Katharina II.

Katharina II.
Katharina II. von Russland

Katharina II., genannt Katharina die Große (russisch Екатерина Великая/Jekaterina Welikaja, * 2. Mai 1729[1] in Stettin; † 17. November 1796 in Sankt Petersburg) war ab dem 9. Juli 1762 Zarin des Russischen Reiches und außerdem Herzogin von Holstein-Gottorf.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Katharina II. wurde 1729 als Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg (in der Literatur gewöhnlich Sophie oder Sophia von Anhalt-Zerbst genannt) in Stettin geboren. Sie war eine Tochter von Fürst Christian August von Anhalt-Zerbst aus dem Geschlecht der Askanier, dem damaligen preußischen Gouverneur von Stettin.

1739 hielt sie sich im Eutiner Schloss auf, wo sie ihrem zukünftigen Gatten erstmals begegnete. Im Februar 1744 traf Prinzessin Sophie dann in Sankt Petersburg ein, um ihren Cousin 2. Grades (also den Großneffen ihres mütterlichen Großvaters), den russischen Thronfolger Großfürst Peter Fjodorowitsch, den späteren Zaren Peter III., zu ehelichen. Mit Ehrgeiz und Zielstrebigkeit erlernte die begabte 15-Jährige schnell die russische Sprache und versuchte, sich am Hof zu integrieren.

Am 9. Juli 1744 konvertierte sie vom evangelisch-lutherischen zum orthodoxen Glauben und bekam zu Ehren Jekaterinas I., der Mutter der regierenden Zarin Elisabeth Petrowna, den Namen Jekaterina Alexejewna. Am 1. September 1745 begannen die zehntägigen Hochzeitsfeierlichkeiten.

Katharina als Großfürstin (1760), Gemälde von Alexej Antropow

Die Ehe war nicht harmonisch. Schon in der Hochzeitsnacht wurde deutlich, dass der Großfürst nur wenig Interesse und Zuneigung für Katharina empfindet: Während sie auf ihn im Schlafgemach wartete, kam er spät nachts betrunken von seiner Feier wieder. Großfürstin Katharina war eine lebensfrohe und intelligente Frau. Sie musizierte gern und las viel, mit Vorliebe historische und politiktheoretische Werke (Montesquieu, Voltaire), um so ihr Verständnis für die Politik zu schärfen. Vor allem war sie stets über die Vorgänge am Hof informiert. Sie besuchte jeden Gottesdienst und nahm am religiösen Leben teil. Währenddessen schuf sich Großfürst Peter seine eigene Welt in Oranienbaum (zeitweilig Lomonossow genannt) und pflegte seine Vorliebe für alles Preußische (insbesondere das Militär). Anfangs band er Katharina noch in seine Spiele mit den kleinen Soldatenfiguren ein und ließ sie die preußische Uniform tragen. Doch schon bald verloren beide jeglichen Bezug zueinander.

Am 1. Oktober 1754 brachte Katharina nach neunjähriger Ehe einen Sohn zur Welt. Obwohl es Gerüchte um eine Liebschaft der Großfürstin gab, erkannten ihr Ehemann und die Zarin das Kind Pawel Petrowitsch als legitim an. Seine Erziehung, sowie die der Tochter Anna, die am 9. Dezember 1757 zur Welt kam und am 9. März 1759 starb, übernahm die Großtante Elisabeth selbst. Die Kinder wurden jeweils sofort nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt.

Katharina II. pflegte eine rege Korrespondenz mit Voltaire, den sie sehr schätzte. Er nannte sie den strahlendsten Stern des Nordens und sah in ihr eine Philosophin auf dem Thron. Ihre tiefe Zuneigung und Bewunderung zeigte sich, als sie seine Vorstellungen in ihre "Große Instruktion" mit einfließen ließ. Darüber hinaus unterstützte sie ihn finanziell und kaufte nach seinem Tod die ganze Sammlung all seiner Werke auf, welche sich jetzt in der Russischen Nationalbibliothek in Sankt Petersburg befindet.

Staatsstreich gegen Peter III.

Großfürst Peter mit Großfürstin Katharina und Sohn Paul (1756), Gemälde von R. M. Lisiewska

Am 28. Dezember 1761 starb Elisabeth. So kam Katharinas Ehemann als Zar Peter III. an die Macht. Noch während der Trauertage benahm sich Peter III. unangemessen albern. Dies verärgerte sowohl Katharina als auch große Teile des russischen Volkes. Katharina forderte ihren Gatten zur Mäßigung auf, auch und im Besonderen in der Politik. Doch die ersten Staatshandlungen Peters III. waren ein Sonderfrieden mit Preußen, der das Ende des Siebenjährigen Krieges bedeutete, und die Einführung eines umfangreichen Reformprogrammes, womit er sich die Feindschaft der konservativen Kräfte des Landes zuzog.

