Karoline Kaulla

Karoline Kaulla
Madame Kaulla, Ölbild eines unbekannten Malers

Karoline (Chaile) Kaulla, geborene Raphael (* 1739 in Buchau am Federsee; † 18. März 1809 in Hechingen), bekannt vor allem unter dem Namen Madame Kaulla, war zu ihrer Zeit eine der größten Hoffaktorinnen und galt als die reichste Frau Deutschlands.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karoline, hebräisch „Chaile“ Kaulla wurde als ältestes von sechs Kindern des jüdischen Gemeindevorstehers Isak Raphael und seiner Ehefrau Rebecca von Regensburg (später: Regensburger) geboren. Der Vater war Hoffaktor in Diensten des Hauses Hohenzollern-Hechingen. Karoline erhielt mit ihren Geschwistern eine Erziehung, wie sie in aufgeklärten Familien der jüdischen Oberschicht des 18. Jahrhunderts üblich war: Unterricht erteilte ein Hauslehrer.

Mit 18 Jahren wurde Karoline 1757 mit Kieve Auerbach (Akiba Auerbach) in Hechingen verheiratet, einem Mann, der sich ausschließlich mit dem Studium der Tora und des Talmud befasste und die wirtschaftliche Absicherung der rasch wachsenden Familie seiner Ehefrau überließ.[1]

Im Jahre 1768 erhielt sie als Neunundzwanzigjährige vom Fürsten zu Fürstenberg in Donaueschingen ihr Patent als Hoffaktorin „Kaula Raphael“. Aus der hier verwendeten Umschreibung „Kaula“ oder „Kaulla“ ihres deutschen Namens Karoline entstand ihr neuer, im Geschäftsleben der Zeit bald allgemein gebräuchlicher Familienname, der so erfolgreich war, dass ihn auch ihre Brüder und deren Nachkommen übernahmen. 1770 wird sie auf ihr Gesuch hin Herzoglich-Württembergische Hoffaktorin und damit Nachfolgerin des württembergischen Hoffaktors Joseph Süß Oppenheimer (1672–1738), der in Stuttgart hingerichtet worden war. Auch ihr ältester Bruder Jacob Raphael wurde 1780 für seine Person Hoffaktor in Donaueschingen, wo Karoline seit ihrer Ernennung ständig tätig war.

Von 1790 an betätigte sich die Firma Kaulla als Heereslieferant im großen Stil und erwarb innerhalb weniger Jahre ein beträchtliches Vermögen. Im Jahre 1797 erhielten sie den Hofschutz für die württembergischen Residenzen Stuttgart und Ludwigsburg, den der Herzog jedoch auf Protest aus der Stuttgarter Bürger- und Kaufmannschaft 1798 zurücknehmen musste.

Für Verdienste bei den Heereslieferungen an die kaiserlichen Armeen hatte Jacob schon 1801 den Titel eines Kaiserlichen Rats erhalten, und Madame Kaulla wurde 1808 von Kaiser Franz I. mit der großen kaiserlichen Zivilverdienstmedaille an der goldenen Kette geehrt.

Im März 1809 verstarb Karoline „Chaile“ Kaulla 70-jährig in Hechingen. Sie ist auf dem Jüdischen Friedhof in Hechingen beigesetzt; ihr eindrucksvolles Grabdenkmal ist erhalten.

In heutigen Worten ausgedrückt war sie eine charismatische Unternehmerpersönlichkeit, die es zur Hofbankière am Königlich Württembergischen Hof und zur Chefin des Wechsel- und Handelshauses Kaulla in Stuttgart brachte. Später wurde sie Mitbegründerin der Königlich Württembergischen Hofbank, die über mehrere Fusionen in den 1920er-Jahren in der Deutschen Bank aufging.

Sie soll eine sehr schöne, eindrucksvolle Frau gewesen sein, außerdem werden ihre Wohltätigkeit, ihr Einsatz für die Armen ohne Unterschied der Religion sowie für die jüdische Gemeinde in Hechingen gerühmt.

Literatur

  • Gabriele Katz: Die erste Unternehmerin Süddeutschlands und die reichste Frau ihrer Zeit. Madame Kaulla. Markstein-Verlag, Filderstadt 2006, ISBN 978-3-935129-32-9.
  • Wolfgang Schmierer: Baden-Württembergische Portraits, herausgegeben von Elisabeth Noelle-Neumann. Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart, Stuttgart 1999, ISBN 3-421-05271-9, S. 37-41.

Einzelnachweise

  1. Manfred Pohl und Angelika Raab-Rebentisch: Die Deutsche Bank in Stuttgart - 1924 - 1999, Piper, München, 1999, Seite 18

Weblinks


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