Karl Helfferich

Karl Helfferich
Karl Helfferich

Karl Theodor Helfferich (* 22. Juli 1872 in Neustadt an der Haardt; † 23. April 1924 in Bellinzona, Schweiz), ältestes von sieben Kindern, (darunter Emil Helfferich) des Textilfabrikanten Friedrich Helfferich, war ein deutscher Politiker (DNVP) und Bankier.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Helfferich studierte Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Straßburg. Nach seiner Habilitation im Fach Volkswirtschaft in Berlin (1899) wirkte er als Privatdozent. Ab 1901 war er als Experte mit dem Titel Professor für Währungsfragen und in der Wirtschaftsabteilung des Reichskolonialamtes tätig. 1904 wechselte er in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes und war seit 1906 als Direktor der Bagdadbahn in Konstantinopel beschäftigt. Nach Tätigkeiten als Privatdozent und Volkswirt wurde Helfferich 1908 ins Direktorium der Deutschen Bank berufen. Im Februar 1915 wurde er Staatssekretär im Reichsschatzamt, weitere politische Funktionen folgten.

Er verantwortete die Kriegsfinanzierung des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg durch Anleihen, die den Staat hoch verschuldeten und somit voll auf eine Refinanzierung durch die Verlierer des Kriegs zugeschnitten war, was zu den als katastrophal empfundenen inflationären Folgewirkungen führte. Durch die Niederlage verloren viele deutsche – patriotische – Sparer ihr Vermögen.

Seit dem 22. Mai 1916 war er Staatssekretär des Reichsamtes des Innern (bis zum 23. Oktober 1917) und Vizekanzler (bis zum 9. November 1917). Nachdem Helfferich eine Besteuerung der Kriegsgewinne zunächst hinausgezögert hatte, regelte er sie schließlich so, dass die Kriegsgewinner nicht ernsthaft belastet wurden. Zunächst wie Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg eifriger Gegner des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs, gehörte er seit der Jahreswende 1916/17 – im Unterschied zu seinem Intimfeind Walther Rathenau – zu dessen aktivsten Befürwortern.

In der Anfangsphase des Kriegs unterstützte Helfferich zudem die Forderungen der SPD nach einer Wahlrechtsreform in Preußen. Später wechselte er ins rechte Lager und musste deshalb Ende 1917 auf Druck der linken Parlamentsmehrheit von seinen Ämtern zurücktreten. Unter der dritten Obersten Heeresleitung (OHL) war er maßgeblich an der Ausarbeitung des Hilfsdienstgesetzes und Förderung des Hindenburg-Programms sowie an der Ausarbeitung der Friedensverträge von Brest-Litowsk und Bukarest beteiligt. Als diplomatischer Vertreter des Deutschen Reiches im Sommer 1918 nach Moskau entsandt, brach er seine Tätigkeit dort jedoch bereits nach zehn Tagen ab.

Helfferich war auch ein früher Förderer des „nationalen Sozialisten“ Eduard Stadtler und half bei der Gründungsfinanzierung dessen Antibolschewistischen Liga am 1. Dezember 1918, indem er, da er selbst nicht öffentlich in Erscheinung treten wollte, eine Barspende in Höhe von 5000 Mark von Paul Mankiewitz, dem Direktor der Deutschen Bank arrangierte.[1] Dies war die Keimzelle des 500 Millionen Reichsmark schweren Antibolschewistenfonds, der von der deutschen Wirtschaft am 10. Januar 1919 in Berlin gegründet wurde. Aus diesem Fonds flossen Gelder in propagandistische antibolschewistische, später nationalsozialistische Projekte, aber auch in Gewalt ausübende Gruppen wie die Freikorps, aktive Truppen etc., um die sozialistische Bewegung nach der Novemberrevolution niederzuschlagen.[2] Eduard Stadtler, der Gründer und Leiter der Antibolschewistischen Liga, veranlasste nach eigener Aussage beispielsweise am 12. Januar 1919 die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und brach Tage zuvor "Noskes Zaudern" Militär in Berlin einzusetzen.[3]

In der Weimarer Republik war Helfferich führender Politiker der rechten Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Durch radikale antirepublikanische Propaganda sowie Mordaufrufe gegen so genannte „Erfüllungspolitiker“ bzw. „Novemberverbrecher“ war er einer der prominentesten Vertreter der extremen Rechten. Seine Polemiken gegen Walther Rathenau, Matthias Erzberger und Joseph Wirth schufen ein Klima, das zu den politischen Morden in der frühen Weimarer Republik führte. Durch einen Beleidigungsprozess vom 19. Januar bis 12. März 1920, der ihm eine Geldstrafe einbrachte, zwang er Erzberger zum Rücktritt.

Im Jahr 1920 heiratete Helfferich Annette von Müffling, die Tochter des Deutsche-Bank-Gründers Georg von Siemens. Im Juni 1920 in den Reichstag gewählt und als Wortführer an die Spitze der rechten Opposition aufgerückt, verteidigte er 1920/21 im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss seine Politik während des Krieges. Zu einem Eklat kam es, als er sich weigerte, Fragen des USPD-Abgeordneten Oskar Cohn unter Hinweis auf dessen Judentum zu beantworten. Durch seine Tiraden gegen den Abschluss des Vertrages von Rapallo, besonders durch seine Schmährede gegen Walther Rathenau am 23. Juni 1922, kann er als indirekt mitverantwortlich für dessen Ermordung tags darauf bezeichnet werden.

Er entwarf 1923 den Plan einer Roggenwährung, der abgelehnt wurde, dessen wesentliche Merkmale aber im Plan für die Einführung der Rentenmark übernommen wurden. Als er sich am Ende des Jahres um den Posten des Reichsbankpräsidenten bewarb, unterlag er gegen Hjalmar Schacht.

Während der Hyperinflation 1923 war Helfferich an der Einführung der Rentenmark beteiligt. 1924 kam er bei einem schweren Eisenbahnunglück bei Bellinzona ums Leben. Begraben ist Helfferich auf dem Hauptfriedhof in Neustadt an der Weinstraße.

Ehrungen

Karl Helfferich Straße in Neustadt an der Weinstraße Karl Helfferich Platz in Mainz

Veröffentlichungen

  • Die Reform des deutschen Geldwesens. 1897
  • Studien über Geld- und Bankwesen. 1900
  • Das Geld. 1903
  • Deutschlands Volkswohlstand 1888–1913. 1915
  • Die Entstehung des Weltkrieges im Lichte der Veröffentlichungen der Dreiverbandmächte. 1915
  • Reden und Aufsätze aus dem Kriege, 1917
  • Fort mit Erzberger! Verlag Scherl, Berlin, 1919, Flugschriften zur Berliner Tageszeitung „Tag
  • Der Weltkrieg in 3 Bänden. Verlegt 1919 bei Ullstein Berlin
  • Deutsche Bank – Georg von Siemens. Ein Lebensbild aus Deutschlands großer Zeit. 1921–1923

Siehe auch

Literatur

  • Wilhelm Keil: Deutschlands Finanzelend. Die Bankrottwirtschaft Helfferichs. Verlag der Schwäbischen Tagwacht, Stuttgart 1921.
  • Eduard Stadtler: Erinnerungen – Als Antibolschewist 1918–1919. Neuer Zeitverlag GmbH, Düsseldorf 1935.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eduard Stadtler: Erinnerungen – Als Antibolschewist 1918–1919. S.12-13.
  2. Eduard Stadtler: Erinnerungen – Als Antibolschewist 1918–1919. S.46-49.
  3. Eduard Stadtler: Erinnerungen – Als Antibolschewist 1918–1919. S.52.

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