Karl Georg Pfleiderer

Karl Georg Pfleiderer
Pfleiderer 1948

Karl Georg Pfleiderer (* 10. Mai 1899 in Stuttgart; † 8. Oktober 1957 in Bonn) war ein deutscher Politiker der FDP/DVP und Diplomat.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Nach dem Abitur am Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium studierte Pfleiderer in Tübingen Rechtswissenschaften. Dort war er Mitglied der den süddeutschen Liberalismus prägenden Tübinger Studentenverbindung "Akademische Gesellschaft Stuttgardia". Hier traf er spätere politische Weggefährten wie Eberhard Wildermuth, Reinhold Maier, Konrad Wittwer und Wolfgang Haußmann. Nach Beendigung von Studium, Referendariat und Promotion trat er 1922 in das Auswärtige Amt ein. Am 1. Oktober 1935, also noch vor Ablauf der Mitglieder-Aufnahmesperre der NSDAP, trat er der NSDAP bei. 1941 und 1942 war er in der Wehrmacht und nahm nach eigenen Angaben „am Feldzug im Osten als Rittmeister” teil. Danach kehrte er in das Auswärtige Amt zurück und stieg dort bis 1943 zum Gesandtschaftsrat und 1945 zum Generalkonsul auf.[1] Er wurde - unterbrochen von Verwendungen in der Zentrale in Berlin - bis 1945 in Peking, Moskau, Leningrad, Kattowitz und Stockholm eingesetzt. Im Auswärtigen Amt lernte er Adam von Trott zu Solz kennen und schloss sich dem weiteren Kreis der Verschwörer des 20. Juli 1944 an, ohne dort zu den bestimmenden Figuren zu gehören.

Von 1948 bis 1950 war Pfleiderer Landrat des Landkreises Waiblingen. Nach seiner von 1949 bis 1955 währenden Tätigkeit im Bundestag war er bis zu seinem Tode Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Jugoslawien. Nur 10 Tage nach Pfleiderers Tod brach die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Hallstein-Doktrin die diplomatischen Kontakte zu Jugoslawien ab, weil dieses die DDR völkerrechtlich anerkannt hatte. Pfleiderer hatte sich seinerseits stets gegen die Hallstein-Doktrin ausgesprochen.

Politik

Pfleiderer gehörte dem Deutschen Bundestag seit dessen erster Wahl 1949 bis 1955 an. 1949 war er, obwohl von der DVP aufgestellt, noch parteilos. Er schloss sich jedoch direkt nach der Wahl der liberalen Fraktion und kurze Zeit später auch der Partei an. Pfleiderer vertrat 1949 wie 1953 als direkt gewählter Abgeordneter den Wahlkreis Waiblingen im Parlament.

Bereits am 2. September 1952 forderte Pfleiderer in einer Denkschrift ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem unter Berücksichtigung der Interessen der Sowjetunion mit einem hierin integrierten vereinigten Deutschland ohne die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Grenze. Am 8. April 1954 forderte er die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion, was zu einer schweren Koalitionskrise mit den Unionsparteien führte, die beinahe den Bruch der Koalition zur Folge gehabt hätte. Seine Gedanken nahmen die später von der FDP mitkonzipierte neue Ostpolitik der sozialliberalen Bundesregierung voraus.

Während des Bundestagswahlkampfes 1953 wurde in einer Waiblinger Zeitung folgendes Bonmot eines Wählers veröffentlicht: "Eigentlich ist Kamm mein Mann, weil er so gut saufen kann. Ich wähl aber Pfleiderer, denn der ist viel gescheiterer." Gottlob Kamm, ehemaliger Landesminister von der SPD, galt 1953 als Pfleiderers einziger aussichtsreicher Gegenkandidat unter den Direktkandidaten. Pfleiderer wurde auch 1953 mit 32,9 % direkt gewählt.

Er legte das Mandat am 20. September 1955 nieder, um wieder in den Diplomatischen Dienst eintreten zu können.

1951 bis 1954 war Pfleiderer der erste Vorsitzende der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft, deren Gründungsmitglied er war.

Ehrungen

Im Stadtteil Hertmannsweiler der Stadt Winnenden ist eine Straße nach Pfleiderer benannt.

Werke

  • Politik für Deutschland. Reden und Aufsätze, Stuttgart, 1961 (postum).

