Kern (Mathematik)

Kern (Mathematik)

Im mathematischen Gebiet der Algebra ist der Kern oder Nullraum einer Abbildung die Menge der Elemente, die auf die 0 oder allgemeiner das neutrale Element abgebildet werden. Eine besondere Bedeutung hat dieser Begriff, wenn es sich bei der Abbildung um einen Gruppenhomomorphismus, eine lineare Abbildung oder einen Ringhomomorphismus handelt. In diesem Fall ist die Abbildung genau dann injektiv, wenn der Kern nur aus dem neutralen Element besteht.

Der Kern ist von zentraler Bedeutung im Homomorphiesatz.

In der synthetischen Geometrie wird jedem Quasikörper sein Kern zugeordnet, der stets ein Schiefkörper ist. Diese Bedeutung des Begriffs Kern hängt nicht direkt mit der im vorliegenden Artikel beschriebenen zusammen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Einfaches Beispiel eines Kerns: 0 bezeichnet das neutrale Element in B bzgl. der auf der Gruppe B definierten Verknüpfung. Nicht alle Abbildungen sind eingezeichnet, doch nur die Elemente 2, 3 und 5 werden auf Null abgebildet, diese bilden den Kern der Funktion f.
\ker f := \{ g\in G \mid f(g) = e_H\in H \}
aller Elemente von G, die auf das neutrale Element eH von H abgebildet werden, Kern von f genannt. Er ist ein Normalteiler in G.
\ker f := \{ v \in V \mid f(v) = 0 \in W\}
der Kern von f. Er ist ein Untervektorraum von V.
\ker f :=\{ a\in A\mid f(a) = 0\}
der Kern von f. Er ist ein zweiseitiges Ideal in A.

Bedeutung

Der Kern eines Gruppenhomomorphismus enthält immer das neutrale Element, der Kern einer linearen Abbildung enthält immer den Nullvektor. Enthält er nur das neutrale Element bzw. den Nullvektor, so nennt man den Kern trivial.

Eine lineare Abbildung bzw. ein Homomorphismus ist genau dann injektiv, wenn der Kern nur aus dem Nullvektor bzw. dem neutralen Element besteht (also trivial ist).

Der Kern ist von zentraler Bedeutung im Homomorphiesatz.

Beispiel (lineare Abbildung von Vektorräumen)

Wir betrachten die lineare Abbildung f: \mathbb R^3 \to \mathbb R^3, die durch

f(x)= \begin{pmatrix}1&0&0\\0&1&0\\0&0&0\end{pmatrix}\begin{pmatrix} x_1\\x_2\\ x_3\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} x_1\\x_2\\ 0\end{pmatrix}

definiert ist. Die Abbildung f bildet genau die Vektoren der Form

x=\begin{pmatrix}0\\0\\\lambda \end{pmatrix}, \lambda \in \mathbb R

auf den Nullvektor ab und andere nicht. Der Kern von f ist also die Menge

\ker f = \left\{ \begin{pmatrix}0\\0\\\lambda \end{pmatrix}, \lambda \in \mathbb R\right\}.

Geometrisch ist der Kern in diesem Fall eine Gerade (die z-Achse) und hat demnach die Dimension 1. Die Dimension des Kerns wird auch als Defekt bezeichnet und kann mit Hilfe des Rangsatzes explizit berechnet werden.

Verallgemeinerungen

In einer Kategorie \mathcal C mit Nullobjekten ist ein Kern eines Morphismus f \colon X \to Y der Differenzkern des Paares (f, 0), das heißt charakterisiert durch die folgende universelle Eigenschaft:

  • Für die Inklusion i:\ker f\to X gilt fi = 0.
  • Ist t \colon T \to X ein Morphismus, so dass ft = 0 ist, so faktorisiert t eindeutig über ker f.

Abstrakter formuliert bedeutet das, dass der Kern sich aus dem universellen Morphismus vom Einbettungsfunktor von (\mathcal C\downarrow 0) in (\mathcal C\downarrow\mathcal C) zum f entsprechenden Objekt ergibt.

In der universellen Algebra ist der Kern einer Abbildung f \colon A \to B die durch f induzierte Äquivalenzrelation auf A, also die Menge \ker(f):=\left\{\left(x,y\right) \colon  f\left(x\right)=f\left(y\right)\right\}. Wenn A und B algebraische Strukturen gleichen Typs sind (zum Beispiel A und B sind Verbände) und f ein Homomorphismus von A nach B ist, dann ist die Äquivalenzrelation ker(f) auch eine Kongruenzrelation. Umgekehrt zeigt man auch leicht, dass jede Kongruenzrelation Kern eines Homomorphismus ist.

Kokern

Der Kokern ist der duale Begriff zum Kern.

Ist fV → W eine lineare Abbildung von Vektorräumen über einem Körper, so ist der Kokern von f der Quotient von W nach dem Bild von f.

Entsprechend ist der Kokern für Homomorphismen abelscher Gruppen oder Moduln über einem Ring definiert.

Der Kokern mit der Projektion q:W\to{\rm coker} f erfüllt die folgende universelle Eigenschaft: Jeder Homomorphismus tW → T, für den tf = 0 gilt, faktorisiert eindeutig über q und qf = 0. Er ergibt sich in einer Kategorie \mathcal C mit Nullobjekten aus dem universellen Morphismus vom f entsprechenden Objekt zum Einbettungsfunktor von (0\downarrow\mathcal C) in (\mathcal C\downarrow\mathcal C).

Diese Eigenschaft ist auch die Definition für den Kokern in beliebigen Kategorien mit Nullobjekten. In abelschen Kategorien stimmt der Kokern mit dem Quotienten nach dem Bild überein.

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