Kallinikon

Kallinikon
Ar-Raqqa (Syrien)
DMS
Ar-Raqqa
Ar-Raqqa
Lage der Stadt Ar-Raqqa in Syrien
ar-Raqqa

Ar-Raqqa (arabischالرقة‎) oder auch ar-Raqqah geschrieben (in der Antike Callinicum oder auch Kallinikos) ist eine Großstadt in der gleichnamigen Provinz im Nordosten Syriens, an der Mündung des Belich in den Euphrat. Sie liegt im Raum der historischen Landschaft Dschazira (Nordmesopotamien) und dort in der Region Diyar Mudar.

In altorientalischer Zeit hieß die Stadt Tuttul. Ein Siedlungshügel östlich von ar-Raqqa, Tall Bi'a genannt, birgt noch heute die Ruinen dieser Stadt.[1]

331 eroberte Alexander der Große das Zweistromland. Die hellenistische Stadt Kallinikos gehörte danach erst dem Seleukiden-, dann dem Partherreich an; seit dem Jahr 195 n. Chr. gehörte die Gegend des Euphratbogens, in der die Stadt liegt, als Provinz offiziell zum Römischen Reich.

In der Spätantike war Kallinikos ein wichtiger römischer Handels- und Grenzort zum persischen Sassanidenreich. 388 stürmte hier eine aufgebrachte Menge Christen die örtliche Synagoge und steckte sie in Brand, was zu einer Konfrontation zwischen Kaiser Theodosius I., der gegen die Brandstifter vorgehen wollte, und Ambrosius von Mailand führte. Ein Grund für diesen Akt ist möglicherweise darin zu sehen, dass Jahre zuvor der Sassanidenkönig Schapur II. eine grausame Christenverfolgung initiiert hatte, an der offenbar auch Juden mitwirkten, doch ist dies nur eine unbewiesene Hypothese. Theodosius konnte sich jedenfalls nicht gegen den Bischof durchsetzen; der Pogrom blieb ungesühnt.

Aufmerksamkeit erregte der Ort dann wieder knapp 150 Jahre später: Der oströmische General Belisar erlitt 531 bei Kallinikos eine empfindliche Niederlage gegen die Perser. Belisar hatte eine persischen Invasionsarmee mit überlegenen Kräften zum Abzug nötigen können; bei Kallinikos erreichten die römischen Truppen die Feinde und zwangen sie - vielleicht gegen Belisars Willen - zur Schlacht, die der Augenzeuge Prokopios von Caesarea später in seine Historien geschildert hat. Beide Seiten erlitten hohe Verluste, doch letztlich konnten die Perser das Feld behaupten und sich unbehelligt über den Euphrat in ihr Reich zurückziehen. Der magister officiorum Hermogenes, der sich bei der römischen Armee aufhielt, warf Belisar bei Kaiser Justinian I. daraufhin Versagen vor; die anschließende Untersuchung führte zur zeitweiligen Abberufung des Generals vom Posten des magister militum per Orientem. Erst durch seine Loyalität während des Nika-Aufstands konnte Belisar die kaiserliche Gunst zurück gewinnen.

Im Jahr 635 eroberten die Araber die Region, die in den Jahrzehnten zuvor mehrfach durch Kriege in Mitleidenschaft gezogen worden war. Im Jahr 770 baute der Kalif al-Mansur die Stadt als Ar-Raqqa zu einem Stützpunkt gegen Byzanz aus. Harun ar-Raschid machte es zu seiner Residenz; Al-Battani führte hier Anfang des 9. Jahrhunderts astronomische Beobachtungen durch. Die Mongolen zerstörten Ar-Raqqa, nachdem sie 1258 das Zweistromland erobert hatten. Danach war die Stadt verödet. Im Jahr 1516 wurde Ar-Raqqah osmanisch. Später wurde sie dem Vilayet Aleppo zugeordnet. Nach der türkischen Niederlage im Ersten Weltkrieg kam es zum französischen Mandatsgebiet Syrien, das 1944 seine Unabhängigkeit erhielt.

Heute ist Ar-Raqqa mit rund 200.000 Einwohnern die sechstgrößte Stadt Syriens. Etwas westlich der Stadt wurde der Euphrat durch den Assad-Staudamm aufgestaut. Ar-Raqqa liegt an der Straßen- und Bahnverbindung von Dair az-Zaur nach Aleppo.

Einzelnachweise

  1. Fundamente von Bauten der Stadt Tuttul

Weblinks

35.94959166666739.02057Koordinaten: 35° 57′ N, 39° 1′ O


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