Andreas Alföldi

Andreas Alföldi

Andreas Alföldi (ungarisch: Alföldi András) (* 27. August 1895 in Pomáz bei Budapest; † 12. Februar 1981 in Princeton), war ein ungarischer Althistoriker, Epigraphiker, Numismatiker und Archäologe. Er war einer der produktivsten Altertumswissenschaftler des 20. Jahrhunderts und gilt als eine der bedeutendsten Forscherpersönlichkeiten seiner Zeit.[1] Wenngleich manche seiner Forschungsergebnisse als umstritten gelten, wird seine Arbeit in mehreren Bereichen als bahnbrechend angesehen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Karriere

Jugend und Studienzeit

Andreas Alföldi wurde als Sohn eines Arztes im Ungarn der k.u.k. Monarchie geboren. Er besuchte das humanistische Gymnasium in Budapest. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1910 waren die finanziellen Mittel der Familie begrenzt, trotzdem konnte er nach dem Abitur ein Studium der Altertumswissenschaften aufnehmen. Schon in dieser Zeit nahm er nicht nur am normalen Lehrbetrieb teil, sondern betrieb eigene Studien. Vor allem widmete er sich schon früh der antiken Numismatik, die zu dieser Zeit in Ungarn noch vernachlässigt wurde.[2]

Als der erste Weltkrieg ausbrach, zog Alföldi - wie viele andere junge Männer des ungarischen Bürgertums - in den Krieg. Nach einer schweren Verletzung wurde er 1917 hoch dekoriert aus der Armee entlassen. Auch in späteren Jahren sah er noch stolz auf diese Zeit zurück, die für ihn in seiner eigenen Vorstellung eine persönlichen Bewährung darstellte. Er behielt ein Interesse für alles, was mit Militär und strategischen Fragen zu tun hatte. Der in Ungarn als Demütigung empfundene Vertrag von Trianon verstärkte seine Heimatverbundenheit und war ein Grund für seine zunächst stark auf den ungarischen Raum bezogenen Forschungen.[3]

Nach seiner Entlassung aus der Armee nahm Alföldi sein Studium an der Universität Budapest wieder auf. Seine Promotion[4] erfolgte 1919 bei Valentin Kuzisnsky. Schon hier zeigte sich Alföldis Interesse auch für vernachlässigte Themen der Forschung. Denn Alföldi legte seinen Forschungsschwerpunkt zunächst auf die Erforschung des Donau- und Karpatenraums. Das war für diese Zeit nicht unüblich. Außerdem war es zwischen den Weltkriegen gängig, dass sich die nationale Archäologie in den Dienst nationaler Sichtweisen stellte. Durch den ersten Weltkrieg und seine Folgen wurden viele über Jahrhunderte gewachsene Strukturen und Verbindungen durch neue Grenzen zerstört. In einer Diskussion zwischen Ungarn und Rumänien, die sich um Siebenbürgen drehte und teils auch mit historischen Argumenten geführt wurde, stellte sich Alföldi auf die ungarische Seite. Immerhin trug dies dazu bei, dass die Forschungen vor allem auf dem Gebiet der Archäologie und Bodendenkmalpflege intensiviert wurden.[5]

Das Hauptaugenmerk von Alföldis ersten Studien galt der Epigraphik und Numismatik des Donauraumes. Vor allem die ungarische Numismatik befand sich zu dieser Zeit noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Schon in seiner ersten Veröffentlichung, einer Rezension zu einem numismatischen Lehrbuch im Jahr 1914, die vernichtend ausfiel, zeigte Alföldi, dass er mit seinen Privatstudien den etablierten Wissenschaftlern schon weit voraus war. Bei der Erwiderung glaubte der Professor, der das Buch verfasst hatte, dass der Name Alföldi nur das Pseudonym eines schon etablierten Wissenschaftlers sei.[6] Als Studienanfänger verblüffte er einen Dozenten durch die exakte Bestimmung einer römischen Münze[6] und bei einem ersten Besuch am Wiener Institut für Alte Geschichte wurde er gefragt, wer ihm in Ungarn das fortgeschrittene numismatische Wissen beigebracht hatte; man war es schlicht nicht gewohnt, einen ungarischen Wissenschaftler mit solchem Fachwissen vor sich zu haben[6]. So kam es schließlich, dass Alföldi 1919 eine erste Anstellung am Münzkabinett des ungarischen Nationalmuseums in Budapest fand. Hier widmete er sich weiter vor allem seinen numismatischen Studien.

