Kastell Kumpfmühl

Kastell Kumpfmühl

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Kastell Kumpfmühl
Limes ORL NN (RLK)
Strecke (RLK) Raetischer Limes, Donaulinie
Datierung (Belegung) um 80 n. Chr.,
bis spätestens 172 n. Chr.
Typ Kohortenkastell
Einheit Cohors III Britannorum equitata,
ab 107/116: Cohors II Aquitanorum equitata
Größe a) 2 ha
b) 2,86 ha
Bauweise a) Holz-Erde-Kastell
b) Steinkastell
Erhaltungszustand Bodendenkmal
Ort Regensburg-Kumpfmühl
Geographische Lage 49° 0′ 0″ N, 12° 4′ 50″ O4912.080555555556Koordinaten: 49° 0′ 0″ N, 12° 4′ 50″ O
Vorhergehend Kleinkastell Weltenburg-Galget (westlich)
Anschließend Kastell Straubing (östlich)

Das Kastell Kumpfmühl ist ein römisches Kastell das um 80 n. Chr. errichtet wurde und in den Markomannenkriegen, spätestens im Jahr 172, zu Grunde ging. Seine Reste liegen südlich der Innenstadt von Regensburg im heutigen Stadtbezirk Kumpfmühl-Ziegetsdorf-Neuprüll.

Inhaltsverzeichnis

Kastell- und Vicusgeschichte

Im Zuge der römischen Okkupation des Landes bis zur Donau (Provinz Raetia) wurde um die Jahre 79/81 ein Kastell eingerichtet, das die Grenze an der Donau deckte. Sein Name zur Römerzeit ist nicht bekannt. Wie andere Anlagen auch war es ursprünglich als Holz-Erde-Bau ausgeführt und wurde im 2. Jahrhundert in Stein ausgebaut sowie von 2 auf 2,86 ha erweitert.

Im Osten und Süden der Militäranlage entstanden zivile Ansiedlungen (Vici) mit Häusern aus Holz und Stein (Streifenhäuser) und den üblichen Gebäuden wie Rasthaus (mansio) und Kastellbad. Es gab Ziegeleien, Töpfereien und metallverarbeitende Werkstätten. Gräberfelder waren wie üblich an den Ausfallstraßen angelegt. Auf dem Bahngelände im Norden wurde der größte römische Friedhof in Deutschland entdeckt, in dem sich auch der Grabstein einer Sarmannina fand. Mit der Zeitstellung um 400 n. Chr. handelt es sich um die älteste bezeugte Christin Raetiens.[1] Gleichzeitig entstand 1,5 km weiter nördlich, am rechten Ufer der Donau, eine andere Siedlung, die vermutlich zu einem weiteren Kastell gehörte, von dem bisher nichts gefunden werden konnte, weil es später vom zivilen Bereich des Legionslagers (Canabae legionis) überbaut wurde.

Lager wie zivile Siedlung gingen in den Markomannenkriegen (166–180 n. Chr.) unter, bezeugt durch Brandschichten, die allenthalben von militärischen Ausstattungsgegenständen durchsetzt sind. Die Wichtigkeit des Platzes geht daraus hervor, dass nicht etwa das Kastell neu errichtet wurde, sondern die Legio III Italica, die bisher an anderen Orten der Provinz stationiert war, hier etwa 175 ihr Lager zu bauen begann. Möglicherweise kam es zum Untergang ganz früh nach 166, bei Streifzügen der Germanen noch vor dem Einsetzen der eigentlichen Kämpfe, wie aus dem Münzfund hervorgehen könnte. Andere Funde beweisen den Zerstörung spätestens im Jahr 172.

Die Reste des Kastells sind erst 1927 entdeckt worden. 1994 wurde es von Andrea Faber umfassend veröffentlicht, doch haben spätere Grabungen ergeben, dass es sich um 44 m weiter nach Westen erstreckte als von ihr angenommen worden war.

Truppe

Belegt war das Kastell, wie durch Inschriften und Ziegelstempel nachgewiesen ist, von wechselnden Auxiliareinheiten, von denen die Cohors III Britannorum equitata (3. teilberittene Kohorte der Briten) und die zwischen 107 und 116 aus dem obergermanischen Kastell Arnsburg nach Rätien verlegte Cohors II Aquitanorum equitata (2. teilberittene Kohorte der Aquitanier) bekannt sind, Einheiten von knapp 500 Mann, die zu etwa einem Viertel aus Kavallerie bestanden. Es wird angenommen, dass die Aquitanier bis zum Untergang des Kastells in den Markomannenkriegen vor Ort blieben. Möglicherweise baute diese Einheit im Anschluss das Kastell Dambach aus.[2]

Ein in Kumpfmühl entdeckter Ziegelstempel der Cohors III Thracum civium Romanorum equitata bis torquata ist wahrscheinlich aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen alleine oder auch mit einer Bauabteilung der Herstellereinheit dorthin gelangt.[3] Die Thraker lagen bis in die ersten Jahrzehnte des 2. Jahrhunderts in dem südlicher gelegenen Donaukastell Künzing.

Der Schatz von Kumpfmühl

1989 wurde bei Bauarbeiten im Westen des ehemaligen Kastells ein Depotfund aufgedeckt, an Münzen der größte in Süddeutschland.

1 Bronzekessel, in dem die übrigen Gegenstände sorgfältig verstaut gewesen waren
4 schwere goldene Fingerringe
2 goldene Anhänger, radförmig bzw. halbmondförmig
1 silbernes Miniaturgefäß
2 silberne Halsketten
1 Paar Armringe aus Silberblech
1 Paar Kolbenarmringe aus Silber
1 Paar Flügelfibeln aus versilbertem Bronzeblech, Herkunft: Noricum-Pannonien
Münzen: 25 aurei, 610 Denare, 2 Asse, 1 Quadrans

Es handelt sich offenbar um einen Familienschatz, etwa eines Offiziers und seiner Frau – geradezu um ein Musterbeispiel eines römischen Versteckfundes: wertvolles persönliches Eigentum (Geld und Schmuck) wurde sorgfältig, nicht in panischer Eile, verborgen, innerhalb der Befestigung, offenbar als längerfristige Sicherung.

Wie üblich ist die Datierung durch Münzen möglich, während geringe Keramikfragmente keine nähere Eingrenzung ermöglichen. Die Schlussmünze stellen acht typengleiche, sogar weitgehend stempelidentische Denare des Kaisers Mark Aurel von 166 dar, prägefrisch erhalten. Sie sind offenbar nie im Umlauf gewesen, sondern „ziemlich unmittelbar bei der Emission von 166 in den Boden gekommen“.[4] Gerade beim Charakter der Sicherung muss die Zerstörung des Kastells nicht unmittelbar gefolgt sein.

Denkmalschutz

Das Kastell Kumpfmühl und die erwähnten Anlagen sind geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Sarmaninnae ... martiribus sociatae“; Abbildung des Grabsteins bei Thomas Fischer S. 384
  2. Nicole Lambert, Jörg Scheuerbrandt: Das Militärdiplom: Quelle zur römischen Armee und zum Urkundenwesen. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2002. ISBN 3806217262. S. 54.
  3. Peter Schmid (Hrsg.): Geschichte der Stadt Regensburg. Band 1. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2000. ISBN 3791716824. S. 21.
  4. Overbeck, S. 65

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