Kanderkorrektion

Kanderkorrektion
Kander-Durchstich
Plan von Samuel Bodmer (1710): Thunersee unten im Bild

Die Kanderkorrektion (auch Kanderdurchstich genannt) war eine Gewässerkorrektur, bei welcher zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Kander, die zuvor unterhalb des Thunersees in die Aare floss, in den Thunersee eingeleitet wurde.

Die Kander floss ursprünglich durch die Thuner Allmend und mündete zwischen Thun und Uttigen in die Aare. In diesem relativ ebenem Gebiet verursachte sie immer wieder Überschwemmungen und lagerte grosse Mengen mitgeführten Geschiebes ab. Da sie nur wenige hundert Meter am Thunersee vorbeifloss, fasste man schon früh eine Umleitung ins Auge. Der See sollte das Geschiebe aufnehmen. Zu Beginn des 18. Jahrhundert beschäftigte sich der Ingenieur Samuel Bodmer mit der Angelegenheit und erstellte Pläne, nach welchen ein Einschnitt in den Strättlighügel, welcher Kander und See trennte, hätte erstellt werden sollen.

1711 genehmigten die Behörden das Projekt und die Bauarbeiten begannen. Sie wurden jedoch durch den Zweiten Villmergerkrieg 1712 verzögert. Daraufhin änderte man den Plan und begann im Frühling 1713 mit dem Bau eines Stollens anstelle des unfertigen Einschnitts. Ende dieses Jahres erfolgte der Durchstich. Im Verlauf des Jahres 1714 grub sich der Fluss immer tiefer in das lockere Moränengestein ein. Das führte dazu, dass der Stollen einstürzte und die Kanderschlucht entstand. Das Geschiebe häufte sich im Thunersee zum Kanderdelta an, das seit 1913 durch Kiesabbau bewirtschaftet wird.

Die Kanderkorrektion war die erste grössere Gewässerkorrektion in der Schweiz und fehlende Erfahrung führte in der Folge zu grösseren Problemen. Durch die Kanderkorrektur erhöhte sich der Zufluss in den Thunersee um 60%, wofür die Aare als Seeabfluss bis zum früheren Einfluss der Kander nicht ausreichte. Thun und seine Umgebung wurden in den folgenden Jahren regelmässig bis zum 1. Stock der Häuser überschwemmt. Die Kanalisierung der Aare in Thun 1716 führte durch die stärkere Strömung zu Ufererosionen und Kolken und zum Einsturz einer Brücke und mehrere Häuser, verhinderte die Überschwemmungen jedoch nicht. Ein neues Projekt ab 1720 umfasste eine Ausweitung des Aarebetts und den Bau von Regulierwerken, die 1788 und 1818 erneuert wurden. Erst mit der Aarekorrektion zwischen Thun und Bern, von 1871 bis 1878, konnten die Probleme mit den Überschwemmungen weitgehend behoben werden.[1] Allerdings bestehen bei Hochwasser in Thun bis heute Probleme, so dass 2004 ein Vorschlag zu einem Entlastungsstollen unterbreitet wurde. Dieser Stollen wurde im Jahre 2008 fertiggestellt.

Einzelnachweise

  1. Daniel L. Vischer: Die Geschichte des Hochwasserschutzes in der Schweiz Von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert, S. 68ff

Literatur

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