Karlis Ulmanis

Karlis Ulmanis
Kārlis Ulmanis auf einer lettischen Briefmarke von 2001

Kārlis Ulmanis (russ.: Карлис Индрикович Улманис (Karlis Indrikowitsch Ulmanis), wiss. Transliteration: Karlis Indrikovič Ulmanis; * 4. September 1877 in Bērze; † 20. September 1942 im Gefängnis von Krasnowodsk, damals Sowjetunion) war der bekannteste lettische Politiker im unabhängigen Lettland der Jahre 1918 bis 1940.

Ulmanis studierte Agrarwissenschaft an der ETH Zürich und der Universität Leipzig und arbeitete danach als Autor, Lektor und Agrarmanager in Lettland. Bereits während der Revolution von 1905 war er politisch aktiv und saß kurzzeitig im Gefängnis von Pskow ein. Um einer erneuten Inhaftierung zu entgehen, verließ Ulmanis das Russische Kaiserreich, zu dem Lettland damals gehörte. In dieser Zeit studierte er an der University of Nebraska in den USA und erlangte den Grad eines Bachelor of Science im Fach Agrarwissenschaft. Nachdem er kurze Zeit als Lektor an der Universität gearbeitet hatte, zog Ulmanis nach Houston (Texas), wo er einen Molkereibetrieb erworben hatte.

1913 kehrte Ulmanis aus dem Exil nach Lettland zurück, nachdem er von einer durch den Zaren erlassenen Generalamnestie erfahren hatte.

Nach dem 1. Weltkrieg war Ulmanis einer der Gründer des Lettischen Volksrats (Latvijas Tautas Padome), der am 18. November 1918 Lettlands Unabhängigkeit von Russland proklamierte. Eine verfassunggebende Versammlung (Satversmes Sapulce) konstituierte den lettischen Staat 1920 als parlamentarische Demokratie. Ulmanis wurde der erste Premierminister des erstmals seit 700 Jahren unabhängigen Lettlands. Er gründete den Lettischen Bauernverband, eine der wichtigsten politischen Parteien des damaligen Lettlands.

Am 15. Mai 1934 löste Ulmanis in seiner Position als Regierungschef das Parlament Saeima auf und errichtete ein autoritäres Regime. Nachdem die Amtszeit von Staatspräsident Alberts Kviesis abgelaufen war, vereinigte Ulmanis 1936 entgegen der Verfassung das Amt des Präsidenten und das des Premierministers in seiner Person.

Trotz dieses politischen Coups genoss Ulmanis Popularität in der Bevölkerung. Während seiner Regentschaft machte die Entwicklung Lettlands bedeutende Fortschritte. Der Bildungspolitik wurde ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Lettland erreichte so eine der höchsten Alphabetisierungsquoten in Europa. Großbritannien und Deutschland wurden zu den wichtigsten Handelspartnern des Landes, während der Handel mit Russland reduziert wurde. Während viele Länder unter der Weltwirtschaftskrise litten, konnte Lettland in dieser Zeit sein Bruttosozialprodukt sowie das Exportvolumen steigern.

Ulmanis-Denkmal

1939 schlossen Deutschland und die Sowjetunion den Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, in dessen geheimem Zusatzprotokoll sie Osteuropa de facto unter sich aufteilten. Kārlis Ulmanis hatte dies seit langem befürchtet. 1940 wurde Lettland so von der Sowjetunion besetzt. Ulmanis rief die Letten dazu auf, keinen Widerstand zu leisten, der aufgrund der militärischen Übermacht der Sowjets ohnehin zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Noch heute ist der Satz "Ich werde an meinem Platz bleiben und ihr werdet an Eurem Platz bleiben" aus seiner Rundfunkansprache zu Beginn der Okkupation vielen Letten bekannt.

Obwohl das Außenministerium der USA Informationen darüber erhalten hatte, dass die Sowjetunion einer Ausreise Ulmanis' in die Schweiz zugestimmt habe, wurde er von den Sowjets verhaftet und deportiert. Erst nach Gorbatschow wurde Näheres über sein Schicksal bekannt. Ulmanis starb während des 2. Weltkrieges in einem Gefängnis in Krasnowodsk, dem heutigen Türkmenbaşy (Turkmenistan).

Im heutigen Lettland ist Kārlis Ulmanis immer noch populär, aber auch umstritten. Viele Letten sehen in ihm ein Symbol der lettischen Unabhängigkeit in der Zwischenkriegszeit. Andere verbinden mit ihm den wirtschaftlichen Aufschwung Lettlands im 20. Jahrhundert. Kritiker merken jedoch an, dass jemand, der das Parlament aufgelöst hat, um ein autoritäres Regime zu errichten, nicht als positive Figur der lettischen Geschichte betrachtet werden könne, unabhängig davon, wie mild und ökonomisch erfolgreich dieses Regime gewesen sei. Ein Zeichen für die anhaltende Popularität Ulmanis' in Lettland mag das Faktum sein, dass sein Großneffe Guntis Ulmanis 1993 zum Präsidenten der neuerlich unabhängigen Republik Lettland gewählt wurde.

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