Karl XII.

Karl XII.
Karl XII. im Jahre 1697 von David Klöcker Ehrenstrahl

Karl XII. (* 27. Juni (17. Juni alt. St.) 1682 in Stockholm; † 11. Dezember 1718 bei Fredrikshald) war von 1697 bis 1718 König von Schweden. Er entstammte der Dynastie Pfalz-Zweibrücken, einer Nebenlinie des Adelsgeschlechts der Wittelsbacher.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Kindheit und Jugend

Karl XII. war der älteste Sohn Karls XI. von Schweden und seiner Gemahlin Ulrike von Dänemark. Er wurde am 14. Dezember 1697 im Alter von nur fünfzehn Jahren zum König von Schweden gekrönt, als der schwedische Reichstag (die vier schwedischen Reichsstände) ihn für volljährig erklärte.

Kriegsausbruch

Das Monogramm ("Wappen") Karls XII., fotografiert am Stadtarchiv Wismar

Im März 1700 begann der Große Nordische Krieg. Schweden wurde überraschend von Dänemark, Sachsen und Russland angegriffen. Bereits im Oktober 1698 hatten August II. von Polen und Friedrich IV. von Dänemark ein Offensivbündnis gegen Schweden geschlossen, dem Peter der Große von Russland später beitrat. Nach einem Sieg wollten die Verbündeten die zu Schweden gehörenden Ostsee-Provinzen (Schonen, Livland, Estland, Ingermanland und Schwedisch-Pommern) unter sich aufteilen.

Die Allianz glaubte an einen leichten und schnellen Sieg, da das Land von einem sehr jungen und unerfahrenen König regiert wurde. Die gefürchtete schwedische Armee wurde schließlich von einem Oberbefehlshaber ohne jegliche militärische Erfahrung kommandiert.

So stand im Frühling 1700 Karl XII. einer starken Koalition gegenüber und musste sein Land gegen sie verteidigen. Seine Strategie dazu war einfach, aber brillant. Er konzentrierte alle Kräfte auf jeweils einen Feind, um ihn zu besiegen und zum Frieden zu zwingen und wandte sich dann dem nächsten Feind zu.

Feldzug Karls XII. gegen Dänemark 1700

Karl XII. von David von Krafft, 1700

Die Feindseligkeiten begannen 1700 mit dem Angriff seines Cousins Friedrich IV. von Dänemark auf das mit Schweden verbündete Gottorfer Teilherzogtum in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, das von Friedrich IV., einem Schwager Karls regiert wurde. Karl nutzte die Abwesenheit der dänischen Armee, die in Holstein operierte, aus. Er landete am 23. Juli 1700 mit englisch-holländischer Flottenunterstützung auf der dänischen Hauptinsel Seeland, schloss Kopenhagen ein und begann im August mit der Belagerung der dänischen Hauptstadt.

Der dänische König sah sich in nun in einer gefährlichen Lage. So schloss Friedrich IV. am 18. August 1700 mit Schweden den Frieden von Traventhal. Der Status quo ante wurde wieder hergestellt, Dänemark schied aus der anti-schwedischen Koalition aus.

Feldzug Karls XII. gegen Russland, 1700

Karl wandte sich nun den beiden übriggebliebenen Gegnern zu, dem Russischen Reich und Sachsen-Polen. Beide waren dabei, die schwedischen Besitzungen im Baltikum anzugreifen. Russland begann im August 1700 mit seinem Angriff auf Estland und im September wurde mit der Belagerung der schwedischen Festung Narwa begonnen. Karl XII. entschloss sich, das russische Heer anzugreifen, und so die Festung Narwa zu entsetzen. In der Schlacht von Narva besiegte er mit einer schwedischen Armee von etwa zehntausend Mann eine zahlenmäßig deutlich überlegene Armee der Russen.

Die Schlacht von Narwa gilt als eine der größten Siege der schwedischen Militärgeschichte. Ende 1700 hatte Karl XII. Schweden erfolgreich verteidigt und alle feindlichen Truppen von schwedischem Territorium vertrieben.

Karl XII. In Polen und Sachsen 1700–1708

Anstatt das geschlagene russische Heer zu verfolgen um es vollständig zu vernichten und seinen Gegner Zar Peter auch zum Frieden zu zwingen, wandte sich der König nun seinem dritten Gegner, dem sächsischen Kurfürsten und König von Polen, zu. Er eroberte Warschau, schlug August und seine sächsischen Truppen in der Schlacht bei Klissow 1702 und besetzte auch Krakau, die alte polnische Königsstadt.

