Kind of Blue

Kind of Blue
Kind of Blue
Studioalbum von Miles Davis
Veröffentlichung 17. August 1959
Aufnahme 2. März und 22. April 1959
Label Columbia Records
Format CD, LP
Genre Jazz
Anzahl der Titel 6
Laufzeit 45:44 (Collector’s Ed. CD: 55:16)

Besetzung

Produktion Irving Townsend
Studio Columbia 30th Street Studio, New York City
Chronologie
Porgy and Bess
(1958)
Kind of Blue Sketches of Spain
(1960)

Kind of Blue ist Miles Davis' achtes Studio-Album. Es wurde am 2. März und am 22. April 1959 in New York City aufgenommen und erschien 1959 auf Columbia Records. Es gilt als Meilenstein in der Geschichte des Jazz.

Inhaltsverzeichnis

Aufnahmen

Die Aufnahmen fanden an zwei Tagen in New York in einem Studio in der 30. Straße statt, das sich in einer ehemaligen Kirche befand. Davis′ Bandkollegen erhielten den Tariflohn für Sessionmusiker, der damals für eine dreistündige Session 48,50 US-Dollar betrug. Allerdings forderten Chambers, Adderley und Coltrane zusätzlich 100 Dollar, die sie auch erhielten.

Entgegen anderslautenden Legenden[1] ist auf dem Album kein einziger „First Take“ (dt.: erste Aufnahme, die man gleich verwenden kann) im eigentlichen Sinn zu hören. Zwar sind – von „Flamenco Sketches“ abgesehen – alle Stücke nur einmal vollständig durchgespielt worden; für jeden Titel wurden aber mehrere Anläufe gebraucht, die von den Künstlern aus verschiedenen Gründen (technische Störgeräusche, schlecht gespielt) abgebrochen wurden. Grundprinzip der Platte war aber, dass alle Stücke im gemäßigten Tempo interpretiert wurden und die Band die Kompositionen erst im Studio zu sehen bekam, so dass kein Musiker auf Routinen zurückgreifen konnte.[1]

Erste Session am 2. März 1959

Der Pianist Wynton Kelly, zu der Zeit etatmäßiger Pianist in Davis' Quintett, erfuhr erst im Studio, dass Bill Evans, der das damalige Sextett bereits im Herbst 1957 verlassen hatte, für die Session zurückgeholt worden war.

Als erstes wurde „Freddie Freeloader” eingespielt. Das Stück ist ein 12taktiger Blues in B. Da es 1959 noch nicht möglich war, Aufnahmen hinterher abzumischen und die Aufstellung der Musiker und ihrer Mikrofone für ihr Lautstärkeverhältnis entscheidend war, ist Chambers′ Bass-Solo bei diesem Stück sehr leise. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hatte keines der Stücke einen Titel. „Freddie Freeloader“ wurde nach einem Barkeeper im „Nightlife“ in Philadelphia benannt, der als schillernde Person beschrieben wird, die sich durch Zugestecktes über Wasser hielt (daher auch dessen Spitzname „Freddie the Freeloader” – Freddie der Schmarotzer).

Als nächstes wurde „So What” aufgenommen. Der Titel war einer von Davis' Lieblingsausdrücken und bedeutet so viel wie „Na und”. Das Stück, dessen Harmonien durchweg aus dem dorischen Modus bestehen, ist das bekannteste und am häufigsten nachgespielte Stück des Albums. Es dauerte ein paar Anläufe, bis Bill Evans, der jetzt das Piano übernommen hatte, und Paul Chambers das Intro gut zusammenspielten. Außerdem spielte der Bass die Melodie, was zu dieser Zeit sehr selten vorkam.

Danach nahm die Gruppe „Blue in Green” auf. Nach 4 Takten Einleitung hat das Stück eine 10-taktige Form – zu dieser Zeit unüblich kurz. Bei diesem Titel setzte Cannonball Adderley aus, vielleicht weil sein überschäumender Stil der schwermütigen Stimmung des Stückes entgegengewirkt hätte.

