Karl von Eisendecher

Karl von Eisendecher
Karl von Eisendecher

Karl von Eisendecher (* 23. Juni 1841 in Oldenburg; † 19. August 1934 in Baden-Baden) war ein deutscher Marineoffizier, zuletzt Vizeadmiral und Diplomat.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und frühe Karriere

Karl von Eisendecher wurde in Oldenburg, damals Teil des Großherzogtums Oldenburg, geboren. Sein Vater war der Sekretär des Großherzogs und die Familie verfügte über gute soziale und politische Verbindungen, u.a. zur Familie Bismarck. 1851 siedelte die Familie nach Frankfurt am Main über, wo der Vater am Reichstag tätig war.

Mit sechzehn trat Eisendecher in die Preußische Marine ein. Nach einigen Einsätzen auf Schiffen der kleinen preußischen Marine im Nordseeraum und in der Karibik wurde er zur Ostasienexpedition des Grafen Friedrich Albrecht zu Eulenburg abkommandiert, mit der er sich für drei Jahre als Seekadett an Bord der SMS Arcona in China, Korea und Japan aufhalten sollte. Die Mission führte zum ersten völkerrechtlichen Vertrag, der zwischen einem deutschen Staat (Preußen) und Japan abgeschlossen war, allerdings einem sogenannten Ungleichen Vertrag.

Nach der Rückkehr der Eulenburg-Mission ging Eisendecher zur Marineschule und legte 1862 sein Offiziersexamen ab. In dieser Zeit hatte er offenbar engen Kontakt mit Reichskanzler Otto von Bismarck. Nach einigen weiteren Einsätzen auf den Schiffen der Preußischen Marine wurde er 1867 in die Admiralität versetzt, 1871 erhielt Eisendecher sein erstes Kommando im Ausland – als Marinebevollmächtigter wurde er zur Gesandtschaft in Washington geschickt.

Vom Offizier zum Diplomaten: Tokio und Washington

1873 wurde Eisendecher zum Marineattaché in der Gesandtschaft in Washington ernannt. Nur ein Jahr später hatte er von seiner Ernennung zum Ministerresidenten und Generalkonsul in Tôkyô Nachricht bekommen. Er legte nach einigen Monaten Einweisung im Juli 1875 die konsularische Prüfung ab und trat dann die Reise nach Japan an. Nach seiner Ankunft in Japan übernahm Eisendecher am 5. November 1875 die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger Max von Brandt. Die Übergabe des Beglaubigungsschreibens erfolgte in einer Audienz am 3. Dezember 1875.

Im April 1880 wurde die Ministerresidentur des Deutschen Reiches in eine Gesandtschaft umgewandelt, Eisendecher wurde folglich zum Gesandten ernannt.

Die wichtigsten Ereignisse während Eisendechers Amtszeit waren der Bau eines neuen Gesandtschaftsgebäudes in Tokio, der im Deutschen Reichstag kontrovers diskutiert und erst im zweiten Anlauf genehmigt wurde. In die Amtszeit Eisendechers fällt auch der Besuch von Prinz Heinrich, dem jüngeren Bruder des späteren Kaisers Wilhelm II.

Nach insgesamt fast sechs Jahren in Japan wurde Eisendecher 1882 wieder nach Washington geschickt, dieses mal als Gesandter des Deutschen Reiches, wo er Anfang 1883 die Geschäfte übernahm und bis 1884 verblieb.

Preußischer Gesandter in Baden

Nach diesem Zwischenspiel kehrte Eisendecher zurück nach Deutschland und bekleidete bis zum Ende des Deutschen Reiches den Posten des preußischen Gesandten in Karlsruhe, der Hauptstadt des Großherzugtums Baden. Da in Berlin noch bis zur Jahrhundertwende „die Angst vor einer Wiederauflösung des Reiches“ (John Röhl) umging, galten gerade die Posten der preußischen Gesandten in den süddeutschen Staaten, allen voran natürlich im Königreich Bayern, als äußerst einflussreich.

Trotz seines Amtssitzes in Karlsruhe blieb Eisendecher als früherer Gesandter in Japan weiterhin eine Autorität in Sachen Japanpolitik, wenn von einer solchen im wilhelmischen Deutschland überhaupt die Rede sein konnte.

Eisendecher, Reichskanzler Bismarck und Kaiser Wilhelm II.

Eisendecher hatte kein gutes Verhältnis zu Wilhelm II., was nicht zuletzt an der alten Verbindung Eisendechers zu Bismarck lag. Nach der Entlassung des Reichskanzlers 1890 beklagte Eisendecher tief das Zerwürfnis des Kaisers mit Bismarck und hielt auch nach der Entlassung des Reichskanzlers eher diesem die Treue, wohingegen er sich gegenüber dem Kaiser bis zum Ersten Weltkrieg immer wieder äußerst kritisch äußerte und dessen Verhalten mitunter als „peinlich“ bezeichnete.

Vor allem in der Englandpolitik versuchte Eisendecher dem Kurs des Kaisers entgegenzuwirken und die Spannungen zwischen den Reich und dem Vereinigten Königreich zu entschärfen. Dazu unterhielt Eisendecher auch als Gesandter in Baden intensive Kontakte nach Großbritannien, selbst bis in die Jahre des Ersten Weltkrieges hinein. Das Angebot der Entsendung als Botschafter nach London lehnte er aber 1912 aus Alters- und Gesundheitsgründen ab.

Mit dem Untergang des Deutschen Reiches, des Königreichs Preußen und auch des Großherzogtums Baden 1918/19 verlor Eisendecher nicht nur seinen Posten als preußischer Gesandter, sondern wurde zugleich in den Ruhestand versetzt und verbrachte danach seinen Lebensabend bis 1934 in Baden-Baden.

Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich M. Trautz: Deutsche Seekadettenbriefe aus Jedo 1860–1861. In: Nippon. Zeitschrift für Japanologie, 7. Jg. (1941), Heft 3, S. 129-163.
  • Peter Pantzer und Sven Saaler: Japanische Impressionen eines Kaiserlichen Gesandten. Karl von Eisendecher im Japan der Meiji-Zeit / 明治初期の日本 - ドイツ外交官アイゼンデッヒャー公使の写真帖より (Deutsch/Japanisch). München: Iudicium, 2007 (450 S., mit zahlreichen Photographien und anderen Bildquellen).

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Rangliste der Kaiserlich Deutschen Marine für das Jahr 1918, Hrsg.: Marine-Kabinett, Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1918, S.5

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