für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen zugelassen wurden, mit einem entsprechenden Symbol auf der Verpackung gekennzeichnet.

Sicherheit von Spielplätzen

Die Sicherheit von Spielplätzen ist naturgemäß ein wesentlicher Bestandteil der Kindersicherheit. In den Normen DIN EN 1176 und 1177 sind die notwendigen Maßnahmen beschrieben. Hauptartikel: Spielplatz.

Sicherheit im Innenbereich

Dazu gehört zum Beispiel die ausreichende Brandschutzausrüstung mit Rauchmeldern, das Verschließen von potentiell giftigen oder gefährlichen Dingen wie Zigaretten, Feuerzeugen, Putzmitteln und Medikamenten. Auch beim Kauf von Pflanzen sollte die Wahl auf ungiftige Sorten fallen.

Sicherheit im Außenbereich

Gartenteiche, Pools oder Regentonnen werden abgedeckt oder umzäunt, damit niemand hineinfallen und womöglich ertrinken kann.

Schulwegsicherheit

Kenngrößen für das Verhalten von Kindern

  • Körpergröße: Sie sind klein und können deshalb nicht so leicht über Hindernisse hinwegsehen.
  • Blickfeld: Sie können von der Seite kommende Fahrzeuge nicht wahrnehmen.
  • Wahrnehmung: Kinder können Geschwindigkeiten und Abstände nicht richtig einschätzen.
  • Schrittlänge: Sie können nicht so schnell die Straße überqueren und sind dadurch länger im gefährlichen Raum.
  • Reaktionszeit: Sie können ihren Lauf nicht plötzlich unterbrechen.
  • Geräuschrichtung: Sie können die Richtung eines Geräusches nicht orten.
  • Reizüberflutung: Sie können Umweltgeschehen nicht selektiv aufnehmen.

Schulwegdienste

  1. Schulweghelfer: Fußgängerüberwege (Zebrastreifen), Fußgängerschutzanlagen (Druckknopfampel), Schulweghelferübergänge (Schülerlotsen)
  2. Haltestellenaufsicht
  3. Schulbusbegleitung

Schulwegplan

Ein Schulwegplan ist eine vereinfachte Wegeskizze, die den sichersten Fußweg für die Schüler aufzeigt. Der Plan zeigt deutlich auf welcher Straßenseite die Schüler gehen sollen und wo sie die Straße am Besten überqueren können. Aus dem Plan kann man auch die besonders gefährlichen Wege entnehmen und wird darauf hingewiesen wie diese Wege vermieden werden können.

Schulbusverkehr und Schulbushaltestellen

Schulbushaltestellen müssen gut gekennzeichnet werden. Der Führer eines Omnibusses oder eines Schulbusses muss das Warnblinklicht einschalten, wenn er sich einer Haltestelle nähert und solange Fahrgäste ein- oder aussteigen.

Besondere Sorgfaltspflicht an Schulbushaltestellen:

An Omnibussen und Schulbussen, die an Haltestellen halten und Warnblinklicht eingeschaltet haben darf nur mit Schrittgeschwindigkeit vorbeigefahren werden. Zudem muss ein ausreichender Abstand eingehalten werden, damit die Fahrgäste nicht gefährdet werden. Die Schrittgeschwindigkeit ist auch für den Gegenverkehr auf derselben Fahrbahn verpflichtend. Die Fahrgäste dürfen nicht behindert werden. In den USA und Kanada darf an Schulbussen, die ein rotes Blinklicht anzeigen, nicht vorbeigefahren werden, auch nicht in der Gegenrichtung.

Sicherung des Schulumfeldes

Verkehrsregelnde und bauliche Maßnahmen sowie Verkehrserziehung und Verkehrsüberwachung sind spezielle Maßnahmen für eine Sicherung des Schulumfeldes. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat in Zusammenarbeit mit den Polizeien der Länder, dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat DVRund der Deutschen Verkehrswacht DVWvielfältige Materialien und Hilfestellungen zur Schulwegsicherung veröffentlicht. Für Eltern gibt es Faltblätter, Broschüren und Filme mit wichtigen Informationen wie zum Beispiel „Wie entsteht ein Schulwegplan“, „Der richtige Umgang mit Behörden“ „Wie übe ich mit meinem Kind den Schulweg“.

