KP Brehmer

KP Brehmer

KP Brehmer, eigentlich: Klaus Peter Brehmer (* 12. September 1938 in Berlin; † 16. November 1997 in Hamburg), war ein deutscher Maler, Grafiker und Filmemacher. Von 1971 bis 1997 war er Ordentlicher Professor an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Die meisten seiner Werke sind als Politische Kunst oder die Visualisierung politischer Tendenzen zu betrachten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren wurde KP Brehmer 1938 in Berlin - seine Eltern sind der Technische Reichsbahnassistent Frank Brehmer und Gertrud Brehmer, seine Geschwister Werner Brehmer und Jürgen Brehmer. Nach der Schule absolvierte er von 1957 bis 1959 eine Lehre zum Chemigraf und bereits 1959 fertigte er erste Radierungen an. Der Ausbildung folgte von 1959 bis 1961 das Studium der freien Grafik an der Werkkunstschule Krefeld bei Rolf Sackenheim, einem Schüler von Otto Coester. Nachdem 1961 erste Versuche mit fotografischen Schichten, Fotoradierungen und Klischeedrucke erfolgten, wechselte Brehmer 1961 zum weiteren Studium der freien Grafik an die Kunstakademie Düsseldorf, wo er bis 1963 bei Otto Coester arbeitete. Nach einem einjährigen Parisaufenthalt im Atelier Stanley William Hayter 1963, das im Rahmen eines Stipendiums erfolgte 1964 die Rückkehr nach Berlin, wo sich KP Brehmer den verschiedensten Arten des grafischen Designs widmet. In dieser Zeit entstehen gefaltete Grafiken, eigene Vorstellungen von Briefmarkenserien, Farbmuster und Skalen, verschiedene Filmarbeiten und Demografien.

1971 erfolgt die Berufung als Professor an die Hochschule für bildende Künste Hamburg und in den Jahren 1987 und 1988 ist er zudem als Gastdozent an der Kunstakademie Hangzhou (VR China).

Das Werk

In die frühesten mit fotomechanischen Reproduktionstechniken (Klischeedruck, Siebdruck und Offsetdruck) hergestellten grafischen Arbeiten mischten sich schnell „reale“ Objekte wie architektonische, technische und organische Elemente unter die abstrakten Motive.

Beeinflusst von den um 1960 aufkommenden neuen Kunstdefinitionen und –richtungen wie der Pop Art, aber auch vom politischen Aufbegehren der jungen Generation der 60er, definierte Brehmer eine neue Formensprache, die sich – in Opposition zur abstrakten Kunst der 50er Jahre – realistischer Motive bediente. So entstanden um 1963 sogenannte Trivialgrafiken, die als Klischeedruck (eine Hochdrucktechnik, die auch als Rasterätzung oder Autotypie bezeichnet wird) ausgeführt wurden. Dabei nutzte Brehmer „alltägliche“ Motive aus der Werbung und den Massenmedien, wie nackte Frauen, Autos oder Raumfahrer. Schließlich überwand Brehmer mit der Konstruktion von Aufstellern und Schachteln die beschränkte Dimensionalität der Druckgrafik. Daneben nutzte Brehmer Mitte der 60er Jahre ein neues Motiv, die Briefmarke, die als autoritative Instanz mit kultureller Definitionsmacht definiert werden kann. Diese Einzelgrafiken setzte er z. T. zu Albumseiten oder Beuteln zusammen.

Mit seinen Arbeiten seit Mitte der 60er Jahre wurde Brehmer, neben Konrad Lueg, Sigmar Polke, Gerhard Richter und Wolf Vostell, ein wichtiger Vertreter des Kapitalistischen Realismus (Kapitalistischer Realismus). Heute werden die dem Kapitalistischen Realismus zuzurechnenden Werke oft auch der europäischen Pop Art, mit der Bemerkung einer besonderen – politischen – Prägung zugeordnet.

Gleichzeitig versuchte Brehmer durch unlimitierte oder falsch deklarierte Auflagen, Andrucke, Sonderausgaben die Kunst zu demokratisieren und die kommerziellen Strukturen der Kunstverwertung zu unterwandern.

In den 70er Jahren entstand eine neue Werkgruppe – die so genannten „diagrammatischen Arbeiten“, in denen Farbmuster, Landkarten und Statistiken verarbeitet wurden. Der politische Charakter trat noch stärker hervor. So beschäftigte sich Brehmer mit der Deutung und Bedeutung von Farbe als Symbol (Farbengeografien, Ideale Landschaft, Farbmuster) und schuf überdimensionale Schautafeln und Karten zum Faschismus (Hitlers Rede, 1973), zur kommunistischen Bedrohung (Lokalisierung von Rotwerten, 1972), zu Umweltschäden (Skyline, 1972) und Kriegsfolgen (Lokalisierung Rot/Rosa, 1972 My Lai). Bekannteste Arbeit dieser Werkgruppe ist eine manipulierte Deutschlandfahne (Korrektur der Nationalfarben, 1972), die in den drei unterschiedlich großen Farbflächen schwarz rot gold die Vermögensverteilung in Westdeutschland versinnbildlicht und die vor der Documenta 5 aufgezogen wurde.

