Kaspar Schwenckfeld

Kaspar Schwenckfeld
Kaspar Schwenckfeld

Kaspar Schwen(c)kfeld von Ossig (* 1490 in Ossig bei Liegnitz; † 10. Dezember 1561 in Ulm) war ein deutscher Reformator und religiöser Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er entstammte einem alten Adelsgeschlecht, studierte unter anderem in Köln, wirkte dann an verschiedenen Orten als Hofjunker und schließlich als Rat beim Herzog von Liegnitz. Seit einem Besuch in Wittenberg im Jahre 1522 neigte er zum Protestantismus und bemühte sich um dessen Einführung in Liegnitz. Bald aber entwickelte er eine eigene Abendmahlslehre (1525). Dabei interpretierte er die Einsetzungsworte so, dass er sich gegen die von Luther entwickelte Realpräsenz stellte. Ferner predigte er das „innere Wort“ (1527) und stellte sich gegen die kirchliche Christologie und Luthers Lehre von der Rechtfertigung. Diese verstand er als einen religiös-sittlichen Prozess, sprach in der Weise der Mystiker von „geistlichem Fühlen“ der Gnade Gottes und berief sich auf fortwährende göttliche Eingebung. In der Summe ist Schwenckfelds Lehre dem Spiritualismus zuzuordnen. Nachdem er 1528 aus seiner Heimat verbannt worden war, lebte er 1529 bis 1534 in Straßburg, wo er unter anderem auf Sebastian Franck traf und lebte anschließend unter ständigen Verfolgungen in Schwaben, wo ihn Herzog Ulrich duldete, sowie am Rhein. In Esslingen fand er im Hause des Erbmarschalls Hans Konrad Thumb und seines Bruder Hans Friedrich Thumb besondere Unterstützung, die auch auf das württembergische Land, vor allem nach Stetten im Remstal, ausgriff.

Erstmals 1535 verbot der wiedereingesetzte Herzog Ulrich das schwenckfeldische Schrifttum; ein Schlichtungsversuch in Tübingen (Tübinger Konkordie) im gleichen Jahre brachte nur vorübergehend Ruhe. Schwenckfeld musste 1539 nach einer Auseinandersetzung mit dem (seit 1537) Obersten Praedikanten in Ulm und späteren Tübinger Theologieprofessor Martin Frecht (1494–1556) auf Befehl des Stadtrates auch aus Ulm weichen. 1540 wurde vom Schmalkaldischen Konvent der lutherischen Theologen seine Aburteilung beschlossen. Dennoch hatte dies für Schwenckfeld keine persönlichen Konsequenzen, da er einflussreiche Freunde hatte, etwa Michael Ludwig von Freiberg, der ihn 1540–1547 in seinem Schloss Justingen beherbergte.

Eine Zusammenfassung seiner Ansichten findet sich in dem Bekandtnus und Rechenschaft von den Hauptpunkten des christlichen Glaubens von 1547. Erst nach seinem Tod sammelten sich seine Anhänger, die nach ihm „Schwenckfeldianer“ genannt wurden, in Schlesien zu freikirchlichen Gemeinden. Unter dem Druck der Jesuiten wanderten viele 1725 in die Lausitz, wo Nikolaus Ludwig von Zinzendorf etliche von ihnen für die pietistische Herrnhuter Brüdergemeine gewann, andere emigrierten 1734 nach Maryland und Pennsylvania. Heute bestehen in und um Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania noch sechs Gemeinden der 1909 gegründeten Schwenkfelder Church (engl.), welche ca. 3.000 Angehörige zählen.