1923 bis 1947: Karriere in Ungarn

1923 wurde Alföldi auf einen Lehrstuhl für Alte Geschichte an die Universität Debrecen berufen. Nach mehreren Jahren, in denen er seinen Ruf als herausragender Wissenschaftler weiter untermauerte, wurde er 1930 als Nachfolger Valentin Kuzsinskys auf den Lehrstuhl Archaeologia terrae Hungaricae (Archäologie des Karpatenraumes) – einen Lehrstuhl von landesweit herausragender Bedeutung – an die Universität Budapest berufen. Zum Lehrstuhl gehörte auch ein Forschungsinstitut, dem Alföldi vorstand. Dank seiner organisatorischen Fähigkeiten, seiner Ausstrahlung und seiner Schaffenskraft, die mittlerweile viele Teilgebiete der Altertumswissenschaften einschloss (Alte Geschichte, Klassische Archäologie, Numismatik, Epigraphik, Prähistorische Archäologie, Kunstgeschichte), prägte Alföldi die althistorischen und archäologischen Studien Ungarns für die nächsten 15 Jahre. Dabei war seine Wirkungskraft nicht nur auf den ungarischen Raum beschränkt, Alföldi wurde auch in der internationalen Fachwelt als herausragender Wissenschaftler anerkannt. In Ungarn förderte er die verschiedenen Wissenschaften beispielsweise als Herausgeber der Zeitschriften Numizmatikai Közlöny und Archaeologiai Értesitő sowie der Publikationsreihe Dissertationes Pannonicae.[7]

Obwohl sich die Altertumswissenschaften unterdessen immer weiter spezialisierten, war Andreas Alföldi einer der letzten Wissenschaftler, der mit seinen Forschungen verschiedenen Fachrichtungen entscheidende Denkanstöße geben konnte. Dabei schaffte er es, die zum Teil unterschiedlichen Ansätze in den verschiedenen Bereichen der Altertumswissenschaften zu meistern. Alföldi gab zwar auch der Archäologie und den Hilfswissenschaften Impulse, sein Ziel war jedoch die historische Verwendung der Forschungsergebnisse. Unter seiner Führung wurde der Donauraum zu einem der in jener Zeit am besten erforschten Bereiche des früheren Römischen Reiches, nachdem er zuvor von der Forschung nur wenig beachtet worden war. Alföldi arbeitete sowohl an mehreren Großprojekten als auch an Einzelstudien, die er zumeist parallel in verschiedenen Disziplinen betrieb. Dank vieler Freunde und loyaler Mitarbeiter wurden viele seiner Studien in verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Erwähnenswert ist hier sein Werk Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien[8], das eine Synthese seiner Quellenforschungen in den verschieden Teilgebieten der Archäologie und Geschichte darstellte, und auf seinen diversen Vorarbeiten, die er vor allem in Aufsätzen veröffentlichte, basierte.

Ausgehend von seinen Studien zum Donauraum und dem Karpatenbecken, dehnte Alföldi seine Forschungen immer weiter auf daraus sich ergebende Probleme aus. So veröffentlichte er Studien zur Reichskrise des 3. Jahrhunderts, zur Geschichte und Kultur eurasischer Hirten- und Reitervölker, zu Bildsymbolik und zur Repräsentation der römischen Kaiser in der Spätantike. Auch der Zweite Weltkrieg konnte Alföldis Arbeit nicht unterbrechen. Erst nach dem Krieg kam ein tiefer Einschnitt in sein Leben. Infolge der Entwicklung Ungarns zu einem Satellitenstaat der Sowjetunion und der Behinderung seiner Arbeit durch die neuen Machthaber, verließ Alföldi Ungarn für immer und ging in die Schweiz. Seine Emigration lief in relativ geordneten Bahnen ab. Nur den Großteil seiner Arbeitsmaterialien musste Alföldi in Ungarn zurücklassen.

1948 bis 1981: Leben in der Schweiz und in den USA

Da Alföldi außerhalb Ungarns von seinen bis dahin hauptsächlich benutzten Quellen getrennt war, wurde von Kollegen vermutet, dass seine Karriere nun beendet sein würde. Doch er erbrachte in den nächsten 30 Jahren im Exil nicht nur weiterhin herausragende Leistungen auf den Gebieten seiner bisherigen Forschungen, sondern widmete sich zusätzlich der römischen Frühgeschichte und dem Untergang der römischen Republik. In einem Nachruf meinte Géza Alföldy später: „Er leuchtete die Geschichte Roms vom Anfang bis zum Ende wie sonst kein Gelehrter in diesem Jahrhundert durch“[9].