Ab den späten 70er Jahren begann Brehmer – neben der fortgesetzten Produktion von Grafiken und Zeichnungen – zu malen. Die Motive sind aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften entnommene Thermografien, Sonogramme etc.. Der dabei unternommene Versuch die menschlichen Gefühle und Gedanken als quantifizierbare physikalische und chemische Prozesse wissenschaftlich zu definieren, wurde von Brehmer thematisiert und kritisch hinterfragt.

Neben den Grafiken, Tafelbildern und Zeichnungen produzierte Brehmer zahlreiche Filme (z. B. Walkings 16 mm, 20 min., s/w, Ton; Kleistfilm, 16 mm, 9 min., Farbe, Ton; mehrere Dokumentarfilme über Aktionen von J. Beuys, C. Moorman, A. Kaprow, A. Koepcke, S. Polke u. a.) sowie auf grafischen Vorlagen beruhende Kompositionen (Seele und Gefühl eines Arbeiters, 1978; Komposition Nr. 3 (in Form eines Spitzkleeblattes), 1983 u.a.)

Die Visualisierung gesellschaftlicher Entwicklungen und politischer Tendenzen kann man als den „roten Faden“ im Werk KP Brehmers bezeichnen.

Einzelausstellungen

Wir sind zur Zeit darauf angewiesen, die vorgegebenen Institutionen – Kunstvereine, Museen, Galerien usw. – zu benutzen. Das ist eine bestimmte Bahn, die man benutzen kann, denn die funktioniert heute noch. Ich halte also sehr wenig davon, diese Dinge zu zerstören – diese Institutionen kann man unterwandern. Sichtagitation. Und deswegen bin ich auch dagegen, daß man sagt: Kunst, Malerei – ist nicht mehr. Ein scharfes Bild in einer Ausstellung, in einer Galerie, das kann durchaus noch eine gewisse Effektivität haben.(Zitat: KP Brehmer)

  • 1964 Graphisches Kabinett der Freien Galerie, Berlin
  • 1965 Klaus Peter Brehmer: Trivialgrafik, Galerie René Block, Berlin (K)
  • 1971 KP Brehmer. Produktion 1962 - 1971, Kunstverein Hamburg (K) / Galerie Baecker, Bochum
  • 1972 Galerie Bama, Paris (Frankreich) / Galerie René Block, Berlin
  • 1975 Bilder einer Ausstellung, René Block Gallery, New York (USA)
  • 1976 KP Brehmer. Gesamte Druckgrafik, Museum Wiesbaden (K)
  • 1977 Time, College of Art, Philadelphia (USA)
  • 1985 KP Brehmer. Wie mich die Schlange sieht. Wie ich die Schlange sehe, DAAD-Galerie, Berlin (K), Stadtgalerie, Saarbrücken; Büro Orange, München (K)
  • 1989 KP Brehmer. 30 Jahre Arbeit in Kunst. Trivialgrafik, Aufsteller, Schachteln, 1959 - 1970, Galerie Vorsetzen, Hamburg (mit Stephan von Huene)
  • 1993 KP Brehmer, Schamanismus, Galerie Vorsetzen, Hamburg (mit Bogomir Ecker)
  • 1994 KP Brehmer - Briefmarken 1966 - 1972, Galerie Bernd Slutzky, Frankfurt a. M. (K)
  • 1995 KP Brehmer, DG HYP-Ausstellungsforum, Hamburg (K)
  • 1998 KP Brehmer - Alle Künstler lügen, Fridericianum, Kassel (K)
  • 2000 KP Brehmer – Das Gefühl zwischen den Fingerkuppen, Galerie Bernd Slutzky, Frankfurt a. M.
  • 2004 KP Brehmer - Nationale Werte, Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen

Gruppenausstellungen

KP Brehmer hatte es gar nicht so sehr auf Einzelausstellungen angelegt. Ihm erschienen Gruppenausstellungen wegen des künstlerischen Austausches interessanter". (Zitat Monika Brehmer)