Literatur

  • Jörg Brehmer: Was wird aus Deutschland? Zum Leben und Denken des liberalen Landrates Karl Georg Pfleiderer. Reinhold-Maier-Stiftung Baden-Württemberg, Stuttgart 2004 (Schriftenreihe der Reinhold-Maier-Stiftung 30, ZDB-ID 135846-7).
  • Martin Jung: Pfleiderer, Karl Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 351 f.
  • Maria Keipert (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 3: Gerhard Keiper, Martin Kröger: L–R. Schöningh, Paderborn u. a. 2008, ISBN 978-3-506-71842-6, S. 472f.
  • Karl-Heinz Schlarp: Alternative zur deutschen Außenpolitik 1952–1955. Karl Georg Pfleiderer und die Deutsche Frage. In: Wolfgang Benz, Hermann Graml: Aspekte deutscher Außenpolitik im 20. Jahrhundert. Aufsätze Hans Rothfels zum Gedächtnis. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1976, ISBN 3-421-01783-2, S. 211–248 (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Schriftenreihe – Sondernummer).
  • Klaus Scholder: Karl Georg Pfleiderer. Der liberale Landrat, Politiker und Diplomat. Reinhold-Maier-Stiftung, Stuttgart 1979 (Schriftenreihe der Reinhold-Maier-Stiftung 6, ZDB-ID 135846-7).

Einzelnachweise

  1. "M.d.B. Die Volksvertretung 1946–1972: Pfleiderer, Karl Georg, Dr." Martin Schumacher, Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, 2006, abgerufen am 28. April 2010.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pfleiderer — ist der Name von Carl Pfleiderer (1881–1960), deutscher Ingenieur Christoph Friedrich von Pfleiderer (1736–1821), deutscher Mathematiker Edmund von Pfleiderer (1842–1902), deutscher Philosoph Eduard Karl Pfleiderer (1810–1861), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Reinhold Köstlin — (* 28. September 1819 in Bad Urach; † 11. April 1894 in Tübingen) war ein deutscher evangelischer Theologe, Ästhetiker und Literaturhistoriker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Ehrungen …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Daub — (March 20, 1765 ndash; November 22, 1836), was a German Protestant theologian.He was born at Kassel. He studied philosophy, philology and theology at Marburg in 1786, and eventually (1795) became professor ordinarius of theology at the University …   Wikipedia

  • Johann Karl Ludwig Gieseler — Johann Karl Ludwig Gieseler, KH (March 3, 1792 – July 8, 1854) was a Protestant German church historian.BiographyHe was born at Petershagen, near Minden, where his father, Georg Christof Friedrich, was preacher. In his tenth year he entered the… …   Wikipedia

  • Liste der Biografien/Pf — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Akademische Gesellschaft Stuttgardia — Die Akademische Gesellschaft Stuttgardia ist eine liberale Studentenverbindung an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Konstituiert wurde die Gesellschaft am 30. November 1869 in der Tübinger Konviktsmüllerei von sieben jungen, größtenteils… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der deutschen Botschafter — Inhaltsverzeichnis 1 Ranghöchste Vertreter bei Völkerrechtssubjekten 1.1 Ständige Vertretung bei der Europaische Union Europäischen Union (früher EG), Brüssel …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Söhne und Töchter der Stadt Stuttgart — Die folgenden Listen enthalten: In Stuttgart geborene Persönlichkeiten, chronologisch aufgelistet nach dem Geburtsjahr. Ob die Personen ihren späteren Wirkungskreis in Stuttgart hatten oder nicht, ist dabei unerheblich. Viele sind im Laufe ihres… …   Deutsch Wikipedia

  • Söhne und Töchter der Stadt Stuttgart — Die folgenden Listen enthalten: In Stuttgart geborene Persönlichkeiten, chronologisch aufgelistet nach dem Geburtsjahr. Ob die Personen ihren späteren Wirkungskreis in Stuttgart hatten oder nicht, ist dabei unerheblich. Viele sind im Laufe ihres… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (2. Wahlperiode) — Diese Liste gibt einen Überblick über alle Mitglieder des Deutschen Bundestages der 2. Wahlperiode (1953–1957). Zusammensetzung Nach der Bundestagswahl 1953 setzte sich der Deutsche Bundestag wie folgt zusammen: Fraktion Beginn der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”