Karakalpaken

Karakalpaken

Die Karakalpaken (karakalpak. Qaraqalpaq, Qaraqalpaqlar)[1] sind ein zentralasiatisches Turkvolk. Sie sind sprachlich eng mit den Südkasachen verwandt und gehören dem sunnitischen Islam an.

Inhaltsverzeichnis

Siedlungsgebiete

Die Karakalpaken bewohnen heute hauptsächlich das nach ihnen benannte Gebiet (Karakalpakien) in Usbekistan. Kleinere Gruppen von ihnen leben in und um Choresm und im Fergana-Tal. Ebenso sind in den benachbarten Staaten Kasachstan und Turkmenistan kleinere karakalpakische Minderheiten ansässig. Dort leben sie hauptsächlich in den Grenzgebieten zur Autonomen Republik Karakalpakien.

Ungefähr 20.000 Karakalpaken wohnen auch im heutigen Iran, wo sie am Urmia-See angesiedelt wurden. Aber auch in Afghanistan lebt eine kleine karakalpakische Minderheit von etwa 5.000 Menschen.

Geschichte

Die Vorfahren der rund 550.000 Karakalpaken lebten nach dem 6. Jahrhundert in den nördlichen Gegenden des Aralsees. Sie sind die Nachfahren der alteingesessenen iranischsprachigen Oasen- und Stadtbevölkerung sowie verschiedener turksprachlicher Nomadenstämme.

Nach wechselnder Zugehörigkeit zu diversen Staaten des Mittelalters gehörten die Karakalpaken im 13. Jahrhundert zum Reich der Goldenen Horde. Nach dessen Zerfall im 16. Jahrhundert gehörte das Siedlungsgebiet der Karakalpaken, die seit jeher keine Nomaden sondern Ackerbauern und Fischer sind, zu verschiedenen Reichen. So unterstanden Teile von ihnen persischgeprägten Staaten, andere Teile unter der Oberherrschaft nomadisierender Nomadenstämme wie dem Kasachen-Khanat.

Im 17. Jahrhundert gehörte das Gebiet der Karakalpaken überwiegend zur kasachischen Großen Horde, mit der die Karakalpaken sprachlich eng verwandt waren und die eine lose Oberherrschaft über die sie ausübte.

Ein Teil der Karakalpaken wollte seine Unabhängigkeit bewahren und zog während der Kasachenherrschaft bzw. während der Herrschaft der mongolischen Oiraten in das Fergana-Tal, um sich später den Usbeken anzuschliessen.

Das Gros der karakalpakischen Bevölkerung zog in dieser Zeit in die heutigen Siedlungsgebiete südlich des Aralsees und gehörte damit zur Bevölkerung des Khanat Chiwa.

Der kasachische Alasch-Orda-Staat erhob in der Zeit zwischen 1917 und 1920 Ansprüche auf das Gebiet der Karakalpaken aufgrund der einstigen Zugehörigkeit zur Großen Horde. Damit wurden die Karakalpaken – auch aufgrund der nahen sprachlichen Verwandtschaft – von der Alasch-Orda-Führung offiziell als „Kasak-Kirgisen“ deklariert. 1918 erklärten die Karakalpaken ihre Unabhängigkeit gegenüber den Kasachen und errichteten ein Autonomes Gebiet. 1920 geriet das „Autonome Gebiet der Karakalpaken“ an die Sowjetunion. Diese gliederte das ehemalige Alasch-Orda-Gebiet in das „Autonome Gebiet der Kirgisen“ um und schlug das karakalpakische Siedlungsgebiet diesem zu.

1932 erhielt das „Autonome Gebiet der Karakalpaken“ den Status einer eigenständigen ASSR, die nun im Rahmen Russlands und nicht mehr im kasachischen Herrschaftsgebiet lag.

1936 wurde die ASSR der Karakalpaken ein Teil des heutigen Usbekistans. Mit dem beginnenden Zusammenbruch der UdSSR (ab 1989) forderte kurzfristig ein großer Teil der Karakalpaken den Anschluss ihrer ASSR an das sprachverwandte Kasachstan,[2] das sich noch immer als „legitime Schutzmacht“ der karakalpakischen Minderheiten sieht. So forderte Kasachstan zwischen 1989 und 1992 die von den Karakalpaken besiedelten Gebiete für sich ein.[3]

Einzelnachweise

  1. Heinz-Gerhard Zimpel: Lexikon der Weltbevölkerung, Artikel „Karakalpaken“, S. 259
  2. Roland Götz und Uwe Halbach: Politisches Lexikon GUS, S. 295
  3. Roland Götz und Uwe Halbach: Politisches Lexikon GUS, S. 296

Literatur

  • Heinz-Gerhard Zimpel: Lexikon der Weltbevölkerung. Geografie - Kultur - Gesellschaft, Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg 2000, ISBN 3-933203-84-8

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