Kajaphas

Kajaphas

Kajaphas (auch Kaiphas oder Kajafas; eigentlich: Josef Qajjafa) war jüdischer Hoherpriester von 18 bis 36. Er wurde berühmt durch die Darstellung in den christlichen Evangelien, wonach er maßgeblich an der Verurteilung Jesu von Nazaret beteiligt gewesen sein soll.

Jesus vor Kajaphas (Gemälde von Giotto di Bondone (1267-1337)

Inhaltsverzeichnis

Historische Daten

Als historisch gesichert gelten folgende Informationen zu Kajaphas, die sich vor allem im Werk des jüdischen Historikers Flavius Josephus finden und durch neutestamentliche Überlieferung gestützt werden.[1] Danach war Kajaphas der Schwiegersohn von Hannas (Joh 18,13 EU), der von 6 bis 15 das Amt des Hohenpriesters bekleidete. Kajaphas wurde im Jahr 18 n. Chr. durch den römischen Präfekten Valerius Gratus berufen (Ant XVIII,95). Das Amt des Hohenpriesters wurde nach jüdischem Brauch jährlich neu durch den jüdischen Sanhedrin („Hoher Rat“) an ein Mitglied der Priesteraristokratie der Sadduzäer vergeben. Insofern gilt die außergewöhnlich lange Amtszeit des Kajaphas von 19 Jahren als Folge seiner geschickten Amtsführung nach außen und innen. Da auch die jüdisch-religiösen Ämter in dieser Zeit wesentlich von dem Wohlwollen der römischen Besatzungsmacht in Judäa abhingen, wird Kajaphas in erheblichem Maße auf römische Belange Rücksicht genommen haben. Daneben erhielt er wohl Unterstützung durch seinen Schwiegervater Hannas.[2] Nach dem Zeugnis des Flavius Josephus erfolgte die Absetzung des Kajaphas durch den Legaten Lucius Vitellius parallel zur Abberufung des Statthalters Pontius Pilatus im Jahr 36 n. Chr. (Ant XVIII,95), was möglicherweise auf Kajaphas enge Verflechtung mit der römischen Macht hinweist.

Durch Ernennung von Vitellius wurde Jonatan ben Hannas, der Schwager Kajaphas, Nachfolger in der Funktion als Hoherpriester (36–37). Jonatan war einer der fünf Söhne von Hannas.

Im Jahr 1990 wurde im Jerusalemer Vorort Talpiot in einer Familiengrabstätte aus dem 1. Jahrhundert ein aufwändig verzierter Knochenkasten (Ossuar) gefunden, der die Gebeine des Kajaphas enthalten soll. Eine aramäische Inschrift lautet: „Jehosef bar Qajfa“, was dem griechischen Namen „Josef, Sohn des Kaiphas“ entspricht.

Bedeutung

Die Gestalt des Kajaphas hat in der Darstellung der christlichen Evangelien eine äußerst zwiespältige Berühmtheit gewonnen. Nach den Passionserzählungen der Evangelisten Matthäus (26,3.57 EU) und Johannes (11,47-53 EU; 18,12-28 EU) war der jüdische Hohe Rat und namentlich der amtierende Hohepriester Kajaphas federführend beteiligt an der Auslieferung Jesu an die Römer, die seine Kreuzigung betrieben. Die jüdische Führung besaß zur Zeit Jesu nicht das Recht auf Kapitalgerichtsbarkeit. Auch formaljuristisch widerspricht das in den Evangelien geschilderte Verfahren gegen Jesus zeitgenössisch-jüdischen Rechtsgrundsätzen.

Nach Mt 26,59-68 EU suchte der jüdische Hohe Rat durch Falschaussagen Jesus einer Gesetzesübertretung zu überführen. Matthäus schildert dann das Urteil des Hohenpriesters (Kaiphas), das auf Gotteslästerung lautet und vom Hohen Rat mit dem Todesurteil gegen Jesus belegt wird (Mt 26,65-66 EU).

Nach Joh 11,49-52 EU gab Kajaphas seinen Ratskollegen schon vor der Verhandlung den entscheidenden Hinweis zum Umgang mit Jesus, der durch sein Wirken die jüdischen Autoritäten herausgefordert hatte: „Es ist nützlich für euch, wenn ein Mensch sterbe für das Volk, und nicht die ganze Nation zugrunde gehe“. Johannes kennzeichnet diese Wertung des Kajaphas jedoch ausdrücklich als Prophetie (Joh 11,51 EU), so dass sie sich einer juristischen oder ethischen Einordnung weitgehend entzieht und im Horizont theologischer Konzeptionen zur Sendung Jesu zu verstehen ist.

Dennoch hat die Darstellung des Kajaphas bei Matthäus und Johannes in der Geschichte des Christentums zu erheblichen antijüdischen Tendenzen geführt. Die Frage nach der Schuld am Tod Jesu wurde so häufig Anlass zu generell judenfeindlichen Einstellungen und Verhaltensweisen.

Einzelbelege

  1. Rainer Riesner, Art. Kajafas, in: NBL Band II, 427-428
  2. Rainer Riesner, Art. Kajafas, in: NBL Band II, 427

Weblinks

Literatur


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