Andrei Ljaptschew

Andrei Ljaptschew
Andrei Ljaptschew

Andrei Tassew Ljaptschew (bulgarisch Андрей Тасев Ляпчев; * 30. November 1866 in Resen, (heute Mazedonien); † 6. November 1933 in Sofia) war ein bulgarischer Politiker, Ministerpräsident, sowie Mitbegründer und Mitglied des Mazedonischen Wissenschaftlichen Instituts.[1]

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Familie, Studium und berufliche Laufbahn

Ljaptschew, dessen Geburtsort damals Teil des Osmanischen Reiches war, wurde in einer traditionsbewusste Familien geboren. Sein Vater Tasse war einer der Vorkämpfer für einer unabhängige bulgarische Kirche. Andrei hatte fünf Brüder, einer davon Nikola Ljaptschew wurde während des Ilinden-Aufstandes umgebracht.[2]

Nach der Beendung der bulgarische Schule in Resen, bekam Ljaptschew ein Stipendium für ausgezeichnete Schüler von der bulgarische Kirche und absolvierte ein Studium an der Bulgarians Men‘s High School of Thessaloniki. Bereits als Student nahm er 1885 an der Bewegung zur Vereinigung von Bulgarien und Ostrumelien teil. Anschließend absolvierte er ein Studium der Finanz- und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten von Zürich, Berlin und Paris, das er 1893 abschloss.

Nach dem Studium war er von 1894 bis 1900 als Beamter im Finanzministerium und danach als Journalist tätig. Als solcher unterstützte er in den folgenden Jahren die Bulgarischen Makedonien-Adrianopeler Revolutionären Komitees (später unter Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation bekannt) sowie 1903 den Ilinden-Aufstand in Makedonien und Thrakien. Von der Gründung 1898 bis 1919 war er Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung Prjapowez (bulg. „Пряпорец“), dem Organ der 1886 gegründeten Demokratischen Partei.

Abgeordneter und Minister

Ljaptschew begann seine eigentliche politische Laufbahn 1908 mit der Wahl zum Abgeordneten der Nationalversammlung, der er mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung zwischen 1911 und 1913, als er als Freiwilliger im Makedonien-Adrianopel-Freiwilligen-Korps der Bulgarischen Armee in den Balkankriege teilnahm, bis zu seinem Tode angehörte.

Am 29. Januar 1908 wurde er in die Regierung des Vorsitzenden der Demokratischen Partei, Aleksandar Malinow, zum Minister für Handel und Landwirtschaft berufen. Noch im gleichen Jahr gehörte er zu den Unterzeichnern der Unabhängigkeitserklärung Bulgariens vom Osmanischen Reich am 5. Oktober. Am 18. September 1910 wurde er dann von Malinow zum Finanzminister ernannt und übte dieses Amt bis zum Ende von dessen Amtszeit am 29. März 1911 aus.

Am 21. Juni 1918 wurde er dann von Malinow erneut zum Finanzminister in dessen Kabinett berufen. Als solcher handelte er mit dem Diplomaten Simeon Radew und General Iwan Russew den Waffenstillstand von Thessaloniki mit den Mächten der Entente aus, das sie am 29. September 1918 unterzeichneten. Damit gestand Bulgarien seine Niederlage im Ersten Weltkrieges. Am 17. Oktober 1918 übernahm er zusätzlich das Amt des Ministers für Landwirtschaft und Forsten.

Am 28. November 1918 wurde er von Malinows Nachfolger als Ministerpräsident, Teodor Teodorow, zum ersten zivilen Kriegsminister ernannt. Dieses Amt bekleidete er bis zum 7. Mai 1919. In den folgenden Jahren entwickelte er sich zu einem Gegner des zunehmend diktatorischer regierenden Ministerpräsidenten Aleksandar Stambolijski, der ihn 1922 deshalb verhaften ließ.

Nach dem Sturz der Regierung Stambolijski durch den von Aleksandar Zankow geführten Staatsstreich vom 9. Juni 1923 wurde er aus der Haft entlassen und während der Amtszeit von Zankow Führer der aus mehreren Parteien bestehenden Demokratischen Allianz, die in Zankows Kabinett Ministerämter übernahmen, während Ljaptschew darauf verzichtete.

Ministerpräsident von 1926 bis 1931

Am 4. Januar 1926 wurde er als Nachfolger von Zankow schließlich selbst zum Ministerpräsidenten einer Regierung der Demokratischen Eintracht und der Nationalliberalen Partei ernannt. Zugleich übernahm er in seinem Kabinett das Amt des Ministers für Inneres und Nationale Gesundheit.

Als Ministerpräsident bemühte er sich insbesondere darum, das internationale Ansehens Bulgariens nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg zu steigern. 1927 und 1928 erreichte er nach Verhandlungen mit dem Völkerbund die Bewilligung von zwei Krediten zur Unterstützung der Rückkehr von bulgarischen Kriegsflüchtlingen aus Jugoslawien und zum Aufbau der zerstörten Wirtschaft. Außerdem wurde während seiner Regierungszeit 1929 der Briand-Kellogg-Pakt unterzeichnet.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger leitete er eine gemäßigtere Politik ein, die auch zu einer Amnestie von kommunistischen Gefangenen mit sich brachte, wobei aber auch er am Verbot der Kommunistischen Partei festhielt. Zugleich hob er auch das Verbot der Gewerkschaften auf und verabschiedete ein Gesetz zur Einführung des Achtstundentages. Des Weiteren förderte er die Modernisierung der Landwirtschaft durch die Gründung von Genossenschaften.

Emblem der IMRO mit der Losung „Freiheit oder Tod“

Auf der anderen Seite führte die Toleranz seiner Regierung für die gewalttätige Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation (Вътрешна Македонска Революционна Организация (IMRO)) bald zu Spannungen mit Griechenland und Jugoslawien. Darüber hinaus führte die durch die Weltwirtschaftskrise verursachte schlechte wirtschaftliche Lage und die Ablehnung einiger seiner Koalitionspartner zur Wahlniederlage seiner bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Jahr 1931.

Am 29. Juni 1931 wurde er daher von seinem früheren Parteifreund Malinow als Ministerpräsident abgelöst.

Einzelnachweise

  1. Mitglieder-Gründer des Mazedonischen Wissenschaftlichen Instituts (bulg.)
  2. Simeon Radew: Frühe Erinnerungen, 1967.

Weblinks

 Commons: Andrei Ljaptschew – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Aleksandar Zankow Ministerpräsident von Bulgarien
1926–1931
Aleksandar Malinow

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