Kastell Alzey

Kastell Alzey
Grundriss 406-425

Das Kastell Alzey, antiker Name Alteium[1], wurde zwischen 367 und 370 nach Christus unter dem weströmischen Kaiser Valentinian I. errichtet. Vorher existierte in Alzey bereits der römischer Vicus Altiaia, der im Jahr 352 von alemannischen Stämmen zerstört worden war.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mit bis zu 3,50 Meter dicken Mauern, die sich nach oben auf 2,8 bis 2,4 m verjüngten und etwa 12 Meter hohen Türmen stellte das valentinianische Kastell eine beachtliche Festung dar. Die ummauerte Fläche von 2,6 ha war mit 163,5 mal 159 m Kantenlänge annähernd quadratisch. Etwa 11 m vor der Wehrmauer war das Kastell durch einen 7,8 m breiten und etwa 3 m tiefen Spitzgraben zusätzlich geschützt. Für die Wasserversorgung verfügte das Lager über mindestens zwei Brunnen.[2] Kaiser Valentinian I. selbst besuchte das Kastell in den Jahren 370 und 373. Trotz aufwendiger Verteidigungsanlagen hielt sich die Festung zunächst nur wenige Jahre. 406 zerstörten Vandalen das bereits sechs Jahre zuvor verlassene Kastell.

Ab 407 wurden im Kastell erneut Truppen stationiert, allerdings keine römischen Soldaten, sondern ostgermanische Foederati. Vermutlich handelte es sich um burgundische Stämme, die zusammen mit weströmischen Truppen die Rheingrenze sicherten. Der Wiederaufbau des Kastells entsprach dementsprechend auch baulich nicht dem römischen Muster. Die Innenbebauung erfolgte teilweise als Fachwerk, doch wurden auch Teile der alten Bauten weitergenutzt. Der Graben wurde teilweise in einen 8 m breiten Sohlgraben umgearbeitet.[3] Die römische Föderation mit den Burgunden hielt etwa 20 Jahre, scheiterte aber am Machtstreben des burgundischen Königs Gundahar. Dieser wurde 436 von einem römisch/hunnischen Heer unter Flavius Aëtius vernichtend geschlagen. Die Burgunden wurden daraufhin von den Römern deportiert. Etwa zur gleichen Zeit endet auch die zweite Blütephase des Alzeyer Kastells. Die Festungsanlagen wurden (erneut) unbrauchbar gemacht und die burgundische Siedlung zerstört.

Wiederum 20 Jahre später wurde das Kastell vermutlich von den Alemannen besetzt. In dieser Zeit wurde wohl auch die Kastellkommandantur zu einer Saalkirche umfunktioniert, die das Fundament für die bis 1800 existierende St. Georgskirche der Stadt Alzey lieferte. Am Ende der dritten Periode wurde das Lager niedergebrannt. Seit dem 6. Jahrhundert sind Siedlungsspuren nur sehr vereinzelt zu finden.[3] Noch bis 1620 müssen eindrucksvolle Überreste des Kastells erhalten gewesen sein. Diese wurden, vermutlich von der Stadtbevölkerung, später abgetragen.

Ausgrabung

1906 wurden die Fundamente des Kastells wiederentdeckt und restauriert. Der Komplex der völkerwanderungszeitlichen Keramik dieser Ausgrabungen wird in der Forschung heute noch als Hilfsmittel zur Datierung anderer Fundplätze dieser Epoche herangezogen.[4] Heute ist die Ruine frei zugänglich und in der Nähe befindet sich das Gymnasium am Römerkastell. Mehrere Ausgrabungen im Kastellbereich wurden von dem Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Mainz vorgenommen.

Literatur

  • Eduard Anthes: Das Kastell Alzei. O.V., Darmstadt 1909. (Quartalsblätter des Historischen Vereins für das Grossherzogtum Hessen; 4,16).
  • Angelika Hunold: Der römische vicus von Alzey. Archäologische Schriften des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der Universität Mainz 5, Mainz 1997.
  • Peter Haupt, Patrick Jung (Hrsg.): Alzey und Umgebung in römischer Zeit. Alzeyer Geschichtsblätter Sonderheft 20, Alzey 2006.
  • Jürgen Oldenstein: Alzey. Siedlung und spätantikes Kastell. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Lizenzausgabe der Auflage von 1990, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-60-0, S. 302–303.
  • Jürgen Oldenstein: Kastell Alzey. Archäologische Untersuchungen im spätrömischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat. 2009 (Habilitationsschrift Universität Mainz 1992, PDF, 14,9 MB).
  • Wilhelm Unverzagt: Die Keramik des Kastells Alzei. 2. Nachdr. d. Ausg. Frankfurt a.M., 1916, Habelt, Bonn 1976, ISBN 3-7749-0686-6 (Materialien zur römisch-germanischen Keramik H 2).

Anmerkungen

  1. Codex Theodosianus 10, 4. 3.
  2. Jürgen Oldenstein: Kastell Alzey. Archäologische Untersuchungen im spätrömischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat. 2009 (Habilitationsschrift Universität Mainz 1992), S. 15–16.
  3. a b Jürgen Oldenstein: Kastell Alzey. Archäologische Untersuchungen im spätrömischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat. 2009 (Habilitationsschrift Universität Mainz 1992), S. 16–17.
  4. Wilhelm Unverzagt: Die Keramik des Kastells Alzei. 2. Nachdr. d. Ausg. Frankfurt a.M., 1916, Habelt, Bonn 1976, ISBN 3-7749-0686-6 (Materialien zur römisch-germanischen Keramik H 2).

Weblinks

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