Kastell Pförring

Kastell Pförring
Kastell Pförring
Alternativname Celeusum
Limes ORL 75 (RLK)
Strecke (RLK) Rätischer Limes,
Strecke 15
Datierung (Belegung) Anfang des 2. Jahrhunderts
bis um 233 n. Chr. (?)
Typ Alenkastell
Einheit Ala I Flavia singularium civium Romanorum pia fidelis
Größe ca. 194 × 201 m = 3,9 ha
Bauweise a) Holz-Erde
b) Steinkastell
Erhaltungszustand deutlich erkennbare, bis zu 5 m hohe Böschung, stark verfallene Reste des Osttores und des nördlichen Eckturms.
Ort Pförring
Geographische Lage 48° 49′ 6,5″ N, 11° 40′ 56,5″ O48.81847222222211.682361111111370Koordinaten: 48° 49′ 6,5″ N, 11° 40′ 56,5″ O
Höhe 370 m ü. NHN
Vorhergehend Kastell Kösching (westlich)
Anschließend Kastell Unterfeld (östlich)
Kastell Eining (östlich)
Vorgelagert Kleinkastell Güßgraben (nordwestlich)
Kleinkastell am Hinteren Seeberg (nordwestlich)

Das ehemalige römische Kastell Pförring (antiker Name Castrum Celeusum) liegt heute rund 900 m nördlich in der Flur vor dem bayerischen Markt Pförring im Landkreis Eichstätt und wurde als Standort einer berittenen römischen Einheit zur Sicherung des Donauüberganges errichtet. Dieser Übergang findet im Nibelungenlied als ze Vergen Erwähnung.[1]

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Kastell in seiner Lage zum Limes

Der ehemalige Kastellplatz, auch als Biburg bekannt, liegt auf einem fast quadratischen kleinen Plateau am nordöstlichen Rand des Kelsbachtales und hebt sich mit seinen Böschungen deutlich in der Landschaft ab. Angepflanzte Bäume und Büsche deuten zusätzlich die ehemalige Umwehrung an. Neben der Porta Praetoria, dem Nordwesttor dieses Lagers, befindet sich heute ein alter baumumstandener Bierkeller. Im Süden liegt die Donauniederung, im Westen fließt der Kelsbach vorbei, der in seinem Namen noch an den antiken Ort erinnert. Vom Nordwesttor konnte das römische Militär die zum Kastell Eining führende Fernstraße einsehen. Das Pförringer Gebiet war schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. Eine Kontinuität bis in römische Zeit konnte im Bereich des Militärlagers und seines Dorfes bisher nicht ausgemacht werden.

Forschungsgeschichte

Kastell Pförring nach historischen und neuen Befunden.

Bereits im 16. Jahrhundert wurden Gelehrte auf die Biburg aufmerksam. So war bereits Johannes Aventinus (1477–1534) ein heute in München aufbewahrter Weihestein bekannt, der neben der keltischen Pferdegöttin Epona auch die Campestres nennt, die von den römischen Legionären als Göttinnen des Exerzierplatzes angesehen wurden.

1838 wird berichtet, dass die Torzufahrten, Wälle und Gräben noch gut sichtbar sind und viele Münzen, insbesondere aus der Regierungszeit des Kaisers Hadrian (117–138), gefunden wurden.[2] Bereits zuvor und auch später gruben Laien im Areal, wie der Gastwirt Ignaz Busch, der 1843 die Bauinschrift an der Porta Decumana entdeckte. Doch erst durch die Reichs-Limes-Kommission (RLK) fanden genauere Grabungen statt. Der rund 194 × 201 Meter große Kastellplatz orientierte sich mit seiner Breitseite nach Nordwesten in die Richtung des antiken Straßenverlaufes. Die Ausgräber stellten einen umlaufenden, an den vier Toren aussetzenden Doppelspitzgraben fest, sondierten die Lage der vier Ecktürme und Tore und nahmen anschließend die Principia (Stabsgebäude) in näheren Augenschein. Insgesamt blieben aber auch die Principia bis auf das Fahnenheiligtum (Sacellum oder Aedes) weitgehend unerforscht.

Der Fund tönerner Schleudergeschosse erlaubt einen Einblick in die zusätzliche Bewaffnung der Truppe.