Trotz großer persönlicher Probleme ermöglichten ihm Freunde in der Schweiz schnell einen wissenschaftlichen Neuanfang. 1948 wurde er Professor für Alte Geschichte in Bern, vier Jahre später in Basel. Viele in Ungarn begonnene Projekte konnte er nun – zum Teil sogar unter besseren Bedingungen – fortsetzen. Analog zu den ungarischen „Dissertationes Pannonicae“ begründete er in der Schweiz die Reihe „Dissertationes Bernenses“. In Zeitschriften wie den „Schweizer Münzblättern“ erschienen diverse seiner Artikel, wie schon in den ungarischen Zeitschriften zuvor. Jedoch widmete er sich nun auch allgemeineren Problemen der römischen Geschichte.

1956 wechselte er auf einen Lehrstuhl an die School of Historical Studies am Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey. Neben einer besseren Bezahlung wurden ihm hier auch großzügige Reisemöglichkeiten geboten. Auch nach seiner Emeritierung blieb Alföldi in Princeton und arbeitete bis zu seinem Tode an diversen Projekten, die er jedoch nicht mehr alle zum Abschluss bringen konnte.

Persönlichkeit und Fähigkeiten

Alföldi wird als kompromisslos und hart sich und anderen gegenüber beschrieben.[10] Diese Kompromisslosigkeit wird daran deutlich, dass auch schwere Krankheiten ihn nicht vom Arbeiten abhalten konnten. Wer in Alföldis Augen nicht tüchtig genug war, ging ihm besser aus dem Weg.[10] Andererseits war er ein geselliger Mensch, der sich gut mit einfachen Menschen verstand und gerne ungarische Volkslieder sang. Seiner Heimat Ungarn fühlte er sich zeitlebens eng verbunden, auch – oder gerade – als er nach 1947 im Exil lebte. Mit Kindern konnte er gut umgehen, und ihm nahestehende Fachkollegen betrachtete er als Familienmitglieder. Alföldi liebte es in Gesellschaft anderer humorige Anekdoten zu erzählen. In zweiter Ehe war er mit der bekannten Archäologin Elisabeth Alföldi-Rosenbaum verheiratet, die ihm nicht nur in Phasen der Erkrankung ein großer Rückhalt war.[10]

Mit Kritik konnte der kleingewachsene Mann mit einer leisen Stimme nur bedingt umgehen. Er sah sie zwar als prinzipiell notwendig an, wies sie jedoch vehement zurück, sofern sie ihm unzutreffend erschien.[10] Alföldi war ein guter Zeichner, was ihm vor allem bei numismatischen Studien zugute kam, wo er selbst kleinste Feinheiten herausarbeiten konnte.[10] Dieses Können kam ihm auch beim Skizzieren von geografischen Gegebenheiten zugute.[11] Zudem hatte er bis ins hohe Alter ein sehr gutes Gedächtnis, große visuelle Fähigkeiten und eine gute Vorstellungskraft, die ihm bei assoziativen Problemen halfen.[11] Er war jedoch ein schlechter Redner, obwohl er gerne Vorträge hielt. Diese hatten gemäß Karl Christ vielfach einen „fortlaufenden Erfolg“. Sie genügten meist nicht einmal den bescheidendsten didaktischen und rhetorischen Anforderungen.[11]

Forschung, Werk und Verdienste

Das frühe Rom

Nach Alföldis Meinung war die Bedeutung Roms in etruskischer Zeit weitaus geringer als später dargestellt. Die ältesten Strukturen des römischen Staates versuchte er durch Vergleiche mit eurasischen Reiter- und Hirtenvölkern zu erforschen. Auch wenn die Theorien Alföldis in der Forschung nicht ein ungeteilt positives Echo fanden, sondern auch vielfach kritisiert wurden, mussten selbst Alföldis Kritiker die originelle Art und Weise seiner Beweisführung anerkennen. Neben archäologischen und späteren literarischen Quellen bediente sich Alföldi der Methoden der vergleichenden Religionswissenschaft. Seinen Kritikern widmete er später ein eigenes Buch[12].[9]

