Killesbergbahn Stuttgart

Killesbergbahn Stuttgart
48.806159.16679
Die Dampflok „Tazzelwurm“ auf der Killesbergbahn in Stuttgart
Eine der Dampfloks im Einsatz
Diesellok „Schwoabapfeil“

Die Killesbergbahn Stuttgart ist eine seit 1939 im Stuttgarter Höhenpark Killesberg verkehrende Parkeisenbahn beziehungsweise Liliputbahn. Von den heute bestehenden vier Liliputbahnen in Deutschland ist sie die älteste.

Sie fährt auf einem 2,1 Kilometer langen Rundkurs und besitzt eine Spurweite von 15 britischen Zoll (381 mm). Das Lokomotivmaterial der Killesbergbahn besteht aus den zwei am 30. Mai 1950 ausgelieferten Dampflokomotiven „Tazzelwurm“ und „Springerle“ mit der Achsfolge 2’C1’ vom Typ Martens’sche Einheitsliliputlok und den zwei Dieselloks „Blitzschwoab“ (Baujahr: 1950) und „Schwoabapfeil“ (Baujahr: 1992). Die Killesbergbahn fährt während der Sommermonate täglich, die Dampflokomotiven kommen allerdings nur an Sonn- und Feiertagen zum Einsatz.

Die 14 überdachten Personenwagen wurden in den Jahren von 1937 bis 1938 von der Waggonfabrik Görlitz gebaut. Diese sind heute noch im Einsatz.

Im Jahre 1939 dampfte anlässlich der Reichsgartenschau 1939 zum ersten Mal eine Parkbahn auf dem Killesberg. Zuvor verkehrte hier zwar schon die Kinderstraßenbahn der Stuttgarter Straßenbahnen AG, die 1950 auf den Namen Rumpelstilzchen getauft wurde. Diese musste jedoch, genau wie das Straßenbahnerwaldheim, 1939 dem Neubau des Reichsgartenschaugeländes weichen und zog auf die Waldau, wo sie 1950 wieder eröffnet wurde. 1939 fuhren zwei geliehene Dampflokomotiven vom Typ Martens’sche Einheitsliliputlok der Fa. Brangsch (später: VEB Baumechanik Engelsdorf) aus Leipzig auf der Strecke.

Der Zweite Weltkrieg unterbrach den Fahrbetrieb der Killesbergbahn, die Dampflokomotiven wurden nach Leipzig zurückgegeben. Von dort wurden Lokomotiven z.B. an die Liliputbahn Prater in Wien verkauft bzw. gelangten, nach der Auslagerung, zur Parkeisenbahn Dresden bzw. Leipziger Parkeisenbahn Auensee.

1950 oder schon 1947 wurde die Killesbergbahn wieder in Betrieb genommen. Es wurden die beiden Dampflokomotiven und die Diesellok „Blitzschwoab“ sowie 1992 als Verstärkung zusätzlich die Diesellok „Schwoabapfeil“ angeschafft, so dass heute insgesamt zwei Dampf- und zwei Diesellokomotiven auf der Rundstrecke eingesetzt werden können.

Seit 1995 besteht ein Förderverein, der unter anderem 1996 die Unterschutzstellung der Bahn als technisches Denkmal erreichte. Betrieben wurde die Bahn bis zu deren Wegzug 2007 vom Standort Killesberg von der Stuttgarter Messegesellschaft, ursprünglich vor 1945 jedoch von der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Ab 2007 war die Stadt Stuttgart in Gestalt des städtischen Gartenbauamtes zuständig. Seit 2011 betreut wieder die SSB die Killesbergbahn.

Die schon immer ringförmige Streckenführung reichte ursprünglich bis gegen den südwestlichen Haupteingang an der Straße Am Kräherwald und besaß einen kurzen künstlichen Tunnel unter der so genannten Sarottitreppe beim Eingang von der Thomastraße. Sie soll 3,5 km lang gewesen sein. Zeitweise, möglicherweise schon 1939, jedenfalls vor 1960, war die Strecke mit automatischer Signalanlage und Blockstellenabschnitten für den gleichzeitigen sicheren Einsatz von zwei Zügen ausgerüstet. Anlässlich des Baues der damaligen Messehallen ab Mitte der 1950er Jahre wurde die Strecke verlegt und auf 2,1 km verkürzt, gleichzeitig gegen die Stresemannstraße verschwenkt. Der Tunnel besteht zugemauert noch heute. Die sehr bogenreiche Strecke aus Schienen vom Profil S 18 wird nur entgegen dem Uhrzeigersinn befahren. Sie ist die steilste aller Liliputbahnen überhaupt, da bergwärts eine Steigung von bis zu 4,3 Prozent, talwärts ein Gefälle von sogar 5,8 Prozent bewältigt werden müssen. Damit ist sie auch die steilste eisenbahnartige und im Reibungsbetrieb befahrene öffentliche Bahn in Baden-Württemberg. Sie bewältigt einen Höhenunterschied von rund 60 Metern. Die gesamte Gleislänge mit neun Stück Weichen und den Gleisen im Betriebswerk beträgt knapp 2,3 km.