Der Kastellplatz wird heute noch landwirtschaftlich genutzt. In seinem Innern haben seit 1893 keine Grabungen mehr stattgefunden. Die ehemals restaurierten Reste des Osttors und des nördlichen Eckturms sind wieder stark zerfallen. Die Anlage und der Vicus werden jedoch immer wieder erfolgreich überflogen. 2005/06 wurden Magnetfeldmessungen an Teilen des Kastells vorgenommen und 2007 diese Forschungen auf den Nordosten des Vicus ausgedehnt. Das gesamte unbebaute Gelände von Kastell und Lagerdorf ist heute durch die intensive Landwirtschaft, Erosion und anhaltende Raubgrabungen bedroht.[3]

2009 fanden Grabungen des Ingolstädter Unternehmens Pro Arch unter der Leitung von Dr. Jan Weinig im Bereich des Nordosttores statt. Im Anschluss an diese Grabungen ist geplant, das ganze Areal für Besucher zu erschließen. Dazu werden Parkplätze und Wege angelegt. Von den antiken Bauresten soll so wenig wie möglich sichtbar gemacht werden, die eigentliche Hauptattraktion wurde von einem Architekten geplant und besteht in einem Stahlgerüst, das am Nordostzugang des Kastells aufgestellt wird und ein römisches Tor nachahmt.[4]

Baugeschichte

Die Besatzung wird wohl durchgehend die in dem am 30. Juni 107 in Weißenburg ausgestellten Militärdiplom genannte Ala I Flavia singularium civium Romanorum pia fidelis gewesen sein. Sie soll zu Beginn des 2. Jahrhunderts das erste Holz-Erde-Kastell errichtet haben. Diverse Funde, vor allem Terra Sigillata, konnten in diese Zeit datiert werden.

Aufgrund der 1843 auf einem Acker aufgefundenen Bauinschrift ist bekannt, dass die Ala das Kastell im Jahr 141 in Stein ausgebaut hat. Die Reichs-Limes-Kommission konnte feststellen, dass die Wehrmauer aus Kalkstein gut 1 m stark gewesen ist und ein hölzerner Wehrgang im Inneren bestand. Zwischentürme wurden nicht entdeckt. Die Rundbögen der vier Doppeltore hatten die Erbauer aus vulkanischem Tuffstein gehauen. Aus den Überresten der Tore selbst konnte ersehen werden, dass sie aus 16 cm starken eisenbeschlagenen Bohlen bestanden hatten.[5]

Umwehrung

Die heute noch bis zu fünf Meter hohe Böschung wurde speziell für die Anlage hergerichtet. Im Südwesten und Südosten des Kastells sind Terrassierungen festgestellt worden, die möglicherweise mit vorbereitenden Planierungen der Kastellfläche zu tun haben. Im Südwesten des Areals konnten solche Gründungsmaßnahmen nachgewiesen werden.[3] Vor der Böschung stellte man drei Spitzgräben fest. Bis 2007 konnten diese dabei nur an der Nordostseite genauer analysiert werden. Sowohl der äußere als auch der innere Graben setzen vor dem Nordosttor aus, während der mittlere nur über eine hölzerne Brücke passiert wurde.[3] Bei den 2009 unternommenen Ausgrabungen am Nordosttor wurden unter anderem die Reste einer Steintafel aufgedeckt.[4] Wie in dieser Zeitstellung üblich, sind die vier Ecken der rund 194 × 201 m (= 3,9 ha) umfassenden rechteckigen steinernen Wehrmauer abgerundet (Spielkartenform). In jeder stand ein Wachturm. Zwischentürme sind unbekannt. Alle vier Tore des Lagers waren mit Doppeldurchfahrten ausgestattet und von je zwei Türmen flankiert.

Innenbebauung

Die Principia, das Stabsgebäude, war nach Nordwesten ausgerichtet. Hier befand sich die Prätorialfront, welche auf die wahrscheinlichste Angriffsrichtung eines möglichen Gegner wies. Der Aufbau der Principia folgte weitgehend dem üblichen Schema. Dem eigentlichen Gebäude war eine große Mehrzweckhalle vorgelagert, die mittig über der Via principalis stand. Diese Straße verband in Pförring das Südwest- mit dem Nordosttor. Dahinter gruppierten sich um einen offenen Innenhof die Dienst- und Verwaltungsräume. Mittig, im hinteren Teil der Principia, befand sich das Fahnenheiligtum sowie die Truppenkasse. Dieses Heiligtum war in Celeusum mit einer halbrunden Apsis ausgestattet. Die Ausgestaltung des Heiligtums mit Apsen war in den römischen Kastellen speziell im germanischen Raum seit Mitte des 2. Jahrhunderts üblich geworden.[6] Die Apsis von Pförring wölbt sich nicht, wie oft am Obergermanisch-Raetischen Limes beobachtet, aus dem Baukörper hinaus, sondern ist für den außenstehenden Betrachter unsichtbar in die Anlage integriert, wie dies ähnlich beim Kleinkastell „In der Harlach“ noch heute zu sehen ist. Im Stabsgebäude wurden Haar- und Gewandreste einer Großbronze aufgefunden, die in die Zeit zwischen 150/250 n. Chr. datiert werden.[7]

