Keratoconjunctivitis sicca

Keratoconjunctivitis sicca
Klassifikation nach ICD-10
H04.1 Keratoconjunctivitis sicca, im Sinne des Syndroms des trockenen Auges
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Keratokonjunktivitis sicca (auch Syndrom des trockenen Auges, engl. Dry eye syndrome) bezeichnet das Krankheitsbild des trockenen Auges. Wird die bei diesem Syndrom auftretende mangelnde Tränensekretion und/oder Veränderungen in der Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit nicht behandelt, können sich die ursächlichen entzündlichen Prozesse am Auge in einer Rückwirkung verstärken und zu verschiedenen symptomatischen Beschwerden wie Rötung, Brennen des Auges, einhergehend mit Fremdkörpergefühl, führen. Veränderungen in der Lipidphase des Tränenfilms, verursacht i. d. R. durch Entzündungen der Meibom-Drüsen, verhindern oft die Ausbildung einer dünnen Lipidschicht auf dem Tränenfilm, was zu einer erhöhten Verdunstung der wässrigen Tränenflüssigkeit und damit zu Flüssigkeitsmangel führt (hyperevaporatives trockenes Auge).

Wird das Syndrom nicht behandelt, kann es neben den teilweise sehr unangenehmen und mit einer drastischen Einschränkung der Lebensqualität verbundenen symptomatischen Beschwerden zu einer ständigen Eskalation der entzündlichen Prozesse am Auge führen.

Das Krankheitsbild beschrieb erstmals in den 1950er-Jahren der schwedische Augenarzt Henrik Sjögren.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

  • Bildschirmarbeit (sog. Office Eye Syndrome / Gamer-Eye bei Computerspielern)
  • Umweltbelastungen
  • Kontaktlinsen
  • niedrige Luftfeuchtigkeit / Klimaanlage
  • hormonelle Umstellungen, z. B. Testosteronmangel im Alter
  • Medikamente z. B. Betablocker, die „Pille“ oder Behandlung mit Anti-Androgenen und Inhibitoren der Androgensynthese, z. B. bei Prostatakarzinom oder dauerhafte lokale Anwendung von Haarwuchsmitteln auf der Basis solcher Stoffe.
  • Lidrand-Entzündung (Blepharitis)
  • Rosazea
  • Allergien
  • Autoimmunerkrankungen (z. B. Sjögren-Syndrom)
  • Vitamin-A-Mangel
  • Augenoperationen wie z. B. Lasik, Katarakt-OP, Refraktive Chirurgie

Häufigkeit

Das trockene Auge ist eine der häufigsten Erkrankungen im Bereich der Augenheilkunde, wobei die Prävalenz mit zunehmendem Alter ansteigt.

Diagnostik

  • Klinische Veränderungen, wie Anomalien des Tränenfilmes und der Hornhaut
  • Bestimmung der Tränenfilmaufrisszeit (auch BUT nach break-up time) und damit der Stabilität des Tränenfilmes
  • Anfärbung von Defekten in Bindehaut und Hornhaut mit Bengalrosa und Fluorescein
  • Schirmer-Test mit Einlage eines Filterpapieres zur Bestimmung der Tränensekretionsmenge
  • Durchuntersuchung inklusive Hormonstatus, Bestimmung der Rheumafaktoren, Bindehaut-Abstrich

Therapiemöglichkeiten

Die Behandlung des Trockenen Auges erfolgt meist durch eine Verbesserung des Tränenfilms bei gleichzeitiger geeigneter lokaler und systemischer Behandlung etwaiger Grunderkrankungen (Blepharitis, Sjögren-Syndrom etc.):

  • Ersatz/Ergänzung der wässrigen Phase der Tränenflüssigkeit durch Tränenersatzmittel (Künstliche Tränen werden in Form von Augentropfen ins offene Auge eingeträufelt oder als Augengel in den Bindehautsack am Auge eingebracht) ersetzen die wässrige Phase des Tränenfilms durch wässrige Lösungen von Verdickungsmitteln (z. B. Povidon, Hyproxymellose, Carboxymethylcellulose), Salzen und ggf. Wirkstoffen (z. B. Hyaluronsäure, Lipiden). Zur Vorbeugung von Allergien stehen Präparate ohne Konservierungsmittel zur Verfügung.
  • Ergänzung der oberflächlichen Lipidschicht des Tränenfilms durch liposomales Augenspray. Das Präparat wird auf die geschlossenen Augen gesprüht und erreicht über die Lidränder den Tränenfilm und stabilisiert dabei die Lipidschicht. Dadurch wird die Verdunstung der natürlichen Tränenflüssigkeit reduziert und ein frühzeitiges Ablaufen als Träne über den Lidrand vermieden.
  • Ersatz des Tränenfilms und Verringerung der Scherkräfte zwischen Augenoberfläche und Lid bei den Lidbewegungen durch fetthaltige Salben (Ö/W-Emulsionen). Werden oft zur Behandlung des Trockenen Auges in der Nacht eingesetzt.
  • Einsetzen von Punctum Plugs in ein oder beide Puncta lacrimalia. Die Plugs können je nach Ausführung dauerhaft in den Puncta verbleiben oder sich nach ein paar Wochen auflösen. Nachteile: Das Rückhalten der Tränenflüssigkeit bedeutet jedoch gleichzeitig auch, dass die entzündungsfördernden Stoffe in der Tränenflüssigkeit, die beim Trockenen Auge eine veränderte Zusammensetzung aufweist, länger am Auge verbleiben. Der durch die Plugs verringerte Abfluss von Tränenflüssigkeit durch die ableitenden Tränenwege kann Infektionen durch Bakterien, die aus dem Nasenraum aufsteigen, Vorschub leisten.

Weitergehende Therapien versuchen in geeigneten Fällen, über die Verbesserung des Tränenfilms hinaus die zugrundeliegenden entzündlichen Prozesse am Auge zu unterdrücken.

  • Cyclosporin A Lösung (Handelsname Restasis, 0,05%, wässrige Suspension, nur in USA zugelassen) oder ölige Lösung (0,05% in Pflanzenöl, Eigenherstellung von deutschen Apotheken)
  • Eigenserum (2007 an mehreren deutschen Universitäts-Augenkliniken in Erprobung)
  • Androgene (äußerliche Anwendung am Augenlid; derzeit klinische Phase IIb Studien in den USA). Dieser Therapieansatz greift die Erkenntnis auf, dass die entzündlichen Prozesse stark androgenabhängig sind. Auch wirken Androgene am Auge entzündungshemmend.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Jacobi C, Dietrich T, Cursiefen C, Kruse FE. "Das trockene Auge. Aktuelle Konzepte zu Klassifizierung, Diagnostik und Pathogenese", Der Ophthalmologe. 2006 Jan;103(1):9-17 (Review), PMID: 16365732
  • Cursiefen C, Jacobi C, Dietrich T, Kruse FE. "Aktuelle Therapie des trockenen Auges", Der Ophthalmologe. 2006 Jan;103(1):18-24 (Review), PMID: 16362353
  • Kasper K, Godenschweger L, Hartwig D, Unterlauft JD, Seitz B, Geerling G. "Zum Stand der Anwendung von Eigenserum-Augentropfen in Deutschland", Der Ophthalmologe 2008 Jul;105(7):644-9. PMID: 18612645
  • Trattler W, Katsev D, Kerney D. "Self-reported compliance with topical cyclosporine emulsion 0.05% and onset of the effects of increased tear production as assessed through patient surveys." Clin Ther. 2006 Nov;28(11):1848-56. PMID 17213005
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