Für die Lokomotiven, die eigentlich die sinngemäße Nachbildung von Schnellzugloks für das Flachland darstellen, und ihre Lokführer bildet die Strecke daher eine ständige Herausforderung, denn eigentlich wären Maschinen mit mehr Treibachsen und kleineren Rädern dafür besser geeignet. Da die Bahn 1939 zur Reichsgartenschau nur als vorübergehende Einrichtung mit seinerzeit gemietetem Material betrieben wurde, hatte man keine speziell für die schwierige Stuttgarter Strecke geeigneten Maschinen gebaut. Der seit 1950 ohne Unterbrechung jeden Sommer mit den gleichen Loks durchgeführte Verkehr vor den etwa 20 Tonnen schweren Zügen zeigt daher die Leistungskraft und Ausdauer der 18 Kilowatt starken Dampfloks. Pro Jahr werden durchschnittlich 50 000 Fahrgäste gezählt.

Abfahrts- und Ankunftsstelle ist der Parkbahnhof an der Stresemannstraße in der Südostecke des Parks. In den 1990er Jahren bestand der Bahnhof aus Einsparungsgründen für einige Zeit nur aus einem Gleis. Inzwischen gibt es wieder zwei Gleise, so dass bei großem Andrang ein Zug sofort abfahren kann, nachdem der zweite auf dem Nachbargleis eingetroffen ist. Die Lokomotiven werden im Ein-Mann-Betrieb gefahren und geheizt. Die Lokführer müssen eine Prüfung nach dem Landesgesetz über Vergnügungsbahnen ablegen. Sowohl die Wasser- und Dampfhaltung im Kessel auf der steilen Strecke als auch das Bremsen sind so anspruchsvoll wie auf keiner anderen derartigen Strecke, zumal Steigung und enge Bögen gleichzeitig den Rollwiderstand des Zuges erhöhen. Die Wagen besitzen Luftdruckbremsen mit automatischer Sicherheitswirkung nach dem System, wie es auch für reguläre Eisenbahnen vorgeschrieben ist.

Zu Beginn der Saison 2009 wurde für die Killesbergbahn versuchsweise ein zusätzlicher Haltepunkt in der Nähe des Spielplatzes im Park eingerichtet. Dort konnte man aussteigen und mit gültiger Fahrkarte zusteigen, der Kauf von Fahrkarten war an diesem Haltepunkt allerdings nicht möglich. Aus diesem Grund konnten, da sich durch den zusätzlichen Halt die Umlaufzeit eines Zuges verlängerte, allerdings auch weniger Kurse pro Tag gefahren und somit weniger Fahrkarten verkauft werden, was sich bereits nach kurzer Zeit im wirtschaftlichen Ergebnis der Bahn niederschlug. Des Weiteren führte die Regelung, die Züge bereits am Kleinbahnhof voll zu besetzen, bei Fahrgästen zu Verdruss, die am Spielplatz mit vorher gelöster Karte zusteigen wollten, aber bereits einen voll besetzten Zug vorfanden. Daher wurde der Versuch Anfang Juni 2009 für gescheitert erklärt und abgebrochen.

Der Betreiber bezeichnet die Bahn traditionell als Killesberg-„Kleinbahn“. Der Begriff Kleinbahn ist jedoch fachlich nicht korrekt, er steht im Eisenbahnwesen für eine „richtige“ öffentliche Eisenbahn für regulären Personen- und Güterverkehr, ausgehend vom preußischen Kleinbahngesetz von 1892, das deutschlandweite Wirkungen für den Bau lokaler Bahnstrecken hatte. Mit der Killesbergbahn oder ähnlichen Parkeisenbahnen hat eine „Kleinbahn“ nichts zu tun.

Weitere Parkeisenbahn in Stuttgart:

Die Kinderstraßenbahn Rumpelstilzchen ist eine kleine elektrische nichtöffentliche Parkeisenbahnanlage mit 600 mm Spurweite auf dem Areal des Waldheims der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) in Stuttgart-Degerloch. Bereits vor der Killesbergbahn bzw. zeitlich parallel zu ihr gab es Vergnügungsbahnen gleicher Spurweite im so genannten Affenparadies, einem Kleinzoo, auf dem Killesberg jenseits der Straße Am Kräherwald sowie auf der Höhe über Stuttgart Ost auf dem Raichberg.

Weblinks

 Commons: Killesbergbahn Stuttgart – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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