Karagöz (Zeitschrift)

Karagöz (Zeitschrift)
Titelblatt einer Ausgabe

Karagöz (osmanisch ‏قره کوﺯ‎, İA ḳara göz, „schwarzes Auge“) war eine von Ali Fuad gegründete osmanisch/türkische Satirezeitschrift, die von 1908 bis 1951 bestand und in Istanbul erschien.

Karagöz hob sich aufgrund der Qualität der Texte und Zeichnungen von den meisten anderen in diesem Zeitraum erschienen Satirezeitschriften ab. Im Gegensatz zu den ebenfalls qualitativen, jedoch nur wenige Jahre erschienenen modernen, europäisch-beeinflussten und mehrsprachigen Satirezeitschriften Kalem (1908–1911) und Cem (1910–1912), war Karagöz eine traditionsorientierte, ausschließlich türkischsprachige Zeitschrift.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Karikatur Mehmed Bahas über einen am osmanischen Wirtschaftsboykott leidenden Kaiser Franz-Joseph in Karagöz, 1908.

Nachdem im Osmanischen Reich 1870 ein erster Gründungboom von Satirezeitschriften einsetzte – bis 1877 wurden etwa 20 gegründet, von denen die meisten jedoch kaum ein Jahr bestanden – wurden Satirezeitschriften per 1. Mai 1877 verboten. Bis 1908 durften keine Satirezeitschriften mehr publiziert werden. 1908 wurde die Osmanische Verfassung wieder eingesetzt und die Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften wieder gestattet. In eben jenem Jahr wurde Karagöz, benannt nach der traditionellen osmanischen Schattenspielfigur Karagöz, gegründet. Es war dies neben Kalem die einzige der 34 in jenem Jahr gegründeten Satirezeitschriften, die auch 1910 und darüber hinaus noch bestand. In einem sehr kurzlebigen Zeitschriftenmarkt – von 1909 bis 1914 wurden 50 weitere Satirezeitschriften gegründet, die zumeist ebenfalls weniger als ein Jahr überlebten – etablierte sich Karagöz als einzige Zeitschrift aufgrund höherer Qualität der Zeichnungen und Texte langfristig.[1]

Die erste Ausgabe von Karagöz erschien am 10. August 1908 und in der Folge in zweiwöchentlichem Rhythmus. Herausgeber war bis zu seinem Tod 1919 der Gründer Ali Fuad. Sein Erb-Nachfolger wurde seine Schwester Fatma, die das Blatt 1935 an die Cumhuriyet Halk Partisi, die Republikanische Volkspartei, verkaufte.[1]

Aufmachung, Stil, Gestaltung

Eine Ausgabe der Zeitschrift kostete 20 Para – in etwa doppelt so viel wie eine damalige Tageszeitung und etwa halb so viel wie ein Kilo Brot.[1] Die Zeitschraft maß 28 x 41 cm und umfasste vier Seiten.

Anfang erschienen in jeder Ausgabe zwei Karikaturen, eine davon stets auf der Titelseite. Später erschienen immer zwei Karikaturen, eine auf der Titel-, eine auf der Rückseite. Ein roter Faden hierbei war, dass häufig Karagöz – alleine oder mit seinem Freund Hacivad – in die Karikatur miteinbezogen war. Zu Kriegszeiten erschienen mehr Karikaturen.

Mitarbeiter

In den ersten Jahren bis 1914 waren über kurze lange folgende Personen Chefredakteure – in der Regel zwei zugleich: Mahmud Nedim, Ali Haydar, Baha Tevfik, Aka Gündüz und M. Rif'at. Neben den Chefredakteuren betätigten sich auch Ahmed Nebil, A. Rıfkı und der bekannte Journalist Mahmud Sadık als Autoren der Zeitschrift.

Die Direktoren der Gesellschaft in den ersten Jahren bis zum Ersten Weltkrieg waren Mustafa Halil, A. Sami – ein Bruder Mahmud Nedims – İsmail Neşat und Memduh Süleyman. Diese waren im Laufe der Jahre auch bei anderen satirischen Publikationen beteiligt oder literarisch tätig.

Die Karikaturen wurden bis November 1908 von Ali Fuad selbst gezeichnet. Danach, bis 1914, stammten die Karikaturen fast ausschließlich von Mehmed Baha († 1928)[2] und Halid Naci (1875–1927).[3] Die weiteren Karikaturisten, die jeweils nur einen kurzen Zeitraum zur Zeitschrift beitrugen, waren Mehmed Fazlî (Februar und Mai 1909), „Cemal“ (Mai und Juni 1809), Necmeddin (Oktober 1909) sowie D. Mazloum (März bis Mai 1911).

Literatur

  • Satirische Presse im Osmanischen Reich. In: Tobias Heinzelmann: Die Balkankrise in der osmanischen Karikatur. Die Satire-Zeitschriften Karagöz, Kalem und Cem 1908–1914. Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Istanbul 1999, in Kommission Franz Steiner Verlag Stuttgart, ISBN 3-515-07604-2, S. 49–56

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Tobias Heinzelmann: Die Balkankrise in der osmanischen Karikatur. Die Satire-Zeitschriften Karagöz, Kalem und Cem 1908–1914. Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Istanbul 1999, in Kommission Franz Steiner Verlag Stuttgart, ISBN 3-515-07604-2, S. 49–51
  2. Heinzelmann, S. 67f; nach Karagöz Nr. 2086, 14. März 1928, S. 2
  3. Heinzelmann, S. 66; nach Çeviker, 1988, S. 114–115

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