Kelsterbacher Terrasse

Kelsterbacher Terrasse
Der Abhang der Kelsterbacher Terrasse vom Schwanheimer Wald aus gesehen, Ansicht von Norden. Im Vordergrund ein Teil der Langschneise

Die Kelsterbacher Terrasse ist eine im Alt- und Mittelpliozän entstandene, heute 12 bis 17 Meter hohe und acht Kilometer lange Flussterrasse in der Untermainebene südlich von Frankfurt am Main. Die Terrasse ist ein eiszeitlicher Überrest des Flussbetts in einem Urstromtal des heutigen Flusses Main. Der von Süden nach Norden überwiegend mäßig steil abfallende Hang der Terrasse ist die einzige Geländestufe im Frankfurter Stadtwald.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das westliche Ende der Kelsterbacher Terrasse liegt am linken Flussufer des Main im nördlichen Stadtgebiet von Kelsterbach im Kreis Groß-Gerau. Von dort aus verläuft die Terrasse in west-östlicher Richtung auf Frankfurter Stadtgebiet. Sie zieht sich in Höhenlagen von 108 bis 120 Metern über Normalnull zwischen dem Schwanheimer Wald im Norden und dem Unterwald im Süden durch den südwestlichen Teil des Frankfurter Stadtwaldes. Die Kelsterbacher Terrasse stellt die Begrenzung des nördlich gelegenen jüngeren Mainbettes zu älteren Ablagerungsbereichen dar.[1]

Teilweise wird in der Literatur auch die sich nach Süden an die Geländestufe anschließende, überwiegend bewaldete Ebene des ehemaligen Wildbanns Dreieich und des Mönchbruchs zum Landschaftsraum Kelsterbacher Terrasse gezählt. Die nach Norden an die Terrasse anschließende Ebene zwischen Sachsenhäuser Berg und Flörsheim mit der im Holozän geformten Mainaue und dem kanalisierten Lauf des Mains wird als Flörsheim-Griesheimer Mainniederung bezeichnet.[1]

Menschliche Besiedelungs- und Nutzungsgeschichte

Einer von mehreren historischen Grenzsteinen an der Grenzschneise entlang der Oberkante der Terrasse, hier mit Markierung S für Schwanheim

Die Kelsterbacher Terrasse weist Siedlungsspuren bis zurück in die Altsteinzeit auf. Mehrfach wurden bronzezeitliche Funde gemacht, so an den Resten der historischen Befestigungsanlage Schwedenschanze in Kelsterbach sowie 1989 beim Bau der Bundesstraße 40 im Schwanheimer Wald. Mehrere Tälchen sind Spuren früherer Abflüsse von der Terrasse in die Mainniederung. Die Ränder dieser Trockentälchen sind bevorzugte Plätze steinzeitlicher Hügelgräber.

Am nördlichen Rand der Terrasse verläuft entlang deren oberer Kante die Grenzschneise, ein Abschnitt einer Altstraße von Frankfurt am Main nach Mainz. Frühere Namen dieser Schneise waren Schnede (Schneise), Mark (Grenzmarkierung) und Loog (auch Loogweg). An dem schmalen, unbefestigten Pfad stehen mehrere historische Grenzsteine aus dem frühen 19. Jahrhundert mit eingemeißelten Buchstaben. Die nordseitigen Markierungen lauten S („Schwanheim“) und HN („Herzogtum Nassau“), die südseitige Markierung SF bedeutet „Stadt Frankfurt“ (→ Freie Stadt Frankfurt). Bis zur Eingemeindung Schwanheims nach Frankfurt im Jahr 1928 markierte die Schneise die Grenze zwischen dem Frankfurter Stadtwald im Süden und dem nördlich davon gelegenen Schwanheimer Gemeindewald.[2][3] Auf der Grenzschneise verlaufen heute der Historische Wanderweg Schwanheim sowie ein südwestlicher Abschnitt des Frankfurter Grüngürtel-Rundwanderwegs.[4]

Ein etwa 1,5 Kilometer langer Abschnitt der Kelsterbacher Terrasse weist durch menschlichen Einfluss einen deutlich steileren Abhang auf als die übrige Geländestufe. Dort, südlich des damaligen Dorfes Schwanheim, an einem Hölle oder Helle (von Halde) genannten Flurstück, wurde im Jahr 1880 Aufschüttmaterial für den Bau des Frankfurter Hauptbahnhofs abgebaut. Bei diesem Eingriff in eine Millionen Jahre alte Urlandschaft wurden große Findlinge entdeckt, die die Gletscher der Kaltzeiten dort abgesetzt hatten.[5] Auf den Flurnamen Hölle weist bis in die Gegenwart der unmittelbar am Fuß des Abhangs entlangführende Höllenweg hin.[4]