  • 1964 Neodada, Pop Decollage, Kapitalistischer Realismus, Galerie René Block, Berlin
  • 1966 Kritische Grafik. Brehmer - Staeck - Vostell, Graficky kabinety, Brno (Tschechoslowakei)
  • 1967 Hommage à Lidice, Galerie René Block, Berlin; Spala Galerie, Prag (Tschechoslowakei) / New multiple art, Whitechapel Art Gallery, London (Großbritannien)
  • 1971 Metamorphose des Dinges. Kunst und Antikunst 1910 - 1970, Nationalgalerie, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin
  • 1972 documenta 5. Befragung der Realität. Bildwelten heute, Kassel
  • 1973 Kunst im politischen Kampf. Aufforderung - Anspruch - Wirklichkeit, Kunstverein Hannover
  • 1974 Art in Society. Society into Art, Institute of Contemporary Arts, London (Großbritannien)
  • 1975 Druckgrafik der Gegenwart, Nationalgalerie, Berlin / Boites, ARC 2, Musée d´Art Moderne de la ville de Paris (Frankreich)
  • 1976 Künstler drucken, Leipzig (DDR) / Working Party, Whitechapel Art Gallery, London (Großbritannien)
  • 1977 documenta 6 in Kassel / 13° E. Eleven Artists working in Berlin, Whitechapel Art Gallery, London (Großbritannien)
  • 1978 Eremit? Forscher? Sozialarbeiter? Das veränderte Selbstverständnis von Künstlern, Kunstverein und Kunsthaus, Hamburg / Kunst von 1960 bis heute, Berlinische Galerie, Berlin / Realisten, Kunsthalle Rostock (DDR); Moskau (Russland)
  • 1979 Für Augen und Ohren. Von der Spieluhr zum akustischen Environment, Akademie der Künste, Berlin / Écouter par les yeux, ARC, Musée d´Art Moderne de la ville de Paris (Frankreich) / Cartes de la terre, Centre Pompidou, Paris (Frankreich)
  • 1984 Zugehend auf eine Biennale des Friedens. Hamburger Wochen für Bildende Kunst 1985, Kunsthaus und Kunstverein, Hamburg
  • 1985 Vorsatz 1, Galerie Vorsetzen, Hamburg
  • 1987 1961 Berlin art 1987, Museum of Modern Art, New York (USA)
  • 1988 China & The West Calligraphy & Painting Harmony, Art Gallery, Hangzhou (VR China)
  • 1989 Broken Music. Artists´ Recordworks, DAAD-Galerie, Berlin; Gemeentemuseum, Den Haag (Niederlande); Magasin, Grenoble (Schweiz)
  • 1990 The Readymade Boomerang / 8th Biennale of Sydney (Australien)
  • 1991 Fluxus & Concept-art. Sammlung Beck, Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen / Umwandlungen, National Gallery of Korea, Seoul (Südkorea) / Mit dem Kopf durch die Wand. Sammlung Block, Statens Museum for Kunst, Kopenhagen; Kunsthalle, Nürnberg
  • 1992 KP Brehmer, K.H. Hödicke, Konrad Lueg, Wolf Vostell, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Grafik des Kapitalistischen Realismus, Galerie Bernd Slutzky, Frankfurt a.M. (K)
  • 1993 Mediale Hamburg
  • 1997 PRO LIDICE - 52 Künstler aus Deutschland, Tschechisches Museum für Bildende Künste, Prag (Tschechien)
  • 1999 Pop Impressions. Europe/USA, The Museum of Modern Art, New York (USA) / EuroPop. A Dialogue with the US, Arken Museum for Moderne Kunst, Kopenhagen (Dänemark)/ Chronos und Kairos. Die Zeit in der zeitgenössische Kunst, Fridericianum Kassel
  • 2000 Das XX. Jahrhundert. Ein Jahrhundert Kunst in Deutschland. Nationalgalerie Berlin / Hamburger Bahnhof (K)
  • 2002 Shopping. 100 Jahre Kunst und Konsum. Kunsthalle Schirn, Frankfurt a.M., Tate Galery, Liverpool (Großbritannien)
  • 2003 Berlin-Moskau. 1950-2000, Berliner Festspiele / Martin-Gropiusbau Berlin
  • 2004 Moskau-Berlin 1950-2000. Staatliches Historisches Museum, Moskau (Russland) / Behind the Facts. Interfunktionen 1968-75. Miró Foundation, Barcelona (Spanien); Porto (Portugal) / Two and One.Printmaking in Germany 1945-1990, Kunsthalle zu Kiel / Krieg Medien Kunst. Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen
  • 2006 Art Salon Belgrade - ART, LIFE & CONFUSION, Belgrad (Serbien) / Eye on europe. Prints, books & multiples 1960 to know, The Museum of Modern Art, New York (USA) / Far West. Vier Künstler zwischen Deutschland und China, Kunsthaus Hamburg, verschiedene Stationen in China (2007) Shanghai u.a.

Literatur

  • Réné Block: Grafik des Kapitalistischen Realismus. Berlin 1971/1974, 2 Bände.
  • KP Brehmer: Wie mich die Schlange sieht... Ausstellungskatalog, Daad-Galerie, Berlin 1985
  • Hubertus Butin: KP Brehmer, Briefmarken 1966-1972 Ausstellungskatalog, Galerie Bernd Slutzky 1994. ISBN 3-9802923-1-2
  • KP Brehmer: Alle Künstler lügen. Ausstellungskatalog, Fridericianum Kassel 1998
  • Björn Egging: Von Pop zu Politik. Studien zur Entwicklung der politisch engagierten Kunst KP Brehmers 2004. Staats- und Universitätsbibliothek der freien und Hansestadt Hamburg [1]

Weblinks


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