Nach der Absetzung Augusts als Königs von Polen 1704 platzierte Karl seinen eigenen Mann auf dem polnischen Thron, Stanislaus Leszczynski. Währenddessen konnte Peter gleichsam hinter dem Rücken von Karl XII. Ingermanland und Estland erobern und baute an der Ostsee sogar eine neue Stadt – Sankt Petersburg.

Nachdem Karl eingesehen hatte, dass er August auf polnischem Territorium nicht besiegen konnte, da er in Sachsen immer wieder neue Armeen aufstellte, griff Karl 1706 Sachsen direkt an. Im Frieden von Altranstädt 1706 zwang er August schließlich zu einem Friedensvertrag und zum endgültigen Verzicht auf die polnische Königskrone. Der König erreichte gleichzeitig mit seiner Drohung auf Seiten Ludwigs des XIV. von Frankreich in den Spanischen Erbfolgekrieg einzugreifen, dass den Lutheranern in der damals noch habsburgischen Provinz Schlesien eine begrenzte Religionsfreiheit zugestanden wurde. Daraufhin wandte er sich seinem letzten verbliebenen Gegner, Peter dem Großen zu.

Feldzug Karls XII. in Russland 1708–1709

Karl XII. nach der Schlacht bei Poltawa mit Hetman Masepa. Zeichnung von Gustaf Cederström (1845–1933)

Um das Baltikum nicht ein weiteres Mal zum Schlachtfeld zu machen, und um einen endgültigen Sieg über Russland zu erringen, wollte er direkt Moskau, die russischen Hauptstadt, angreifen. Die Niederlage in der Schlacht bei Lesnaja, wo unter anderem der wertvolle schwedische Versorgungszug von den Russen erobert wurde, zwang den König jedoch zum Ausweichen in die Ukraine. Karl erwartete dort Unterstützung durch eine massive Kosakenrebellion, aber die Russen besiegten Iwan Masepa und seine Rebellenarmee, bevor sie die Schweden erreichen konnte. Beim Sturmangriff auf Veprik, vom 24. Dezember bis zum 7. Januar 1709, erlitt der König eine Verletzung an seinem linken Fuß, wodurch er außer Gefecht gesetzt wurde und wegen des langsamen Heilungsprozesses seiner Wunde die schwedischen Kräfte nicht in der Schlacht bei Poltawa führen konnte. Die Schlacht wurde zu einem Desaster für die Schweden, und Karl floh ins Osmanische Reich, wo er ein Lager in Bender aufschlug.

Karl XII. Aufenthalt im Osmanischen Reich 1709–1714

Die Türken begrüßten anfangs die Anwesenheit des schwedischen Königs, der einen Krieg zwischen Russen und Türken provozierte. Allerdings war der Sultan Ahmed III. Karls Intrigenspiele überdrüssig, setzte ihn im Februar 1713 gefangen und wies ihm ein Quartier bei Edirne zu. Da spielte er Schach mit seinem Minister Grothusen. Währenddessen nutzten Russland, Dänemark und Sachsen-Polen seine Abwesenheit, und drängten Schweden weiter in die Defensive. England, ein Alliierter der Schweden, kam seinen Bündnispflichten nur durch die halbherzige Entsendung eines Ostseegeschwaders nach. Russland besetzte in der Zwischenzeit Finnland und der Wettiner August II. erlangte die polnische Königskrone zurück.

Karl XII.: Verteidigung Pommerns 1714–1715

Erst im Oktober 1714, nachdem er sich fünf Jahre im Osmanischen Reich aufgehalten hatte, verließ Karl nach Aufforderung des Sultans das Osmanische Reich. Ihm gelang es, die 2400 Kilometer von Rumänien, das zum Osmanischen Reich gehörte, bis nach Schwedisch-Pommern, dem nächstliegenden schwedischen Besitz, in einem nur 15 Tage dauernden Gewaltritt zurückzulegen. Dort angekommen zog er am 11. November 1714, von der Stadtbevölkerung umjubelt, in die schwedische Festungsstadt Stralsund ein. Unter Verkennung der Situation war es sein Ziel, die früheren Machtverhältnisse in Schwedisch-Pommern, das bis zu diesem Zeitpunkt fast vollständig von seinen Gegnern besetzt wurde, wiederherzustellen.

Wegen seiner unnachgiebigen Außenpolitik trieb er schließlich auch noch das bis dahin neutrale Königreich Preußen, mit dem König Friedrich Wilhelm I. an der Spitze, welcher den Schwedenkönig Karl XII. wegen seiner „soldatischen Tugenden“ schätzte, in die Reihen seiner Gegner.