Westlich, neben der Principia lag ein sich an ihrer Flanke entlangstreckender Bau, der erstmals durch Luftbilder bekannt wurde. In seiner Art erinnert er an die in diesem Bereich üblichen Speicherbauten (Horreum). Östlich stellte die Magnetometerprospektion einen großen, komplexen Baukörper fest, der zu den Überresten des Kommandantenhauses (Praetorium) gehören könnte. Bekannt sind heute auch viele Einzelheiten über die in verputzter Fachwerkbauweise errichteten länglichen Mannschaftsbaracken und Ställe. Im Vorderlager (Praetentura), dem zwischen Prätorialfront und den Principia gelegenen Lagerbereich befanden sich längs der Via Praetoria, der vom Stabsgebäude zum Nordwesttor führenden Hauptstraße, je zwei Mannschaftsunterkünfte mit den Stirnseiten zur Straße hin. Die nördlicheren zwei waren als Doppelbaracken für Ross und Reiter ausgeführt, gefolgt von zwei Baracken normaler Größe. Das gleiche Bild bot sich in der Retentura, dem rückwärtigen Lagerareal südlich des Stabsgebäudes. Zur Wehrmauer hin, jetzt die dort ausfallende Via decumana wieder mit der Schmalseite flankierend, waren zwei Doppelbaracken errichtet worden. Davor konnte das Magnetometer zumindest eine Einfachbaracke östlich der Via decumana deutlich ausmachen. Die westlich in der Messung erkennbaren grubenartigen Anomalien machen auch dort eine Mannschaftsunterkunft wahrscheinlich, was dem Normschema zeitgleicher Kastelle entsprechen würde. Weitere längliche Baracken für die Truppe wurden im Bereich der äußeren Latera, dem Lagermittelteil, auf dem sich auch die Principa, das Horreum und das Praetorium befand, gemacht. Hier sind die Unterkünfte mit ihren Längsseiten an der das Kastellinnere umgebenden Via sagularis, der Lagerringstraße, errichtet worden. Dort befinden sich noch weitere Strukturen, welche zu Werkstätten (Fabrica) und anderen in einer Kaserne benötigten Bauten gehören müssen.

Fragmentarische Kopie einer Ehreninschrift für Kaiser Caracalla (211 bis 217). Das Original ist verloren.[8]

Man nimmt an, dass Kaiser Caracalla 213 das Lager besucht hat. Darauf weisen die Überreste einer Kalksteinplatte hin, auf der ursprünglich 9 cm hohe vergoldete Buchstaben aus Bronzeblech befestigt waren. Diese Platte wird als Teil einer Ehreninschrift für den Kaiser angesehen.[9] Solche Inschriften mit eingelegten Buchstaben wurden an vielen anderen Kastellplätzen des Limes ebenfalls aufgedeckt. Beispielsweise in Pfünz und am Schirenhof.

Das Ende des Lagers wird im Alamannensturm des Jahres 233 gesehen. Ein leider unvollständiger Schatzfund endet mit einer Münze aus der Regierungszeit des Kaisers Severus Alexander (222–235), doch könnte das Ende auch wesentlich später gekommen sein.

Gemeinsam mit dem Kastell entstand um 80 n. Chr. eine Römerstraße, die sich bis heute westlich von Pförring bis Kösching sehr gut verfolgen lässt.

Bauinschrift

Bauinschrift

Die Bauinschrift aus dem Jahr 141 lautet:

Imp(eratori) Caesari divi
Hadriani fil(io) divi Tr(aiani)
nepo(ti) Tito Ael(io) Hadri
ano Antonino Aug(usto)
Pio pontif(ici) maximo
p(atri) p(atriae) consul(i) III tribun(icia)
pot(estate) IIII ala I singular(ium)
p(ia) f(idelis) c(ivium) R(omanorum)

Das Original dieser Inschrift befindet sich heute an der Sebastianskapelle in Pförring.