Katharina und ihre Vertrauten planten daraufhin einen kühnen Staatsstreich. Sie versicherte sich zuerst der Unterstützung einiger Garderegimenter, in denen u. a. auch die Gebrüder Orlow dienten, dann ließ sie sich am 9. Juli 1762 zur Kaiserin ausrufen, währenddessen Zar Peter III. für abgesetzt erklärt wurde. Während Peter flüchtete, wurde Katharina noch am gleichen Tag in der Kasaner Kathedrale durch den Metropoliten Setschin zur Alleinherrscherin Russlands erklärt. Peter III. wurde gefangengenommen und am 17. Juli 1762 ermordet. Nachdem sich die Lage im Lande nach Peters Tod wieder beruhigt hatte, wurde Katharina II. am 12. September in der Himmelfahrtskathedrale des Moskauer Kremls zur Zarin von Russland gekrönt, worauf sie das Land 34 Jahre lang regierte.

Innenpolitik

Schon bald nach ihrer Machtübernahme erließ Katharina ein Manifest am 14. Oktober 1762, in dem der Senat ausdrücklich die Erlaubnis erhielt, Ausländern die Ansiedlung im Land zu gestatten. Da die Veröffentlichung dieses ersten Manifestes nicht die erhoffte Resonanz im Ausland hatte, unterschrieb Katharina II. das Manifest vom 22. Juli 1763, mit dem sie tausenden deutschen Bauern die Ansiedlung in den Ebenen beiderseits der Wolga ermöglichte. Sie versprach den Siedlern Religionsfreiheit, Steuerfreiheit und das Verfügungsrecht über ihr Land. Man spricht in diesem Zusammenhang von den Wolgadeutschen.

Katharinas Verdienst war eine einheitliche Verwaltung mit Statthalterschaften, Provinzen und Kreisen. Sie gründete erste Volksschulen und Gymnasien in den Städten sowie Ingenieurfachschulen. Sie begründete Wohlfahrtsprojekte wie die Einrichtung von Hospitälern und Obdachlosenasylen.

Katharina II. pflegte einen regen Briefwechsel mit Voltaire, Montesquieu und Cesare Beccaria über Fragen der Gewaltenteilung und eine Reformierung des Strafrechts.

1767 berief sie eine Kommission zur Abfassung eines Projekts für ein neues Gesetzbuch, in die gewählte Vertreter aus allen Landesteilen berufen wurden. Aufgabe war die Schaffung einer einheitlichen Rechtsprechung für die unterschiedlichen Völker des riesigen Reiches. Die Kommission wurde bei Ausbruch des türkisch-russischen Krieges 1768 ergebnislos aufgelöst, allerdings verlieh sie Katharina ein Jahr zuvor noch die Titel „die Große“ und „Mutter des Vaterlandes“.

Im Toleranzedikt vom 17. Juni 1773 versprach sie die Duldung aller religiösen Bekenntnisse. Davon ausgenommen war allerdings die große Zahl von Juden, die seit der Ersten Teilung Polens ihre Untertanen waren.

Obwohl sie der Gedankenwelt der Aufklärung nahestand und Russland für die europäische Kunst und Literatur öffnete, konnte sie in ihrem politischen Alltag nur in eng gesteckten Grenzen handeln.

Obwohl sie selbst eine kritische Haltung gegenüber der Leibeigenschaft innehatte, tat sie letztendlich nur sehr wenig, um die Verhältnisse der Bauern zu verbessern. So versuchte sie zum Beispiel möglichst viele Bauern zu Staatsbauern zu machen (sie unterstanden dann nicht mehr einem Gutsherrn, sondern dem Staat selbst) und gab den Leibeigenen die Möglichkeit, sich gegen massive Ausbeutung oder brutale Behandlung ihrer Herren zu widersetzen. Gleichzeitig stärkte sie allerdings die Privilegien des Adels (da Katharina nur durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war und sich ständiger Unterstützung durch den Adel sicher sein musste).

So hatte die Zarin auch mit massiven sozialen Unruhen, allen voran dem Pugatschow-Aufstand (1773–1775), zu tun.

Siehe auch: Alexander Radischtschew

Außenpolitik

Der Königs-Kuchen - Katharina II. teilt sich mit Josef II. und Friedrich II. von Preußen Polen wie einen Kuchen, während der polnische König Stanislaus II. August sich verzweifelt an die Krone greift (Karikatur le gâteau des rois von Jean-Michel Moreau, 1773)

Katharina II. baute den Machtbereich Russlands in einem Maße aus wie kein russischer Herrscher vor ihr. In zwei russisch-türkischen Kriegen 1768–1774 sowie 1787–1792 eroberte sie den Zugang zum Schwarzen Meer und weite Küstengebiete. Im Ergebnis der drei Teilungen Polens gewann Russland 1 Million km² Landgebiete und 6 Millionen Menschen dazu. Katharinas „Griechisches Projekt“, d. h. die Eroberung Konstantinopels und die Neugründung des byzantinischen Reiches unter russischer Herrschaft (Griechischer Plan), scheiterte am einseitigen Kriegsaustritt Österreichs im letzten der beiden Türkenkriege Katharinas sowie an der gleichzeitigen Gefahr des Angriffs der Schweden. Dennoch konnten nach der Annexion der Krim und der Zerschlagung des Krimkhanats weite Teile der heutigen Südukraine als Provinz Neurussland erschlossen und besiedelt werden. Auch auf dem diplomatischen Parkett Europas konnte Katharina II. Erfolge erzielen. Durch ihre Vermittlerrolle im Frieden von Teschen wurde der bayerische Erbfolgekrieg beendet, während des Unabhängigkeitskrieges der USA brachte sie eine gegen England gerichtete Koalition für bewaffnete Neutralität zum Schutz des neutralen Handels zustande.