Dem vom 1. Mai 1715 geführten Pommernfeldzug der verbündeten Preußen, Dänen und Sachsen, konnten die deutlich unterlegenen Schweden trotz aufopferungsvoller Führung durch den Schwedenkönig nicht widerstehen. Kurz vor dem Fall der Festung Stralsund, floh Karl XII. am 22. Dezember 1715 mit drei Begleitern aus der belagerten Festung, um einer Gefangennahme zu entgehen. Sie kamen in einer kleinen Yacht über den teilweise zugefrorenen Strelasund in Richtung Hiddensee zu der letzten vor Ort befindlichen Fregatte und erreichten sicher Trelleborg in Schweden.

Rückkehr nach Schweden und Tod Karls XII. 1715–1718

Seine Bemühungen zur Wiederherstellung seines Reiches hatten ein Ende, als er 1716 versuchte, Christiania (das heutige Oslo) im dänisch kontrollierten Norwegen zu erobern. Bei der Belagerung von Frederikshald 1718 wurde er tödlich am Kopf getroffen. Ob durch eine Kugel der Belagerten oder durch einen geschickt inszenierten Mord aus den eigenen Reihen, ist bis heute umstritten und Gegenstand von Spekulationen. Seine Schwester, Ulrike Eleonore, folgte ihm auf den Thron.

Fazit

Mit Karl XII. endet die schwedische Großmachtstellung und das seit 1611 währende Ringen um die Ostseeherrschaft, um das so genannte Dominium Maris Baltici. Russland löste Schweden nach dem Nordischen Krieg als Großmacht ab.

Karls XII. Rang als Feldherr ist in der Militärgeschichte umstritten. Er war zwar ein großer Taktiker, ein nur noch eigenwillig zu nennender Stratege (sein sechs Jahre währender Polenfeldzug hat Russlands Aufstieg ermöglicht), jedoch ein schlechter Diplomat. Er hatte mehrfach die Angebote zu einem Siegfrieden ausgeschlagen (beispielsweise hatte August ihm 1701 und 1702 mehrfach Kurland und polnisch Livland, und ein Bündnis gegen Peter angeboten). Karl verfolgte weiter sein wohl illusionäres Ziel, in Polen und Russland schwedische Vasallen auf den Thron zu bringen. Keine hundert Jahre nach Karls Tod hatte Schweden all seine Besitzungen außerhalb des Mutterlandes im Ostseeraum (einschließlich Finnland) verloren.

Außergewöhnlich war seine Abstinenz gegenüber Frauen und Alkohol. Es gibt aber keinerlei Hinweise auf eine Homosexualität. Seit dem Sieg von Narva war der Krieg sein Element - er hatte aber niemals von sich aus einen Krieg begonnen. Schon in seiner Jugend härtete er sich ab; so ging er - nur mit einem Speer bewaffnet - auf winterliche Bärenjagd. Ein Beispiel für seine Ausdauer und seine Fähigkeit große Strapazen zu ertragen ist auch sein oben erwähnter Gewaltritt von der Türkei nach Stralsund. Sein Mitgefühl war weniger stark ausgeprägt. Zu den russischen Verwüstungen in seinen Provinzen Livland und Ingermanland meinte er nur, dass sie „den Boden ja wohl nicht wegtragen könnten“. Er hatte ein empfindliches Rechtsgefühl und konnte Verrat nicht verzeihen, wie beispielsweise der Fall Patkuls zeigt, den er sich von den Sachsen ausliefern und dann rädern ließ.

Der König interessierte sich für Schach und Mathematik und konnte große Zahlen im Kopf multiplizieren. Die Erfindung des oktalen Zahlensystems wird ihm zugeschrieben, obwohl einige Wissenschaftshistoriker vermuten, dass entweder Emanuel Swedenborg oder Christopher Polhem die eigentlichen Erfinder seien. Er sprach fließend deutsch und Latein und konnte auch französisch, weigerte sich aber in der damaligen Diplomatensprache zu reden.

Literatur

  • Jörg-Peter Findeisen: Karl XII. von Schweden – ein König, der zum Mythos wurde. Duncker & Humblot, Berlin 1992, ISBN 3-428-07284-7.
  • Jörg-Peter Findeisen: Das Ringen um die Ostseeherrschaft. Duncker & Humblot, Berlin 1992, ISBN 3-428-07495-5.
  • Ragnhild Hatton Charles XII. of Sweden, London, Weidenfeld and Nicholson, 1968
  • Otto Haintz: König Karl XII. von Schweden. 3 Bände, De Gruyter, Berlin 1951.
  • Robert K. Massie: Peter der Große – Sein Leben und seine Zeit. Athenaeum Verlag, Bodenheim 1980.
  • Voltaire (1731), Histoire de Charles XII.
  • Heinz-Jürgen Zierke: Karl XII. Hinstorff Verlag, Rostock 1979.

Film

Weblinks



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