Kai Ehlers

Kai Ehlers
Kai Ehlers, links, 2006 in der Mongolei

Kai Ehlers (* 19. April 1944 in Brüx bei Prag) ist ein deutscher Journalist, Publizist, Schriftsteller, Forscher und Organisator, der sich vor allem mit der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des post-sowjetischen Raumes beschäftigt. In Druck- und online-Medien veröffentlicht er regelmäßig Reportagen und politische Kommentare, so in Russland.ru und Eurasisches Magazin. Seine Bücher haben überwiegend publizistischen, teils wissenschaftlichen, vereinzelt auch lyrischen Charakter. Er lebt und arbeitet seit 1969 in Hamburg.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Ehlers wurde 1944 in Brüx (bei Prag) geboren, verlebte eine unruhige Nachkriegsjugend in wechselnden familiären Verhältnissen und in verschiedenen Orten Westdeutschlands. 1964 machte er in Melle bei Osnabrück Abitur am neusprachlich-humanistischen Gymnasium, studierte anschließend Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaft in Göttingen, ab 1967 in Berlin.

Politische Bewegung

Dort war er aktiv in der Außerparlamentarischen Bewegung und hatte engen Kontakt mit der Kommunebewegung. 1969 zog er nach Hamburg und war dort Mitbegründer der Künstler- und Politkommune "Ablassgesellschaft", 1971 des Kommunistischen Bundes Hamburg und Redakteur und presserechtlich Verantwortlicher von deren Zeitung „Arbeiterkampf“ (AK, später analyse & kritik). Als Autor schrieb er vor allem zu den Themen Demokratie und Recht, Polizei und Verfassungsschutz, Faschismus und Anti-Faschismus und zu allgemeinen Fragen der Staatsentwicklung, anfangs unter dem Pseudonym "F.", ab 1978 unter vollem Namen.

Weiterhin arbeitete er zwischen 1972 und 1989 als Initiator und Leiter der "Antifaschismus-Kommission", der "Anti-Repressions-Kommission" und des "Initiativ-Komitees Arbeiterhilfe" des Kommunistischen Bundes.

Als im Oktober 1977 in der Zeitung „AK“ die Selbstmord-These der Staatsanwaltschaft zu den Todesfällen der RAF-Gefangenen kritisiert wurde, wurde Ehlers als presserechtlich Verantwortlicher der Zeitung formell angeklagt, die Anklage später aber fallen gelassen.

Transformation im postsowjetischen Raum

Seit Anfang der 1980er beschäftigte sich Ehlers zunehmend mit den sich ankündigenden Veränderungen im Ostblock. Von 1983 an unternahm er eine Vielzahl von Reisen in die Sowjetunion und später nach Russland, beginnend mit Moskau und den westrussischen Metropolen und weiter nach Sibirien und Fernost, sowie in die Mongolei und nach China.

Ab 1989 und nach der Wende in Russland war er dort hauptberuflich recherchierend tätig. In zahlreichen Gesprächen und Interviews mit Funktionären, Politikern, Unternehmern, Wissenschaftlern, Künstlern, Arbeitern und Bauern verfolgte er den Transformationsprozess im nachsowjetischen Raum und beschrieb diesen in einer Reihe von Zeitungs- und Radio-Reportagen sowie Buchveröffentlichungen.

Wissenschaftliche Arbeit

Seit Mitte der 1990er initiierte er eine Reihe von wissenschaftlichen Kongressen zur Transformation in Russland, teils in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Er hält weiterhin Vorträge, Seminare und Workshops bei Bildungsakademien, freien Trägern und politischen Organisationen in Deutschland und Russland.

Ab 1997 erweiterte er seine Forschungen auf Zentral- und Mittelasien, Sibirien, Fernost, die Mongolei und den Altai, seit dem Sommer 2002 auch auf Chinas Rolle für die Neuordnung Eurasiens und den Prozess der Globalisierung.

Daneben arbeitet er unter der Formel "Integrierte Gesellschaft" an Fragen der Globalisierung auch auf Deutschland bezogen, und thematisiert dabei etwa das Konzept des Grundeinkommens in Veröffentlichungen und Gesprächskreisen.

Organisationen

  • Begründer und Vorsitzender des "Nowostroika e.V.“, der sich die Förderung des Ost-West-Dialogs und die Unterstützung selbstbestimmter Initiativen in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion zur Aufgabe stellt.
  • Gründung der Initiativen „Kultur der Jurte“ und „Schafft zwei, drei, viele Jurten“, die sich für die Unterstützung einer ökologisch orientierten Modernisierung mongolischer Jurtengemeinschaften sowie den Kulturaustausch zwischen Mongolen und Deutschen einsetzen.
  • Initiator des "Forum integrierte Gesellschaft", das sich für die Entwicklung des interkulturellen Dialoges zwischen verschiedenen alternativen Strömungen, Gesellschaftskonzeptionen und kulturellen Szenen einsetzt.
  • Mitglied im "LIT", Literaturzentrum Hamburg, bei Attac sowie dem "Netzwerk Grundeinkommen e.V.".

Werke (Auswahl)

  • Gorbatschow ist kein Programm – Begegnungen mit Kritikern der Perestroika, konkret literatur Verlag, 1989
  • Gewaltsam zur Demokratie? – Im Labyrinth der Wiedergeburt zwischen Asien und Europa, Verlag am Galgenberg, Hamburg, 1991
  • Herausforderung Russland: Vom Zwangkollektiv zur selbst bestimmten Gemeinschaft? Eine Bilanz der Privatisierung., Schmetterlingsverlag, 1997
  • Grundeinkommen – Sprung in eine integrierte Gesellschaft?, Verlag Pforte, Oktober 2006, 2. Auflage Februar 2007
  • Die Zukunft der Jurte – Kulturkampf in der Mongolei?, Mankau Verlag, November 2007
  • Russland – Herzschlag einer Weltmacht., Verlag Pforte, Januar 2009
  • Kartoffeln haben wir immer. (Über) leben in Russland zwischen Supermarkt und datscha, Horlemann Verlag, 2010

Forschungsarbeiten

In Deutsch, Russisch und Englisch veröffentlichte die Rosa-Luxemburg-Stiftung Moskau:

  • Gemeinschaften und Privatisierung – Ergebnis eines Forschungsprojektes, November 2003
  • Brücke über den Amur? – Gastarbeiter in Russland, Dezember 2004

Herausgaben

  • Antifaschistische Russel Reihe, 1978, J. Reents-Verlag

Literatur

  • Michael Steffen, „Geschichten vom Trüffelschwein – Politik und Organisation des Kommunistischen Bundes 1971 bis 1991“, Assoziation A, Göttingen, 2002
  • „Alles schien möglich – 60 Sechziger über die 60er Jahre und was aus ihnen wurde“, Hrgbr. Werner Pieper, Der grüne Zweig 252, Lörrach, 2006 Kontraste
  • KursKontakte 152, August/September 2007, Porträt des Schriftstellers Kai Ehlers und der Künstlerin Frederike von Dall ´Armi.

Weblinks


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