Eigentlich hatte Miles Davis mehr als die drei Stücke aufnehmen wollen, doch die gebuchte Zeit von 14:30 Uhr bis 17:30 Uhr und 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr war vorbei und – so ungewöhnlich es heute scheint – das Studio war danach noch für das Jimmy-Dorsey-Orchestra gebucht. Also wurde für den 22. April eine zweite Session verabredet.

Während der kompletten Aufnahme war die Masterbandmaschine wegen eines Motorproblems geringfügig langsamer gelaufen, was dazu führte, dass beim Abspielen die Musik um etwa einen Viertelton nach oben transponiert wurde. Erst 1992 wurde das Problem entdeckt und mit Hilfe der Sicherheitskopie behoben, die im richtigen Tempo aufgezeichnet worden war.

Zweite Session am 22. April 1959

Die Aufnahmen zur zweiten Session begannen mit dem Stück „Flamenco Sketches”. Die Grundlage dafür bildete Bill Evans' Komposition „Peace Piece”. Sie wurde verändert und Evans und Davis machten Skizzen von dem Ablauf des Stückes für die anderen Musiker. Es wurden fünf Skalen nacheinander gespielt, wobei die letzte, eine phrygische, dem Stück ein spanisches Flair verlieh, was letztendlich zum Titel „Flamenco-Skizzen” führte. Der erste Take lieferte sofort eine vollständige Aufnahme, die auf der neuen Ausgabe der CD als Bonustrack enthalten ist. Tontechniker Fred Plaut entschied aber, dass ein weiterer Versuch unternommen werden sollte, und es dauerte bis zum sechsten Take, bis die Version aufgenommen wurde, die auf dem fertigem Album zu hören ist. „Flamenco Sketches” ist das einzige Stück auf Kind of Blue, von dem es eine vollständige alternative Aufnahme gibt. Davis′ Aussagen darüber, ob das Stück tatsächlich von Evans und ihm zusammen geschrieben wurde, sind widersprüchlich. In seiner Biographie beansprucht er die Autorenschaft des kompletten Albums für sich, gegenüber Freunden und Kollegen bestätigte er aber Evans′ kompositorischen Beitrag. Auch Jimmy Cobb hebt Bill Evans als Komponisten hervor.

Zum Abschluss spielte die Band „All Blues” ein, einen 12-taktigen Blues im 6/8-Takt. Das Stück verlangte vor allem Chambers viel ab, da er elfeinhalb Minuten lang das prägende Ostinatoschema auf seinem Bass durchspielen musste.

Bei dieser Session war der Pianist Wynton Kelly überhaupt nicht anwesend. Dafür war der Fotograf Don Hunstein im Studio und auch der Tontechniker Fred Plaut hatte seine private Kamera dabei, mit der er ein paar Schnappschüsse machte. Dadurch ist die zweite Session ausführlich fotografisch dokumentiert, während bei der ersten überhaupt keine Bilder gemacht wurden.

Albumtitel

Auf dem Plattencover werden alle Titel als Miles-Davis-Kompositionen ausgewiesen; man ist sich aber mittlerweile allgemein darüber einig, dass Bill Evans das Stück „Blue in Green” und Gil Evans das Intro zu „So What” geschrieben hat. Auch das Stück „Flamenco Sketches” entstand aus einer Bearbeitung von Bill Evans' Stück „Peace Piece”.

  1. So What (9:05)
  2. Freddie Freeloader (9:35)
  3. Blue in Green (5:28)
  4. All Blues (11:33)
  5. Flamenco Sketches (9:25)
  6. Flamenco Sketches (Alternate Take) (9:31) (nicht auf der Original-LP)

Albumcover

Der Designer des Covers, S. Neil Fujita, hatte ursprünglich vorgehabt, einen Künstler ein Gemälde für „Kind of Blue” schaffen zu lassen, doch Miles Davis bestand darauf, dass eine Photographie benutzt wird. Fujita verwendete daraufhin ein Bild, das Jay Maisel bei einem Auftritt im Apollo Theater gemacht hatte.