Geologie und Topografie

Wegweiser an der Grenzschneise mit den Symbolen des Historischen Wanderwegs Schwanheim (Vasen-Umriss, Mitte) und des Grüngürtel-Rundwanderwegs (darunter)
Infotafel zur Geschichte der Kelsterbacher Terrasse

Die Kelsterbacher Terrasse zählt zum Gebiet des im Erdzeitalter Tertiär entstandenen Oberrheingrabens und dessen System aus Gräben und Schwellen. Während des Quartärs setzte sich die Absenkung des Rhein-Main-Tieflandes fort; der Ur-Main füllte das tiefliegende Gebiet während der Kaltzeiten allmählich mit Kies und Sand auf. In Warmzeiten entstanden in dieser Schotterebene durch Bodenerosion mehrere terrassenartige Einschnitte. Im Rhein-Main-Tiefland sind sieben solcher Terrassenlandschaften bekannt.[6]

Die in ihrem Kern aus Kies und Sand bestehende Kelsterbacher Terrasse trägt darüber eine Schicht aus lehm- und tonhaltigen Böden. Eine Besonderheit der Kelsterbacher Terrasse besteht in ihrer Schicht aus Flugsand. Der angewehte Sand, der bis zu zehn Meter starke Schichten aufweist, bildete Hügel und Dünen sowie abgeflachte Stellen. Solche Sand-Anwehungen kommen am Main nur in dessen Niederungen und in höher liegenden Gebieten links des Mainufers vor. Die Oberfläche der Kelsterbacher Terrasse besteht aus einer 30 bis 60 cm mächtigen Mischung aus Sand, Lehm oder Ton sowie aus Bims-Tuff. Die Ablagerungen von Tuff stammen vom Ausbruch eines Eifelvulkans etwa im Jahr 10.930 v. Chr., dessen Caldera den Laacher See bildete.[7]

Durch die beschriebene Material-Aufschüttung hat die Terrasse einen deutlich tiefer liegenden Grundwasserspiegel als das unmittelbar nördlich davon gelegene Gelände. Während sich das Grundwasser in den Niederungen des Frankfurter Stadtwaldes dicht unter der Erdoberfläche befindet, liegt es unter der Kelsterbacher Terrasse in Tiefen von bis zu 14 Metern.[5]

Verkehrsanbindung

Die Kelsterbacher Terrasse ist auf für den Straßenverkehr freigegebenen Wegen nur an zwei Stellen direkt erreichbar: an ihrem westlichen Ende in der Stadt Kelsterbach, im Norden des Stadtgebiets, verläuft ein Abschnitt der Straße Kirschenallee, an der auch die Schwedenschanze liegt, entlang der Oberkante der Terrasse. Südlich von Frankfurt-Schwanheim führt die Schwanheimer Bahnstraße von Norden an die Kelsterbacher Terrasse heran; in unmittelbarer Nähe des Ziels liegt die Bushaltestelle Schwanheimer Wald der Frankfurter Verkehrsgesellschaft VgF. Für den motorisierten Individualverkehr existiert ein öffentlicher Parkplatz an der Schwanheimer Bahnstraße.[4] Die nächstgelegene Anbindung an die Straßenbahn der VgF ist die Haltestelle Waldfriedhof Goldstein der Linie 12. Von dort aus beträgt die Entfernung bis zur südlich davon gelegenen Terrasse etwa einen Kilometer Wegstrecke über den Waldweg Unterschweinstiegschneise. Diese mündet auf die Grenzschneise vor Ort.[8] Der überwiegende Teil der acht Kilometer langen Kelsterbacher Terrasse kann direkt nur zu Fuß, auf Reitpferden und mit dem Fahrrad erreicht werden.

Literatur

  • Verschiedene Autoren: Natur vor der Haustür – Stadtnatur in Frankfurt am Main. Kleine Senckenberg-Reihe 50, E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2009. ISBN 978-3-510-61393-9

Weblinks

 Commons: Kelsterbacher Terrasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Kleine Senckenberg-Reihe 50, S. 85 ff.
  2. Kelsterbacher Terrasse bei frankfurt.de
  3. Stadt Frankfurt am Main, Forstamt (Hrsg.): Vom Altheeg zum Vierherrnstein – Namen im Frankfurter Stadtwald. Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Kreisverband Frankfurt e.V., 1988, S. 26
  4. a b c Umweltamt der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): GrünGürtel-Freizeitkarte, 7. Auflage, 2011
  5. a b Gerd-Peter Kossler (Hrsg.) und weitere Autoren: Wald im Süden Frankfurts: Stadtwald, Gravenbruch, Mönchbruch, S. 60. Selbstverlag, Frankfurt am Main 1991. ISBN 3-9800853-2-5
  6. Kleine Senckenberg-Reihe 50, S. 86
  7. Kleine Senckenberg-Reihe 50, S. 87
  8. Kelsterbacher Terrasse bei frankfurt.de

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