Kampo

Kampo

Kampō (漢方, auch als Kanpō transliteriert) ist eine japanische Richtung der Pflanzenheilkunde, die sich in der Neuzeit auf der Grundlage der chinesischen Medizin entwickelte und auf die gleichen Wurzeln zurückgeht wie die Traditionelle Chinesische Medizin.[1]

Kampō darf in Japan anders als Moxibustion und Akupunktur nur von Ärzten oder Apothekern betrieben werden. Die moderne Kampō-Medizin verwendet Kombinationspräparate aus etwa 200 verschiedenen Kräutern.

Der Begriff „Kampō“ (漢方) kam erst auf, als es galt, eine Grenzlinie gegen die westliche Medizin zu ziehen. Im Hintergrund stehen als "Paten" die edozeitlichen Termini Kangaku (漢学 Chinakunde), Rangaku (蘭学 / Hollandkunde) und Rampō (蘭方 / Holland-Richtung, Holländische Rezepte). Das Wort „Kampō“ bedeutet so viel wie „chinesisches Verfahren“, „chinesische Rezepte“. Das Zeichen kan (漢) steht für „China“ und (方) für „Methode“, „Verfahren“, „Rezept“. Die Lautfolge ’n'-'h’ wird im Japanischen zu 'mp' assimiliert.

Geschichte

Wie viel andere Disziplinen entwickelte sich in Japan auch die Heilkunde im engen Austausch mit China. Mit der ab 600 einsetzenden und bis 894 andauernden regelmäßigen Entsendung von Gesandtschaften nach China kam auch die chinesische Medizin auf die japanischen Inseln. Die älteste medizinische Schrift japanischer Herkunft datiert auf die Zeit kurz vor der Jahrtausendwende (Ishinpō 医心方; 982, also in der Heian-Zeit, 794–1185).

Eine eigenständige japanische Sichtweise in der Therapie kam faktisch erst im 16. Jahrhundert auf, eingeleitet von dem Mediziner Tashiro Sanki (1465–1537), der aus China die während der Jin- und der Yuan-Dynastie entwickelten Lehren mitbrachte. Besonders unter seinem Schüler Manase Dōsan (1507–1594) erlebte die von ihm begründete „Schulrichtung des späteren Zeitalters“ (Gosei-ha 後世派, auch Goseihō-ha 後世方派) eine starke Systematisierung. Zugleich befreite die Etablierung einer starken Lehrtradition die japanische Medizin aus den Fesseln der bisherigen Klostermedizin. Doch schon bald regte sich Widerstand gegen die mit spekulativen und praxisfernen Elementen durchsetzten „neuen“ Konzeptionen. Die sich als „Alte Schulrichtung“ (Kohō-ha 古方派) konstituierende Bewegung griff zum einen auf frühe chinesische Klassiker wie das Shang Han Lun (傷寒論) zurück, das die durch Kälte (han / 寒) verursachten Krankheiten diskutiert, und betonten zum anderen die entscheidende Bedeutung von Beobachtung, Erfahrung und Praxis. Diese Grundhaltung trug nicht wenig zur Rezeption der westlichen Medizin bei, sie ermöglichte zugleich die Ausbildung des Fundaments der japanischen Kampō-Medizin. Der Eklektizismus der japanischen Ärzte während der Edo-Zeit macht die Grenzziehung zwischen einheimischer, chinesischer und westlicher Medizin schwierig. Moderne Gegenüberstellungen von Ost und West ignorieren nahezu durchweg den komplexen historischen Werdegang.

Drei Jahre nach der endgültigen Öffnung Japans im Jahre 1868 verfügte die neue Regierung die Einführung eines Gesundheitssystems westlicher Ausprägung. Als direktes Vorbild diente die Medizin im Deutschen Reich. Wer nun als Arzt praktizieren wollte, musste nachweisen, dass er mit der westlichen Medizin vertraut war. Die ärztliche Ausbildung, die bislang in einem persönlichen Lehrverhältniss zwischen Arzt und Schüler erfolgte, fand nunmehr an den medizinischen Fakultäten der neu gegründeten Universitäten statt. Wer nur Erfahrung mit hergebrachten Methoden vorweisen konnte, wurde aus dem Verband staatlich anerkannter Ärzte ausgeschlossen. Dennoch konnte sich die Kampō-Medizin halten. Nach wie vor gibt es Mediziner, die nach ihrer Approbation in westlicher Medizin eine Zusatzausbildung in Kampō-Medizin machen. 1976 wurden Kampō-Produkte kassenfähig. Nicht nur die speziellen Kampō-Apotheken, auch manche der „westlichen“ Apotheken führen Kampō-Mittel. An nicht wenigen pharmakologischen Fakultäten erforscht man die Inhaltsstoffe traditioneller Rezepturen.[2]

Literatur

  • Ulrich Eberhard: Leitfaden Kampo-Medizin. Japanische Phytotherapie. 2003
  • Robert Rister: Japanese Herbal Medicine. The Healing Art of Kampo. 1999
  • Akira Tsumura: Kampo: How the Japanese Updated Traditional Herbal Medicine. 1991
  • Shibata, Wu: Kampo Treatments for Climacteric Disorders. 1998

Einzelnachweise

  1. Subhuti Dharmananda: Kampo Medicine. The Practice of Chinese Herbal Medicine in Japan.
  2. Matsumoto, Inoue, Kaiji: Integrating traditional medicine in Japan: the case of Kampo medicines. (PDF) In: Complementary Therapies in Medicine, Vol. 7, No. 4, Dec 1999, S. 254–255.

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