Der Untergang der römischen Republik

Andreas Alföldis Arbeiten zum Untergang der römischen Republik waren geprägt von seiner These, dass Caesar eine Monarchie nach altrömischem Muster errichten wollte. Beweise für seine Theorie glaubte er vor allem in den Münzprägungen des Jahres 44 v. Chr. zu finden. Schon die Zusammenstellung dieser Münzen in einem Katalog stellte eine große Leistung dar, da Alföldi diese Münzen von den verschiedensten Stellen zusammensuchen musste.[13] Eine größere Studie zu Caesar, für die diese Vorarbeit gedacht war, konnte Alföldi jedoch nicht mehr realisieren. Dennoch erweiterte er die Forschung an dieser Stelle um eine innovative Komponente. Gegen zu harsche Kritik verteidigte er Caesar jedoch. Wie Theodor Mommsen war er von der Persönlichkeit Caesars fasziniert, vom „Opportunismus“ Ciceros jedoch enttäuscht. Für ihn war Cicero der ideologische Anstifter zum Mord an Caesar. Andererseits sah er Cicero als Künstlernatur. Den Caesarmördern attestierte er Blindheit und Skrupellosigkeit, ebenso war die senatorische Oligarchie für ihn kein Träger einer republikanischen Ordnung. Die Empörung gegen Caesar war in seinen Augen der Konflikt einer griechisch geprägten Oberschicht mit einem bodenständigen, römisch geprägten Caesar.[14]

Seine Arbeit zu Octavians Aufstieg[15] stützte sich vor allem auf literarische Quellen. Hier beleuchtete Alföldi nicht nur die emotionalen und religiösen Gründe für Octavians Vorgehen nach dem Tode Caesars, sondern erstmals auch die dahinterstehenden, handfesten wirtschaftlichen Aspekte.[13]

Kaiserzeitliche Studien

Die Ausgestaltung des monarchischen Zeremoniells am römischen Kaiserhofe (1934) und Insignien und Tracht der römischen Kaiser (1935) gelten mit als Höhepunkt im Schaffen Alföldis[16]. In diesen beiden Aufsätzen beschreibt er sowohl die religiösen Grundlagen als auch die kontinuierliche Entwicklung und die offiziellen Ausdrucksformen der römischen Herrscherideologie. An diesen Artikeln, in denen Alföldi erneut numismatische, literarische, epigraphische und archäologische Quellenstudien verbindet, wird vor allem sein Verständnis für die antike Bildsymbolik und deren Abstrahierung bis hin zu kleinen Münzbildern gelobt. Aufbauend auf diesen Studien folgten noch weitere zur Ideenwelt und Repräsentation des Kaisertums.

In Ermangelung umfassender schriftlicher Quellen für die römische Geschichte in der Mitte und der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, in der Zeit der sogenannten Reichskrise, griff Alföldi bei der Forschung erneut auf numismatische Quellen zurück. Er legte große Materialsammlungen für diese Zeit vor. Besonders wichtig war die Untersuchung der Prägestätte Siscia. Anhand der Münzen erarbeitete Alföldi eine erneuerte Chronologie dieser Zeit. Neu waren etwa die Erkenntnisse, dass in der Zeit der Soldatenkaiser Pannonier vorherrschend in höchsten Positionen waren. Zudem stellte er Gallienus als großen römischen Kaiser heraus, was eine andere als die bis dato in der Geschichtsforschung vertretene Sichtweise war.[13]

Die Spätantike

Auch im Bereich der Forschung zur Spätantike leistete Alföldi verdienstvolle Arbeiten. Auch hier war wieder die Numismatik sein Zugang. Von besonderer Bedeutung war die Katalogisierung der sogenannten Kontorniat-Münzen, die der Forschung eine neue, bis dahin nahezu unbekannte Quelle vor allem zur Ideengeschichte des späten 4. und frühen 5. Jahrhunderts erschloss. Diese Forschungen erfolgten während des Zweiten Weltkriegs, was die Leistung noch einmal besonders erwähnenswert macht. Trotz der Kriegswirren gelang es Alföldi das dafür benötigte Material aus den verschiedenen Museen Europas zu erhalten und die erste Auflage des Buches zu veröffentlichen. Dass er ebenso die literarischen Quellen beherrschte, zeigte er in seiner Studie zu Valentinian I.[13].