Kastellbad

Das 150 Meter südöstlich des Kastells gelegene, mit Fresken ausgestattete Bad, wurde bereits 1823 zerstört.[9]

Vicus, Tempel und Gräber

Wie der Kastellplatz ist auch das Gelände des Lagerdorfes bis heute unbebaut. Nach älteren Grabungen wurde speziell beim Bau der Umgehungsstraße 1978 ein Teil des westlich vom Kastell gelegenen Lagerdorfes (vicus) mit seinen diversen Steinbauten untersucht.[9] Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass die aufgefundenen großen und repräsentativen Gebäude in ihrer Zahl und in ihrem Umfang den Eininger Befund deutlich übertreffen,[10] was auf die Größe und Wichtigkeit von Pförring schließen lässt. Die anhaltenden Untersuchungen am Kastell konnten auch viele Gebäudereste im Südosten und im Nordosten des Kastells ausmachen.

Bei den bisherigen Ausgrabungen wurde in einem Tempel Silbergeschirr geborgen und Anfang der 1980er-Jahre im Osten eine Töpferei aufgedeckt. Nahebei konnten frühgeschichtliche Gräber beobachtet werden. Bekannt sind neben der Bauinschrift in der Mauer des Kirchhofs von Pförring auch zwei Grabsteine und ein Steinrelief, das Romulus und Remus darstellt. Alle drei Stücke befinden sich heute an der Sebalduskapelle bei der Pfarrkirche. Die übrigen Funde wurden in die Archäologische Staatssammlung nach München und zum ur- und frühgeschichtlichen Museum Eichstätt verbracht.[1] Im Nordosten wurde festgestellt, dass der Vicus einen unbebauten Abstand von rund 60 Metern zum Kastell einhält.[11] Erst hinter einer das Lager umgehenden Straße, die parallel zur Wehrmauer von Südosten nach Nordwesten verläuft, beginnt an dieser Stelle das Dorf. An der Nordecke des äußeren Kastellgrabens knickt die genannte Trasse nach Südwesten ab und führt dann an der Nordwestfront des Kastells vorbei zur Heerstraße nach Kösching. Im Süden läuft sie am Kastellbad vorbei.

Durch die anhaltende regelmäßige landwirtschaftliche Nutzung wurden in der Vergangenheit auch immer wieder Brandgräber, die sich unter anderem im Norden an das Kastell anschließen, angeackert. Rund 300 Meter nordöstlich der militärischen Anlage, bereits außerhalb des Vicus, lag beiderseits der aus dem Kastell führenden antiken Trasse nach Castra Abusina (Eining) ein weiteres zu Pförring gehörendes Gräberfeld. Die auf diesem Platz gemachten Grabfunde lassen auf einen hohen Lebensstandard der Vicusbewohner schließen. Unter den aufgefundenen Urnen waren auch sogenannte Gesichtsurnen.[12] 1979 konnte nahe der Römerstraße mithilfe der Luftbildarchäologie das Fundament eines Grabturmes angesprochen werden. Grabtürme sind ebenfalls als Monumente des gesellschaftlichen Ansehens und Wohlstands einer Familie anzusehen.[10]

Vorgeschichtliche Befestigungen

Rund 400 m nordwestlich des Kastells lag an einem sanft nach Westen abfallenden Lößhang eine rund 60 × 60 m große vorgeschichtliche Befestigungsanlage, die ein verschobenes Quadrat bildet und von drei Parallelgräben umgeben war. Anhand von Luftbildern nimmt man an, dass sie als Spitzgräben ausgeführt worden sind. Die Ausrichtung dieser Annäherungshindernisse ist ungefähr Nord-Süd sowie Südost-Nordwest. Die Forschung geht davon aus, dass das Werk wohl aus der Hallstattzeit stammt und zum Typus der damaligen befestigten Herrenhöfe gehörte. In römischer Zeit wurden auf dem inzwischen völlig eingeebneten Untergrund einer Grabenecke zwei hintereinander liegende Steingebäude ausgeführt, von denen das eine fast quadratische Formen aufweist, während das andere eine längliche Form mit mindestens zwei deutlich getrennten Räumen besitzt. Wahrscheinlich gehörten diese Gebäude noch zum Vicus des Kastells. Zerfurchungen, welche die vorgeschichtliche Anlage ebenfalls am Rand stören, könnten für Lehmgruben einer naheliegenden römischen Ziegelei oder Töpferei sprechen.[13]

