Kanalinsel

Kanalinsel
Der Ärmelkanal mit den Kanalinseln Guernsey und Jersey

Die Kanalinseln oder Normannischen Inseln (engl.: Channel Islands, frz.: Îles anglo-normandes) sind eine Inselgruppe im Ärmelkanal (vor der Küste des französischen Départements Manche). Sie beherbergen ungefähr 160.000 Einwohner.

Die Kanalinseln sind Gipfelreste des Armorikanischen Massivs und bestehen vor allem aus Tiefengesteinen (2,6 bis 1 Mrd. Jahre alt). Zu Inseln wurden sie nach dem Anstieg des Meeresspiegels nach der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren. Durch Erosion bildeten sich die heutigen Oberflächenformen: Jersey und Sark sind flache Plateaus mit hohen Küsten, Guernsey, Alderney und Herm dagegen, weiter nördlich gelegen, fallen von Süden nach Norden ab und haben im Norden flache Strände. Die höchste Erhebung auf den Kanalinseln beträgt ca. 109 m und liegt auf Sark.

Inhaltsverzeichnis

Verwaltung

Politisch sind sie unterteilt in die Amtsbezirke (Vogteien, englisch bailiwick) von Guernsey und Jersey. Die beiden Amtsbezirke haben eigene Parlamente (die States).

Die Kanalinseln sind weder ein Teil des Vereinigten Königreichs noch eine Kronkolonie, sondern sind direkt als Kronbesitz (englisch crown dependency) der britischen Krone (in ihrer Funktion als Herzöge der Normandie) unterstellt (→ Suzeränität). Diesen Sonderstatus hat sonst nur noch die Isle of Man.

Obwohl die Kanalinseln geographisch nicht zu den britischen Inseln gehören, werden sie oftmals aus politischen Gründen zu ihnen gezählt. Beim Beitritt Großbritanniens 1973 zur Europäischen Gemeinschaft wurde der Status der Kanalinseln in einem Zusatzprotokoll geregelt.[1] Die Kanalinseln sind demnach nicht Mitglieder der EU, gehören aber dem Zollgebiet der Gemeinschaft an.

Die Kanalinseln waren in der Vergangenheit mit 100 Finanzinstituten, darunter einigen deutschen, und 352 Versicherungsunternehmen ein bedeutender Finanzplatz und galten als attraktive Steueroase. [2]

Inseln

Karte der Kanalinseln

Bailiwick of Jersey (Vogtei Jersey)

Insel Fläche [3] Einwohner[4] Koordinaten
Jersey 116,2 km² 87.186 49° 13′ N, 2° 8′ W49.216666666667-2.13257
Les Dirouilles[5] < 1 km² unbewohnt 49° 20′ N, 2° 3′ W49.325-2.04166666666677
Ecréhous[5] < 1 km² unbewohnt 49° 18′ N, 1° 56′ W49.291666666667-1.9257
Minquiers[5] < 1 km² unbewohnt 48° 59′ N, 2° 8′ W48.975-2.1257
Pierres de Lecq[5] < 1 km² unbewohnt 49° 18′ N, 2° 12′ W49.291666666667-2.20277777777787

Bailiwick of Guernsey (Vogtei Guernsey)

Insel Fläche Einwohner Koordinaten
Guernsey 63,4 km² 59.807 49° 27′ N, 2° 35′ W49.455833333333-2.57757
Alderney 7,9 km² 2.294 49° 42′ N, 2° 12′ W49.7-2.27
Sark 5,5 km² 550 49° 26′ N, 2° 22′ W49.433333333333-2.36666666666677
Herm[6] 2 km² 97 49° 28′ N, 2° 27′ W49.472777777778-2.44944444444457
Brecqhou < 1 km² bewohnt 49° 26′ N, 2° 23′ W49.431388888889-2.38722222222227
Burhou < 1 km² unbewohnt 49° 44′ N, 2° 15′ W49.731388888889-2.25194444444447
Jethou < 1 km² 4 49° 27′ N, 2° 28′ W49.457777777778-2.46257
Lihou[7] < 1 km² unbewohnt 49° 28′ N, 2° 40′ W49.460555555556-2.66833333333337
Casquets[5] < 1 km² unbewohnt 49° 43′ N, 2° 22′ W49.717777777778-2.36861111111117