Am meisten interessierte Alföldi bei der Erforschung der Spätantike jedoch die Zeit zwischen Konstantin I. und dem Sieg des Christentums über das Heidentum. Seine Arbeit A Festival of Isis in Rome under the Christian Emperors of the IVth Century (Budapest 1937), in der er über ein Fest zu Ehren der Göttin Isis in Rom zu Zeiten christlicher Kaiser im 4. Jahrhundert schreibt, gilt als herausragend. Auch seine jährliche Organisation eines internationalen Colloquiums zur Historia Augusta, das 20 Jahre lang regelmäßig stattfand, trug sehr zur Erforschung der Spätantike bei.[17]

Verdienste

Der wohl wichtigste Impuls, den Alföldi der Alten Geschichte gegeben hat, war die Erkenntnis, dass epigraphische, numismatische und archäologische Quellen gleichrangig und ergänzend zu literarischen Quellen zu behandeln sind und nicht nur eine Hilfswissenschaft oder gar nur zur Illustrierung historischer Literatur geeignet sind. Als Gegner einer zu großen Spezialisierung in einer Altertumswissenschaft, die sich zunehmend in Fachsparten aufgliederte, war er selbst Spezialist auf vielen Gebieten. In historischer Sicht stand er in der Tradition Mommsens, in methodischer Sicht in der Tradition Michael Rostovtzeffs, der als erster für seine wirtschaftsgeschichtlichen Studien auf archäologische Quellen zurückgriff.[13]

Auch der Nutzung numismatischer Quellen gab Alföldi entscheidende Impulse. Sie wurden dank seiner eine der Hauptquellen der Alten Geschichte. Seine Methoden, die die Untersuchung von Münzreihen ebenso wie die Untersuchung ganzer Prägestätten und die Nutzung der Münzen als Quelle für religionswissenschaftliche Deutungen beinhaltete, waren bahnbrechend. So wie Mommsen als der große Organisator bei der Erforschung der römischen Inschriften gilt, ist Alföldi gleichsam der Doyen der Numismatik. „Er hatte einen großen Anteil daran, dass die Numismatik eine historische Wissenschaft geworden ist“ (Géza Alföldy)[13]. Bedeutsam sind Alföldis Verdienste um die Erforschung des Donau- und Karpatengebietes. Durch seine Forschungen wurde dieses Gebiet von einem nahezu weißen Fleck auf der „Landkarte“ der Erforschung des antiken Raumes zu einem der am besten erforschten Bereiche.

Alföldis Œuvre umfasst weit über 300 Beiträge, davon rund ein Dutzend in Form von Monografien[6]. Seine Wirkung strahlt – nicht zuletzt durch seine vielen Schüler − durch die von ihm begonnenen und angestoßenen Forschungen bis heute aus. Von vielen seiner Fachkollegen wurde bedauert, dass er nie eine allumfassende Studie zur römischen Geschichte vorlegte. Solche Arbeiten lagen Alföldi nicht und er konzentrierte sich lieber auf Einzelstudien, obgleich er alle Bereiche der römischen Geschichte in gleicher Weise gut beherrschte. Deswegen haftet ihm in den Augen mancher Fachkollegen das Manko des fehlenden „großen Wurfes“ an[18].

Neben den weithin bekannten Forschungsgebieten widmete sich Alföldi auch anderen Studien. So schrieb er über die Technik des Fotografierens von griechischen Vasenbildern, über psychologische Grundlagen der Zauberei und über die Bedeutung des theriomorphen Weltbildes bei den Völkern des nordasiatischen Raumes.[10]

1972 wurde Alföldi der Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste verliehen. Außer ihm konnte nur Sir Ronald Syme als weiterer Althistoriker diese Auszeichnung erhalten. Zudem war er Mitglied, zum Teil sogar Ehrenmitglied, vieler Wissenschaftlicher Gesellschaften und Akademien. Außerdem war er Ehrendoktor mehrerer Universitäten und Träger weiterer Auszeichnungen. Die Historische Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften nahm in 1936 als korrespondierendes Mitglied auf. Seine Tochter Dr. Emma Alföldi war ebenfalls Historikerin und mit dem bedeutenden ungarischen Mittelalterhistoriker Josef Deér verheiratet, der fast 30 Jahre lang Professor in Bern war. Beide hatten Ungarn mit Alföldi verlassen.