Bedeutung

Sie war die einzige Regentin, welcher in der Geschichtsschreibung der Beiname die Große verliehen wurde. Ihr haftet zudem bis heute der Ruf an, machtgierig, kriegslüstern, selbstherrlich und sexbesessen gewesen zu sein. Demgegenüber steht das Bild einer ehrgeizigen und verantwortungsvollen Regentin. Nicht nur ihre ausführliche Lektüre, auch die Korrespondenz mit den Denkern jener Zeit zeugen von einer Ernsthaftigkeit, mit der sie ihre Aufgabe wahrnahm. Sie holte Meinungen und Ratschläge von ihren Ministern ein, veranlasste die Gründung von Kommissionen und soll für Kritik und Vorschläge offen gewesen sein.

Liebhaber

Zarin Katharina II., Öl auf Leinwand, um 1780

Offiziell sind mehr als zwanzig Liebhaber bekannt, hinzu kommen noch unzählige sexuelle Kurzliebschaften. Die meisten langfristigen Beziehungen gingen nach wenigen Jahren zu Ende. Das Besondere an Katharina II. war jedoch, dass sich nur die wenigsten ihrer Liebhaber in die Politik der Kaiserin einmischen durften, obwohl sie es oft versuchten. Trotzdem wurde keiner ihrer Liebhaber nach der Trennung verfolgt, bestraft oder benachteiligt, im Gegenteil: Die meisten von ihnen bekamen von Katharina großzügige Geschenke.

Unter den Liebhabern und Günstlingen Katharinas ragen einige hervor:

  • Graf Saltykow, ihr erster Liebhaber und wahrscheinlicher Vater ihres Sohnes Paul.
  • Stanislaus II. August Poniatowski, wurde durch Katharinas Unterstützung König von Polen. Er war vermutlich der Vater von Anna.
  • Graf Grigori Orlow, der zusammen mit seinem Bruder Alexei maßgeblich am Sturz des Zaren Peter III. beteiligt war. Er schenkte später Katharina den berühmten, nach ihm benannten Orlow-Diamanten, der in das Zepter der russischen Zaren eingesetzt wurde.
  • Fürst Potjomkin, er machte eine steile Karriere im Staatsdienst, war Mitglied des Reichsrates und Präsident des Kriegskollegiums. Potjomkin baute die Schwarzmeerflotte auf und gründete die Städte Sewastopol und Cherson. Er gilt als ihre große Liebe. Die beiden sollen sogar heimlich geheiratet haben.
  • Fürst Platon Alexandrowitsch Subow, Katharinas letzter Liebhaber. Als sie am 17. November 1796 im Alter von 67 Jahren starb, war er noch nicht einmal 40 Jahre alt.

Literatur

  • Johann Gottfried Seume: Über das Leben und den Charakter der Kaiserin von Russland Katharina II. : Mit Freymüthigkeit und Unparteylichkeit . - Altona [i.e. Leipzig] : [Goeschen] , 1797.
  • Konstantin Jireček: Poselství republiky Dubrovnické k císařovně Kateřině v roce 1771, 1893
  • Reinhold Neumann-Hoditz, Katharina II. die Große. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten., Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek, ISBN 3-499-50392-1
  • Dieter Wunderlich: Vernetzte Karrieren. Friedrich der Große, Maria Theresia, Katharina die Große, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2000, ISBN 3-7917-1720-0, 286 S., 17 Abb.
  • Katharina die Große/Voltaire: Monsieur - Madame Manesse Verlag, ISBN 3-7175-8186-4
  • Katharina die Große - Kaiserin von Russland, Hans Kneifel, Weltbild
  • Jekaterina, Anatoli Marienhof, Rowohlt Taschenbuch Verlag, ISBN 3-499-23786-5
  • Vincent Cronin - Katharina die Große, Piper Verlag, ISBN 3-492-24831-4
  • Alina Chernova: Mémoires und Mon Histoire. Zarin Katharina die Große und Fürstin Katharina R. Daschkowa in ihren Autobiographien, Frank u. Timme Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86596-121-1.

Filme

Zahlreiche Filme wurden über Katharina die Große produziert, darunter Die junge Katharina, ein in den USA hergestellter Film von 186 Minuten Länge.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Falls nicht anders angegeben, beziehen sich alle Daten auf den – damals in Russland nicht gebräuchlichen – Gregorianischen Kalender.

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