Geschichte

Die Kanalinseln gehören zu den Gebieten, die vor dem nacheiszeitlichen Meeresanstieg, der etwa 4000 v. Chr. abgeschlossen war, Teil des kontinentalen Festlandes waren und als solche bereits früh besiedelt wurden. Älteste Funde aus dem Mittelpaläolithikum stammen aus der Höhle von La Cotte de St. Brelade. Als die ältesten neolithischen Fundorte gelten Les Fouaillages auf Guernsey und Le Pinnacle auf Jersey, wenn auch die Zuordnung der Funde aus Les Fouaillages zur Bandkeramik nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Im weiteren Verlauf der Jungsteinzeit wurden zahlreiche Megalithanlagen und Steinkisten erbaut. Von ursprünglichen Anlagen sind noch 25 erhalten. Es gibt einige Menhire, zwei davon (Castel) sind anthropomorph gestaltet. St. Peter Port war bereits in der Eisenzeit ein Handelsstützpunkt. Zahlreiche römerzeitliche Funde, unter anderem ein Wrack im Hafen von Saint Peter Port, belegen Handel mit dem Festland.

Im Mittelalter waren die Kanalinseln Teil der Ländereien des Herzogs der Normandie; dieser Titel wird auch heute noch in Personalunion von den Königen und Königinnen des Vereinigten Königreichs getragen.

Im Jahre 1066 eroberte Wilhelm der Eroberer England und wurde englischer König. Über die Jahrhunderte gingen alle Ländereien in Frankreich verloren, und nur die Kanalinseln blieben im Besitz der Herzöge der Normandie. Die Französische Sprache wird von Teilen der Bevölkerung in Form eines speziellen Dialekts (Patois) noch heute gesprochen.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Kanalinseln vom 30. Juni bis 1. Juli 1940 von deutschen Truppen praktisch kampflos erobert. 22.656 der rd. 94.000 Einwohner, darunter die nahezu komplette Einwohnerschaft der Insel Alderney waren bereits vorher nach Großbritannien in Sicherheit gebracht worden. Nur auf Sark gab es keine Evakuierungen.

Die Kanalinseln waren der am schwersten befestigte Teil des Atlantikwalls, da Hitler von diesen kleinen englischen Gebieten, die jetzt in deutscher Hand waren, wie besessen war. Die Abwehrpläne sahen verstärkte Betonbauten, unterirdische Kammern und Tunnel als Schutzräume, Eisenbahnschienen und Panzerabwehrmauern vor. Die Inseln verfügten über 16 Küstenbatterien sowie leichte und schwere Flak-Stellungen.

Diese Anlagen spielten während des Krieges allerdings keine Rolle, da Großbritannien die Bewohner nicht gefährden wollte und es daher nicht zu Kampfhandlungen kam.

Am 9. Mai 1945 übergab Generalmajor Wulf die Kanalinseln kampflos den britischen Truppen. Der 9. Mai wird seither als „Liberation day“ gefeiert. Alderney erreichten die britischen Truppen erst am 16. Mai.