Werke

Die reichste handschriftliche Überlieferung zu Schwenkfeld finden wir in der Confession unnd Erklerung vom Erkandtnus Christi, von der nur der erster Teil gedruckt wurde (1541 in Frankfurt). Die Vorgeschichte dieses Werkes ergibt sich aus den Auseinandersetzungen mit seinen theologischen Gegnern: so veranlasste etwa Martin Frecht Vadian in St. Gallen, gegen Schwenckfeld zu schreiben. Kurz vor dem 12. Juni 1542 erreichte den Ulmer Stadtrat ein Schreiben Schwenckfelds mit der Bitte um Prüfung seiner Lehren; der Protokollant spricht dabei auch von einem zugesandten Buch und teilt mit, dass besprochen wurde, ob „die schrift unnd das Buch den predicanten zu zustoellen sey oder nit“. Am 30. Juni fordert der Rat tatsächlich die Prädikanten zur Stellungnahme auf, die zwar nicht erhalten ist, aber zweifelsfrei negativ ausfiel. Frecht selbst berichtet in einem Schreiben an Vadian, dass Schwenckfeld sein Buch auch nach Nürnberg, Straßburg und Augsburg sandte, wobei die Augsburger es nicht einmal entgegennahmen. Die für die Stadträte angefertigten Exemplare scheinen alle erhalten zu sein. Schwenckfeld hatte bereits ein frühes Exemplar an Melanchthon nach Wittenberg gesandt, das sich jetzt in der Lippischen Landesbibliothek Detmold befindet; ein anderes nach St. Gallen an Vadian (StB St. Gallen, 374); der Codex Cgm 959 der Bayerischen Staatsbibliothek war das Exemplar für den Nürnberger Stadtrat und trägt die alte Archivsignatur Stat. A. N. 17; die Tübinger Handschrift Md 3 jenes für Ulm. Das an die Zürcher Theologen geschickte Manuskript dieses Werks (vgl. den Begleitbrief Schwenckfelds vom 16. Jan. 1542) liegt in der Zentralbibliothek Zürich, Ms. Car. I 272 (und war den Herausgebern des Corpus Schwenckfeldianorum noch nicht bekannt).

Der Titel der Handschriften lautet übereinstimmend: Von der Herrlichait / Christi vnnd seinem erkannt / nus Rechenschafft des glaubens / unnd / Verantwurtung / Auf das ausschreiben der gelerten / Zu Schmalkald etc. / Unnd / Auf die ant[h]ilogia D. Vadiani / An den hochberühmten M. / Philippum Melanchton / Bestellt / Caspar Schwenckfeld

Werkausgabe

Corpus Schwenckfeldianorum. Leipzig, später Pennsburg (Pennsylvania) 1 (1907) – 19 (1961)

Literatur

  • Dictionnaire de spiritualité 14 (1990), Sp. 451–453 (A. Derville)
  • G. Bossert. In: Zeitschrift für württembergische Kirchengeschichte 32 (1929), S. 2–41
  • Ulrich Bubenheimer: Schwarzer Buchmarkt in Tübingen und Frankfurt: Zur Rezeption nonkonformer Literatur in der Vorgeschichte des Pietismus, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchngeschichte 13 (1994), S. 149–163
  • Paul Gerhard Eberlein: Ketzer oder Heiliger? Caspar Schwenckfeld, der schlesische Reformator und seine Botschaft. (= Studien zur Schlesischen und Oberlausitzer Kirchengeschichte 6). Ernst-Franz-Verlag, Metzingen 1999
  • Christian Friedrich David Erdmann: Schwenkfeld, Kaspar von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 33, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 403–412.
  • Ute Evers: Das geistliche Lied der Schwenkfelder. Schneider, Tutzing 2007, ISBN 978-3-7952-1222-3
  • Arno Mentzel-Reuters: Quellen zum Buchwesen der Schwenckfelder Gemeinden im 16. Jahrhundert, in: Gutenberg-Jahrbuch 1995, S. 311–318
  • Günter Mühlpfort: Schwenkfeld und die Schwenkfelder – ihr „Mittelweg“ als Alternative: von gewaltloser deutscher Radikalreformation zur amerikanischen Freikirche, in: Wegscheiden der Reformation. Alternatives Denken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, hrsg. v. Günter Vogler, Weimar 1994, S. 115–150
  • Selina Gerhard Schultz: Caspar Schwenckfeld von Ossig. Spirtual Interpreter of Christianity. Norristown (Penns.) 1947
  • Douglas H. Shantz: Crautwald and Erasmus. A Study in Humanism and Radical Reform in Sixteenth Century Silesia. Valentin Koerner, Baden-Baden 1992
  • Johann Nepomuk von Vanotti: Ein Beitrag zur Geschichte der Schwenkfeldischen Sekte in Würtemberg, mit einem Auszug aus dem Testamente Hans Pleykard von Freiberg zu Justingen aus dem Jahre 1605/6, in: Württembergische Jahrbücher für vaterländische Geschichte, Geographie, Statistik und Topographie, Jg. 1827, S. 200–218 (Digitalisat)
  • Franz Michael Weber: Kaspar Schwenckfeld und seine Anhänger in den freybergischen Herrschaften Justingen und Öpfingen. Stuttgart 1962

Weblinks

Siehe auch


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