Auf dem Original-Cover wird Julian Adderleys Name falsch wiedergegeben (Adderly). Erst auf der CD-Neuausgabe von 1997 wurde der Name richtig geschrieben. Ursprünglich wurden die Namen der Stücke „All Blues” und „Flamenco Sketches” verwechselt, so dass auf den ersten rund 50.000 Exemplaren das Album mit „All Blues“ aufhörte. Der Begleittext zur LP wurde von Bill Evans geschrieben.

Als das Album 1986 in der Reihe „Columbia Jazz Masterpieces“ auf CD veröffentlicht wurde, bekam es ein Cover mit einem Foto verpasst, das deutlich später aufgenommen wurde, wie unschwer an Davis' Kleidung zu erkennen ist. Außerdem wurde es gespiegelt, so dass Davis darauf als Linkshänder seine Trompete spielt.

Bedeutung

Die Soli auf Kind of Blue sind deutlich langsamer mit lang gezogenen Tönen, ein Kennzeichen des damals noch ziemlich neuen modalen Jazz. Während sich etwa beim Bebop nach fast jedem Takt die Harmonie und damit die Skala für den Instrumentalisten ändert, wird im modalen Jazz durchaus über 16 oder mehr Takte dieselbe Harmonie verwendet, was den Musikern völlig neue Möglichkeiten eröffnete.

Kind of Blue gilt als das Album des modalen Jazz schlechthin und ist heute laut RIAA mit 4 Millionen verkauften Einheiten in den Vereinigten Staaten und mit 6 Millionen Einheiten weltweit auch das meistverkaufte Album in der Geschichte des Jazz.[2] Einmalig an diesem kommerziellen Erfolg ist, dass er „der künstlerischen Bedeutung der Einspielung entspricht.“[3]

Das Album hat beim (englischsprachigen) Rolling Stone, dem Penguin Guide to Jazz und Allmusic die höchsten Bewertungen (fünf Sterne) erhalten.

Veröffentlichungen

Die eigentliche Veröffentlichung des Albums erfolgte am 17. August 1959. Es folgten unzählige Neuveröffentlichungen. Zu den bedeutsameren davon gehören die erste Veröffentlichung als CD im Jahre 1984 und die Remasterversion von 1997, die die ersten drei Titel in korrigierter Geschwindigkeit wiedergibt und den zusätzlichen Take von „Flamenco Sketches“ enthält. 2005 erschien Kind of Blue als Dual Disc, auf einer Seite befindet sich die ganz normale CD der 1997er Veröffentlichung, auf der anderen sind eine DVD mit dem Album in 5.1 Surround Sound und LPCM Stereo, eine 25-minütige Dokumentation und Interviews enthalten.

Ende 2008 erschien zum fünfzigjährigen Jubiläum des Albums eine DeLuxe-Edition, die neben einer Langspielplatte zwei CDs mit dem gesamten Material der beiden Aufnahmesessions und weiteren Aufnahmen des Sextetts enthält. Dies wird ergänzt durch ein umfangreiches, großformatiges Booklet mit Essays von Francis Davis und Gerald Early zur Rezeption des Albums und der Gestalt Miles Davis in ihrer Zeit sowie Ashley Kahns Analyse der Führungsqualitäten von Davis anhand der Studiogespräche.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. H.-J. Schaal, Jazz-Standards. Das Lexikon Kassel 2004 (3. Aufl.), S. 26
  2. Gold & Platinum Search: Kind of Blue. RIAA (7. Oktober 2008). Abgerufen am 14. Januar 2011.
  3. Rondo 2008

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