Karl-Fischer-Verfahren

Karl-Fischer-Verfahren
Ein Karl-Fischer-Titrator

Unter dem Karl-Fischer-Verfahren versteht man die quantitative Wasserbestimmung durch Titration, daher auch Karl-Fischer-Titration oder einfach KFT. Die Methode wurde 1935 vom deutschen Chemiker Karl Fischer bei der Lazăr Edeleanu GmbH entwickelt.[1] Gelegentlich wird auch die falsche Bezeichnung Karl Fisher Titration oder Fisher Titration verwendet. Sie fand Eingang in praktisch alle Pharmakopoen.

Inhaltsverzeichnis

Theorie

Die Methode ist für die quantitative Bestimmung von Wasser spezifisch. In ihrer ursprünglichen Form besteht sie in der Titration von Wasser mit einer wasserfreien methanolischen Lösung, die Iod, Schwefeldioxid und überschüssiges Pyridin als Pufferlösung enthält. Moderne Reagenzlösungen enthalten statt Pyridin andere weniger unangenehme und gefährliche Komponenten zur Pufferung. Eugen Scholz hat 1982 das Imidazol eingeführt und damit ein schnelles und zuverlässiges Reagenz geschaffen. Die maximale Reaktionsgeschwindigkeit stellt sich zwischen pH 5,5 und 8 ein. Dementsprechend nutzt man basische Komponenten wie Imidazol für saure Proben und saure Komponenten wie Salicylsäure für basische Proben. Im Handel sind Ein- und Zweikomponentenreagenzien erhältlich. Methanol seinerseits kann ebenfalls durch andere Alkohole ersetzt werden, welche die Titerstabilität verbessern. Die Stöchiometrie (Molverhältnis H2O:I2) hängt von der Art des Lösungsmittels ab. Alkoholhaltige Lösungsmittel führen zu einer Stöchiometrie von H2O:I2 1:1, während nicht alkoholhaltige Lösungsmittel eine Stöchiometrie 2:1 ergeben. Auch die Wassermenge in der Probe beeinflusst das Molverhältnis. Dies tritt jedoch erst ab ca. 1 mol/l des Lösungsmittels auf.

Chemische Reaktion

Entscheidend für das Verfahren ist die Tatsache, dass Schwefeldioxid und Iod nur in Anwesenheit von Wasser miteinander reagieren:

2 H2O + SO2 + I2 → SO42− + 2 I + 4 H+ (in Abwesenheit von Alkoholen)

Ist Methanol in der Lösung vorhanden, so bildet er mit Schwefeldioxid einen sauren Ester, der durch die Base (z. B. Imidazol, im Folgenden als „RN“ bezeichnet) neutralisiert wird:[2]

CH3OH + SO2 + RN → (RNH)·(CH3OSO2)

Bei der Titration, bei der als Maßlösung Iod in Methanol eingesetzt wird, wird das Methylsulfit-Anion in Anwesenheit von Wasser durch das Iod zu Methylsulfat oxidiert. Das gelbbraune Iod wird dabei zum farblosen Iodid reduziert:

(RNH)·(CH3OSO2) + I2 + H2O + 2 RN → (RNH)·(CH3OSO3) + 2 (RNH)·I

Bei diesem Vorgang wird Wasser verbraucht, die Reaktion kann also nur so lange ablaufen, bis das gesamte im Analyten enthaltene Wasser verbraucht ist.

Wenn kein Wasser mehr vorhanden ist, wird zudosiertes Iod nicht mehr reduziert. Die dadurch auftretende Braunfärbung dient der visuellen Endpunktsindikation.[3] In der Praxis werden bevorzugt elektrometrische Indikationen (speziell Biamperometrie) verwendet, da sie empfindlicher und genauer sind.

Bei der coulometrischen Karl-Fischer-Titration wird das für die Reaktion erforderliche Iod durch anodische Oxidation von Iodid erzeugt. Die hierfür eingesetzten Geräte haben also zwei Elektrodenpaare: 1. Eine Arbeitselektrode, an der Iod erzeugt wird (hier wird auch die „verbrauchte“ Ladung gemessen) und 2. eine Meßelektrode, an der gemessen wird, ob das erzeugte Iod durch die oben beschriebenen Reaktionen abgebaut werden kann oder in der Lösung verbleibt (Endpunkt). Für diese Geräte sind spezielle coulometrische Reagenzien erforderlich.

Quellenangaben

  1. K. Fischer: Neues Verfahren zur maßanalytischen Bestimmung des Wassergehaltes von Flüssigkeiten und festen Körpern, in: Angewandte Chemie 1935, 48, 394–396; doi:10.1002/ange.19350482605.
  2. Eugen Scholz: Karl-Fischer-Titration. Springer-Verlag 1984, ISBN 3-540-12846-8
  3. Anmerkung: Der in der Iodometrie übliche Nachweis des Iod-Überschusses als Iod-Stärke-Komplex ist im wasserfreien Milieu nicht durchführbar.

Literatur

  • P. A. Bruttel, R. Schlink: Wasserbestimmung durch Karl-Fischer-Titration Metrohm AG
  • K. Schöffski: Die Wasserbestimmung mit Karl-Fischer-Titration, in: Chemie in unserer Zeit 2000, 34, 170–175. Abstract

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