Für Planer, Verkehrsbehörden und Mitarbeiter der Polizei werden praktische Hilfestellungen im „Planerheft“ gegeben. Auch für die weitergehende Schule hat die UDV Informationen zusammengestellt, die verdeutlichen, dass auch der Schulweg mit dem Rad bewältigt und geübt werden kann und muss. Zu allen Themen gibt es Filme, die die Arbeit innerhalb eines Elternabends oder auf Verkehrssicherheitsveranstaltungen unterstützen können.

Erziehung

Auch die besten Vorbeugemaßnahmen ersetzen nicht die Befähigung des Kindes, Gefahren zu erkennen und zu vermeiden. Daher ist die Erziehung zu einem sicheren Verhalten wesentliches Instrument zur Erhöhung der Kindersicherheit.

Verkehrserziehung

Im Straßenverkehr werden besondere Anforderungen an Kinder und ihr Reaktionsvermögen gestellt. Damit sie sich auch in diesen besonders anspruchsvollen Situationen gut und sicher zurechtfinden, sollte schon früh damit begonnen werden, die Kinder mit bestimmten Verkehrssituationen und -regeln vertraut zu machen. Kinder sollten wirklich erst dann alleine unterwegs sein, wenn sie alle Regeln verinnerlicht haben. Oftmals erhalten Kinder Verkehrserziehungsunterricht in der Schule.

Medienkompetenz

Schon früh werden Kinder mit den verschiedenen Medien konfrontiert. Für einen kompetenten Umgang müssen sie konkret auf die Nutzung und die damit verbundenen Schwierigkeiten vorbereitet werden. Wichtig hierbei ist sind Regeln für den Gebrauch der Medien und vor allem auch der Umgang mit anderen im virtuellen Raum. Kinder müssen auf mögliche Gefahren in Chaträumen und auf Webseiten mit bedenklichem Inhalt, auf die Sie beim Surfen zufällig stoßen können, vorbereitet werden, damit sie selbstbewusst und selbstständig handeln können.

Sicherheit im Haushalt

Im Haushalt ist es notwendig, dem Kind Sicherheitstipps für einen achtsamen Umgang mit möglichen Gefahrenquellen zu geben und diese durch geeignete Verbote auch durchzusetzen.

Schadensbegutachtung

Wenn trotzdem Kinderunfälle geschehen, so ist es notwendig, die Schäden hieraus zu begutachten.

Erste Hilfe

Da Kinder kleiner sind als Erwachsene und andere Proportionen haben, müssen sie auch bei lebensrettenden Sofortmaßnahmen anders behandelt werden als Erwachsene. Die entsprechenden Erste-Hilfe-Ausbildungsstellen bieten deshalb spezielle „Erste Hilfe bei Kindernotfällen“-Kurse an.

Institutionen

Seit Ende 1997 gibt es die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Kindersicherheit, seit Ende 2002 als Verein „Mehr Sicherheit für Kinder e. V.“, der sich für „die Förderung des öffentlichen Interesses für Probleme und Aufgaben der Unfallverhütung“ einsetzt.

Aber auch die deutschen Versicherungsunternehmen haben über ihren Gesamtverband (GDV) ein neutrales Informationsportal für Eltern geschaffen und tragen in den verschiedenen Bereichen der Kindersicherheit zur Aufklärung und damit Vermeidung schwerwiegender Unfälle bei.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kinderunfallatlas. BASt-Bericht M 192, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
  2. Wie macht man Steckdosen kindersicher?
  3. Child Outlet Safety
  4. National Fire Protection Association
  5. Electrical Safety Foundation International
  6. Electrical code requires tamper-resistant outlets CTV News


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