Schriften (Auswahl)

  • Der Untergang der Römerherrschaft in Pannonien (2 Bände), Budapest 1924–1926
  • Daci e romani in Transilvania, 1940
  • Die Geschichte des Karpatenbeckens im 1. Jahrhundert v. Chr., Harrassowitz, Budapest/Leipzig 1942 (Ostmitteleuropäische Bibliothek, Nr. 37)
  • Die Kontorniaten. Ein verkanntes Propagandamittel der stadt-römischen heidnischen Aristokratie in ihrem Kampfe gegen das christliche Kaisertum. Festschrift der Ungarischen numismatischen Gesellschaft zur Feier ihres vierzigjährigen Bestehens (2 Bände), Magyar Numizmatikai Társulat und Harrassowitz, Budapest und Leipzig 1942/1943
  • Zu den Schicksalen Siebenbürgens im Altertum, 1944
  • The Conversion of Constantine the Great and Pagan Rome, 1948
  • The Conflicts of Ideas in the late Roman Empire, 1952
  • Der frührömische Reiteradel und seine Ehrenabzeichen, Verlag für Kunst und Wissenschaft, Baden-Baden 1952 (Deutsche Beiträge zur Altertumswissenschaft, Heft 2)
  • Studien über Caesars Monarchie, 1953
  • Die trojanischen Urahnen der Römer, 1957 (auch bei Erma di Bretschneider, Rom 1979 (Studia historica, 124))
  • Das frühe Rom und die Latiner, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1977, ISBN 3-534-07538-2 (Originalausgabe: Early Rome and the Latins, 1965)
  • Studien zur Geschichte der Weltkrise des 3. Jahrhunderts nach Christus, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967
  • Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1970
  • Der Vater des Vaterlandes im römischen Denken, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1971 (Erstveröffentlichung in Museum Helveticum 7, 1950) ISBN 3-534-04653-6
  • Die zwei Lorbeerbäume des Augustus, Habelt, Bonn 1973 (Antiquitas, Reihe 3: Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 14) ISBN 3-7749-1266-1
  • Caesar in 44 v. Chr. II., Habelt, Bonn 1974 (Antiquitas, Reihe 3: Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums)
  • Die Struktur des voretruskischen Römerstaates, Winter, Heidelberg 1974 (Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften. Neue Folge, Reihe 1, Bd. 5) ISBN 3-533-02287-0 / ISBN 3-533-02288-9
  • Römische Frühgeschichte. Kritik und Forschung seit 1964, Winter, Heidelberg 1976 (Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften. Neue Folge, Reihe 1, Bd. 6) ISBN 3-533-02275-7 / ISBN 3-533-02276-5
  • Die Kontorniat-Medaillons (mit Elisabeth Alföldi-Rösenbaum, 2 Bände), de Gruyter, Berlin 1976 (Bildbad) und 1990 (Textband) ISBN 3-11-003484-0 und ISBN 3-11-011905-6
  • Oktavians Aufstieg zur Macht, Habelt, Bonn 1976 (Antiquitas. Reihe 1, Abhandlungen zur alten Geschichte, Bd. 25) ISBN 3-7749-1360-9
  • Aion in Mérida und Aphrodisias, 1979
  • Caesariana, Habelt, Bonn 1984 (Antiquitas, Reihe 3: Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 27) ISBN 3-7749-1859-7
  • Studien zu Caesars Monarchie und ihren Wurzeln (= Caesar in 44 v. Chr. I.), Habelt, Bonn 1984 (Antiquitas. Reihe 3: Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 16) ISBN 3-7749-1390-0

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 8
  2. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 8-9
  3. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 9
  4. Dissertationstitel Pannoniai agyagminták es vonatkozásaik a császárokra, deutsch: Pannonische Tonmodel und imperiale Ikonographie veröffentlicht in Archaeologiai Értesitő 38, 1918/19, S. 1–36
  5. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 9-10
  6. a b c d Géza Alföldy: „Andreas Alföldi †“, in: Gnomon 53, 1981, S. 410
  7. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 10; Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 13
  8. 2 Bände, Berlin 1924/26
  9. a b Géza Alföldy: „Andreas Alföldi †“, in: Gnomon 53, 1981, S. 411
  10. a b c d e f Géza Alföldy: „Andreas Alföldi †“, in: Gnomon 53, 1981, S. 414
  11. a b c Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 12
  12. Römische Frühgeschichte. Kritik und Forschung seit 1964, Heidelberg 1976
  13. a b c d e f Géza Alföldy: „Andreas Alföldi †“, in: Gnomon 53, 1981, S. 412
  14. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 55
  15. Oktavians Aufstieg zur Macht, Bonn 1976
  16. so zumindest Géza Alföldy: „Andreas Alföldi †“, in: Gnomon 53, 1981, S. 412
  17. Géza Alföldy: „Andreas Alföldi †“, in: Gnomon 53, 1981, S. 413
  18. Karl Christ: „Andreas Alföldi“, S. 13

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