Mit der geomagnetischen Prospektion des Kastellinneren in den Jahren 2005/2006 wurden auch im Bereich der Retentura vorgeschichtliche Strukturen deutlich. Deutlich zeigte das Meßbild eine von einem Doppelgraben umgebene, rund 40 x 80 Meter umfassende ovale Anlage, die mit ihrer Längsseite fast genau in Nord-Südrichtung ausgerichtet ist und nördlich nahe an das römische Fahnenheiligtum herankommt. Fassbinder geht von einem endneolitischen beziehungsweise altheimerzeitlichen Erdwerk aus. In späterer Zeit, das Erdwerk war entweder schon vergangen oder wurde einplaniert, entstand an dieser Stelle ein mit einem Doppelgraben umgebener Hof, der in seiner Ausdehnung die alte Anlage problemlos in sich aufnahm. Von ihm wurde 2007 nur der nördliche Teil bekannt. Dieser stößt mit einer abgerundeten Grabenpitze, die bis unter den Innenhof der Principia reicht, in nordwestliche Richtung und könnte, wie sein 400 m entferntes nördlicheres Gegenstück, als Gesamtanlage ebenfalls eine verschobene rechteckige Form bilden. An seiner nord-nordwestlich ausgerichteten Flanke befindet sich innerhalb der Umfriedung ein wesentlich kleineres Grabenwerk, das Fassbinder als eventuellen hallstattzeitlichen Herrenhof ansah. Diese ebenfalls von einem Doppelgraben umgebene rechteckige Anlage ist mit ihrer Längsseite fast genau in Nord-Süd-Richtung orientiert. Sie übernimmt im Westen den Graben der großen Anlage und überlappt im Osten bis zur Hälfte das Oval der ältesten Siedlungsstelle. Inwieweit diese kleine Anlage und das größere Grabenwerk zeitgleich oder aufeinanderfolgend sind, könnte nur eine Ausgrabung unter dem römischen Horizont klären.[14]

Nachkastellzeitliche Nutzung

Während der Völkerwanderung wurde Pförring für vereinzelte Bestattungen genutzt. So fanden sich im ältesten Vicusbereich 1977 drei nachrömische Bestattungen, die aus einem Mann mit sehr wenigen, schlichten Beigaben sowie einer zwei Meter entfernten Grube bestand, die zwei Pferdeskeletten enthielt. Eine Neubesiedlung des Ortes ließ sich aus diesen Einzelfunden jedoch nicht erschließen. Der guterhaltene antike Bestand des Kastells ist auf die erneute Nutzung als Wehrbau im Mittelalter zurückzuführen.[15] Dies zeigt, dass zumindest der Mauerring des Lagers nach dem Limesfall noch in einem mehr oder minder gutem Zustand gewesen sein muss. Im Mittelalter wurde eine 8 × 12 m Meter große rechteckige Kapelle mit halbrunder Apsis im Inneren der einstigen, an die Principia angeschlossenen Mehrzweckhalle, errichtet. Sie lag, die Apsis ausgerichtet nach Osten, im Bereich der ehemaligen nordöstlichen Stirnseite des Gebäudes und nimmt keinerlei Rücksicht auf die antiken Baustrukturen.[16]

Pförring im Nibelungenlied

Das Nibelungenlied erwähnt den Donauübergang beim Kastell als ze Vergen (bei den Fährleuten). Danach kommen die Burgunderfürsten Giselher und Gunther, die ihre Schwester Kriemhild auf ihrer Brautfahrt zu König Etzel begleiten, über die Römerstraße am alten Kastellplatz, der während des Mittelalters aufgrund der Weiternutzung noch deutlich sichtbar war, vorbei zum Fluss.[5]

Truppe und Offiziere

Die Ala I Flavia singularium civium Romanorum pia fidelis war eine rund 500 Mann starke Reitertruppe. Auch über Offiziere gibt es Hinterlassenschaften. So fand sich 1903 beim Umbau der Pfarrkirche eine von zwei nackten gefügelten Knaben gehaltene, heute noch 1,22 × 0,5 Meter große Grabinschrift, die einst zu einem entsprechenden Monument gehört hat und sich heute wie die Bauinschrift an der Sebastianskapelle in Pförring befindet. Genannt wird der Decurio (Rittmeister) Primus Saturninus und dessen Frau, Julia Victorina. Dieser Decurio hatte einst im Kastell Weißenburg gedient und sich im ausgehenden 2. Jahrhundert n. Chr.[17] in Pförring wohl zur Ruhe gesetzt.