Siehe auch

Literatur

  • Heather Sebire: The Archaeology & Early History of the Channel Islands. Tempus, 2005
  • M. Rule, J. Monaghan: A Gallo-Roman Trading Vessel from Guernsey. Guernsey Museum Monograph 5, Guernsey, 1993
  • Roy MacLoughlin: Britische Inseln unterm Hakenkreuz. Die deutsche Besetzung der Channel Islands. Links Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-86153-305-7

Einzelnachweise

  1. Protokoll Nr. 3 betreffend die Kanalinseln und die Insel Man, EG-Amtsblatt Nr. L 073 vom 27/03/1972 S. 0164
  2. Welt:Fluchtpunkte fürs Geld in Europa
  3. Fischer Weltalmanach 2004
  4. Zählung 2001; Fischer Weltalmanach 2004
  5. a b c d e Gruppe von Riffen und Klippen
  6. inklusive Jethou
  7. Gezeiteninsel

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kanalinsel — Ka|nal|in|sel, die: 1. <Pl.> Inselgruppe im Ärmelkanal vor der Küste Nordfrankreichs. 2. zu den Kanalinseln (1) gehörende Insel …   Universal-Lexikon

  • Der Engelspapst — Engelspapst ist ein Roman von Jörg Kastner, 2002 im Knaur Verlag (vorher, 2000 bei Scherz Verlag) erschienen. Das Buch (638 Seiten) enthält neben dem Roman noch Nachbemerkungen des Autors, ein Glossar der im Buch erwähnten Begriffe und Daten der… …   Deutsch Wikipedia

  • Jersey — Jer|sey 〈[dʒœ:sı]〉 I 〈m. 6; Textilw.〉 Wirkware aus weicher Wolle II 〈n. 15〉 langärmeliges Hemd aus diesem Stoff, (bes.) Trikot (des Sportlers) [nach der brit. Insel Jersey im Ärmelkanal] * * * 1Jer|sey [ d̮ʒø:ɐ̯zi , d̮ʒœrzi ], der; [s], s [engl.… …   Universal-Lexikon

  • Abkürzungen der Länder — Die im Jahre 1974 erstmals eingeführte ISO 3166 1 Kodierliste gliedert sich, nach Ländern sortiert, in drei Unterspalten für die ALPHA 2, ALPHA 3 und numerischen Codes, die im ersten Teil der ISO 3166 aufgeführt sind, und Spalten für die Top… …   Deutsch Wikipedia

  • Claude Cahun — Grab von Lucy Schwob und Suzanne Malherbe auf dem Friedhof von St. Brelade s Church, Jersey Claude Cahun (* 25. Oktober 1894 in Nantes, Frankreich mit dem bürgerlichen Namen Lucy Schwob; † 8. Dezember …   Deutsch Wikipedia

  • Guernsey-Pfund — Staat: Guernsey Unterteilung: 100 Pence ISO 4217 Code: kein Abkürzung: £, GGP Wechselkurs: (11. November 2011) 1 GGP = 1  …   Deutsch Wikipedia

  • Guernsey-Rind — Guernsey Rinder in St. Saviour s, Guernsey Das Guernsey Rind ist eine Rinderrasse von der Kanalinsel Guernsey. Es handelt sich um eine milchbetonte Rasse mit blassem bis braunem Fell. Sie ist besonders bekannt für den außerordentlichen Geschmack… …   Deutsch Wikipedia

  • Hiltrup — Das Wappen von Hiltrup Hiltrup ist einer der Außenstadtteile sowie Stadtbezirk der kreisfreien Stadt Münster in Westfalen und mit etwa 25.000 Einwohnern der größte Stadtteil. Der ehemals eigenständige Ort wurde im Zuge der Kommunalreform zum 1.… …   Deutsch Wikipedia

  • ISO-3166-1-Kodierliste — Die im Jahre 1974 erstmals eingeführte ISO 3166 1 Kodierliste gliedert sich, nach Ländern sortiert, in drei Unterspalten für die ALPHA 2, ALPHA 3 und numerischen Codes, die im ersten Teil der ISO 3166 aufgeführt sind, und Spalten für die Top… …   Deutsch Wikipedia

  • ISO 3166-1 Kodierliste — Die im Jahre 1974 erstmals eingeführte ISO 3166 1 Kodierliste gliedert sich, nach Ländern sortiert, in drei Unterspalten für die ALPHA 2, ALPHA 3 und numerischen Codes, die im ersten Teil der ISO 3166 aufgeführt sind, und Spalten für die Top… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”