Kentucky Oysters

Kentucky Oysters
Chitterlings in Brühe

Chitterlings (nach der Aussprache auch chitlins geschrieben, seltener euphemistisch Kentucky Oysters (dt.: Austern Kentucky Art)) ist ein Gericht des Soul food. Der gekochte Schweinebauch und -darm gilt als prägendes Gericht für Soul food, denn jegliche Innereien erfahren in der US-amerikanischen Küche sonst eine starke Ablehnung.

Inhaltsverzeichnis

Zubereitung

Nach einer sorgfältigen Reinigung werden die Innereien gekocht, danach oft noch gebraten oder in Teig frittiert. Obwohl die Chitlins teilweise gereinigt verkauft werden, ist die Reinigung wichtiger Bestandteil der Zubereitung und erfordert einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand, da es oft nötig ist, mehrere Stunden lang Verunreinigungen mit der Hand abzuziehen.[1] Dabei verringert sich das Gewicht des tatsächlich zu essenden Gerichts auf die Hälfte des Gekauften. Gerade bei der Reinigung muss sorgfältig vorgegangen werden, da sonst eine Infektion mit Escherichia coli, Yersinia enterocolitica oder Salmonellen droht. Insbesondere kommen immer wieder lokale Yersiniose-Ausbrüche durch verunreinigte Chitlins vor.[2]

Auch nach der Reinigung sind Chitterlings berüchtigt für den Gestank, den das Gericht bei der Zubereitung verbreitet, so dass sie früher oft ganz im Freien gekocht wurden und auch heute noch viele Menschen das Haus während der Zubereitung verlassen, wenn Chitterlings auf dem Speiseplan stehen.[3] Der Geruch ist auch einer der Hauptgründe, warum Chitterlings in den meisten Haushalten gar nicht auf den Tisch kommen.[4]

Geschichte

Während Chitlins immer noch ein typisches Gericht des Soul food sind, hat ihre Verbreitung als Alltagsgericht in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen. Vor dem Bürgerkrieg bekamen Sklaven in den Südstaaten oft die am wenigsten begehrten Teile vom Schwein nach der Schlachtung, wobei insbesondere Hog Haws (Füße) und Hog Maws (Bauch) für die Küche prägend waren. Mangels Alternativen wurden die Innereien so ein wichtiger Bestandteil der Fleischküche, wobei es half, dass es in Westafrika noch üblich war, alle essbaren Teile eines Tiers zu verwerten. Da das Schlachten meist erst im Dezember stattfand und die Innereien zu den leicht verderblichen Teil des Schweins gehören, etablierten chitlins sich so als typisches Winteressen.[5]

Eine Renaissance erlebten sie in den 1960er- und 1970er-Jahren, als die Black-Power-Bewegung sich über weitere Teile der Gesellschaft auszubreiten begann, Soul food in dessen Folge en Vogue wurde und Chitlins als eines der berüchtigsten Gerichte dieser Küche mit sich zogen.[5] Dabei konzentrierte sich die öffentliche Wahrnehmung besonders auf die Chitlins – ihre Assoziation mit Dreck und Ausscheidungen erlaubte es Weißen, ihre Vorurteile über „dreckige Schwarze“ bestätigt zu finden, ebenso wie es den Protagonisten der afroamerikanischen Emanzipation erlaubte, sich über weiße Gedanken von „Reinheit“ lustig zu machen.[6] Chitlins galten selbst in dieser Zeit in der Soul food auch bei Weißen Eliten als salonfähig als Distinkstionsmerkmal, da nur die wenigsten Weißen ihren Ekel überwinden konnten.[7]

Heute werden Chitterlings vor allem als Teil einer größeren Mahlzeit an Neujahr gegessen, wobei auch Weihnachten und Thanksgiving beliebte Anlässe sind, um Chitlins zu servieren.[3] Chitlin-Esser schätzen dabei den milden Geschmack ebenso wie die ausgesprochene Zartheit des Fleisches.[4]

Die kulturelle Bedeutung, die das Gericht auch für das Selbstverständnis der ehemaligen Sklaven erhielt, zeigt sich auch darin, dass im 20. Jahrhunderts die Clubs, die Blues- und Jazzmusikern offen standen, als Chitlin’ Circuit bekannt waren. Einer der Teilnehmer, der Blues-Musiker Mel Brown, nannte sein Greatest-Hits-Album dann auch Eighteen Pounds of Unclean Chitlins and Other Greasy Blues Specialities. In den Südstaaten gab es mehrere exklusive Chitlin-Esser-Clubs wie den Royal Order of Chitlin Eaters of Nashville, Tenn. oder die Happy Chitlin Eaters of Raleigh, N. C.[5] Seit 1996 findet das Chitlin’ Strut, das bis zu 70.000 Besucher besuchen, in Salley, South Carolina statt.[3]

Anmerkungen

  1. Vgl. Karen M. McDearman, Frances Abbott, Chitterlings, in: John T. Edge (Hrsg.): Foodways, Bd. 7: The New Encyclopedia of Southern Culture, ISBN 978-0-8078-5840-0, S. 143f.; Kathy Starr, The Soul of Southern Cooking, University Press of Mississippi, 1989, ISBN 0878054154, S. 11; William Wilson, Wilson’s Practical Meat Inspection, Blackwell 2005, ISBN 1405124938, S. 226.
  2. Leo M. L. Nollet, Terri Boylston, Handbook of Meat, Poultry and Seafood Quality, Blackwell 2007, ISBN 081382446X, S. 396.
  3. a b c Whatscookingamerica.net: History of Chitterlings/Chitlins.
  4. a b Pittsburg Post-Gazette: Loved and reviled, chitterlings are the ultimate in soul food.
  5. a b c Karen M. McDearman, Frances Abbott: Chitterlings, in: John T. Edge (Hrsg.): Foodways, Bd. 7: The New Encyclopedia of Southern Culture, ISBN 978-0-8078-5840-0, S. 143f.
  6. Sherri A. Inness, Kitchen Culture in America: Popular Representations of Food, Gender, and Race, University of Pennsylvania Press, 2001, ISBN 0812217357, S. 233.
  7. Eugene Newton Anderson, Everyone Eats: Understanding Food and Culture, NYU Press, 2005, ISBN 0814704964, S. 137.

Literatur

  • Doris Witt: „Eating Chitterling is like Going Slumming“. Soul Food and Its Discontents. In: Doris Witt: Black Hunger: Food and the Politics of U. S. Identity. Oxford University Press, 1999, ISBN 0195110625, S. 79–101.

Weblinks


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