Grabinschrift des Primus Saturninus
Prim(us) Saturninus
ex dec(urione) al(ae) Auri(anae) m(issus) h(onesta) m(issione)
Iul(iae) Victorinae uxo(ri)
Prim(ae) Saturninae / [ ---

Übersetzung:

Primus Saturninus, ehemaliger ehrenvoll entlassener Rittmeister der Ala Auriana hat seiner Ehefrau Julia Victorina ...

Auch der Name eines Kommandeurs (Praefectus Alae) der Ala I Flavia singularium civium Romanorum pia fidelis, Aelius Bassianus, blieb auf einem Altar für die Campestres und die keltische Pferdegöttin Epona erhalten.[18]

Campest(ribus) et
Eponae ala I
sing(ularium) p(ia) f(idelis) c(ivium) R(omanorum) qui prae(est)
Ael(ius) Bassianus
praef(ectus) v(otum) s(olvit) l(ibens) l(aetus) m(erito)

Übersetzung:

Für die Göttinen des Manöverplatzes und Epona, hat die Erste Ala Flavia Singularium römischer Bürger, zuverlässig und treu, die Aelius Bassianus befehligt, ihr Gelübde gern, freudig und nach Gebühr eingelöst.

Denkmalschutz

Das Kastell Pförring und die erwähnten Anlagen sind geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-786-12347-0, S. 321ff.
  • Karlheinz Dietz in: Wolfgang Czysz u.a.: Die Römer in Bayern. Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-11-6, S. 499f.
  • Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes. 4. Fachkolloquium der Deutschen Limeskommission 27./28. Februar 2007 in Osterburken. Theiss, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8062-2251-7, (= Beiträge zum Welterbe Limes, 3), S. 153−171, insbesondere S. 167−169.
  • Jörg Fassbinder, C. Sebastian Sommer, Karin Berghausen: Magnetometerprospektion des Reiterkastells Celeusum bei Pförring. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2006 S. 94–97.
  • Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2
  • Thomas Fischer, Erika Riedmeier Fischer: Der römische Limes in Bayern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7917-2120-0

Grabungsbericht der Reichs-Limes.Kommission:

Weblinks

 Commons: Kastell Pförring – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Walter E. Keller, Walter Grabert: Die Römer am Limes. 5. überarbeitete Auflage, Verlag Walter E. Keller, Treuchtlingen 1998, ISBN 3-924828-49-0, S. 85.
  2. Franz Xaver Mayer: Monographien, oder topographisch-historische Ortsbeschreibungen des Landgerichtsbezirkes Ritenburg in der Oberpfalz. In: Verhandlungen des historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. Ch. Ernst Brenck’s Wittwe, Regensburg, 1838. S. 254.
  3. a b c Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Kommissionsverlag – Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8062-2251-7. S. 167.
  4. a b Josef Feldmann: Pförringer Kastell wird zugänglich. Donaukurier vom 30. November 2009. [1]. Abgerufen am 28. Juli 2010.
  5. a b Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel: Der Limes. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1461-1, S. 134.
  6. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 152.
  7. Martin Kemkes: Das Bild des Kaisers an der Grenze – Ein neues Großbronzenfragment vom Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Forschungen zur Funktion des Limes, Band 2. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2117-6, S. 144.
  8. CIL 03, 11921
  9. a b c Jochen Garbsch: Pförring/Celeusum. In: Walter Sölter (Hrsg.): Das römische Germanien aus der Luft. 2. Auflage, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1983, ISBN 3-7857-0298-1, S. 42.
  10. a b Rainer Christlein, Otto Braasch: Das unterirdische Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-8062-0855-7, S. 240.
  11. Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Kommissionsverlag – Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8062-2251-7. S. 168.
  12. Peter Kolb: Die Römer bei uns. Museums-Pädagogisches Zentrum München, München 2006. ISBN 3-934554-02-4. Abb. S. 91.
  13. Rainer Christlein, Otto Braasch: Das unterirdische Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-8062-0855-7, S. 138.
  14. Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Kommissionsverlag – Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8062-2251-7. S. 168-169.
  15. Thomas Fischer, Erika Riedmeier Fischer: Der römische Limes in Bayern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008. ISBN 978-3-7917-2120-0. S. 146
  16. Jörg Fassbinder: Neue Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion am Obergermanisch-Raetischen Limes. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Neue Forschungen am Limes, Band 3. Kommissionsverlag – Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8062-2251-7. S. 169.
  17. Konrad Kraft: Zur Rekrutierung der Alen und Kohorten an Rhein und Donau, Francke, Bern 1951. S. 75.
  18. CIL 03, 05910

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