KHM 187

KHM 187
Titel einer 1855 erschienenen plattdeutschen Ausgabe mit den Illustrationen von Gustav Süs
„Go'n Morgen“
„Ick bün all dor“
...un wenn se nich storben sünd, lewt se noch

Der Hase und der Igel ist ein volkstümlich überliefertes Märchen, schriftlich erstmals auf Plattdeutsch mitgeteilt von Wilhelm Schröder (1808–1878) 1840 im „Hannoverschen Volksblatt“ und 1843 von den Brüdern Grimm als Nr. 187 in die 5. Auflage der Kinder- und Hausmärchen aufgenommen.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Bei einer zufälligen Begegnung macht sich der Hase über die schiefen Beine des Igels lustig, woraufhin ihn dieser zu einem Wettrennen herausfordert, um den Einsatz eines Golddukatens und einer Flasche Schnaps. Bei der späteren Durchführung des Rennens auf einem Acker läuft der Igel nur beim Start ein paar Schritte, hat aber am Ende der Ackerfurche seine ihm zum Verwechseln ähnliche Frau platziert. Als der siegesgewisse Hase heranstürmt, erhebt sich die Frau des Igels und ruft ihm zu: „Ick bün al dor!“ („Ich bin schon hier!“). Dem Hasen ist die Niederlage unbegreiflich, er verlangt Revanche und führt insgesamt 73 Läufe mit stets demselben Ergebnis durch. Beim 74. Rennen bricht er erschöpft zusammen und stirbt.

Erläuterungen

Die Situierung des Ereignisses auf der Buxtehuder Heide ist ein Einfall Schröders. Ursprünglich hatte er das Märchen in Bexhövede gehört, was etwa 70 Kilometer von Buxtehude entfernt in der Nähe von Bremerhaven liegt. Die Gründe, die Schröder bewogen, den Handlungsort zu ändern, sind nicht sicher bekannt. Die Bezeichnung Schweinigel oder plattdeutsch Swienegel ist ein üblicher, kein wertender Name für den Igel.

Für ein Märchen ungewöhnlich ist die selbstironische Einleitung: „Disse Geschicht is lögenhaft to vertellen, Jungens, aver wahr is se doch! Denn mien Grootvader, van den ick se hew, plegg jümmer, wenn he se mi vörtüerde, dabi to seggen: ‚Wahr mutt se doch sien, mien Söhn, anners kunn man se jo nich vertellen!‘“ („Diese Geschichte ist lügenhaft zu erzählen, Jungens, aber wahr ist sie doch, denn mein Großvater, von dem ich sie habe, pflegte immer, wenn er sie erzählte, dabei zu sagen: ‚Wahr muß sie doch sein, mein Junge, sonst könnte man sie ja nicht erzählen.‘“).

Hintergrund

Der Igel ist ein „kleiner Mann“, der die Rüben in der Nähe seines Hauses zu essen pflegt, „darum sah er sie auch als die seinigen an“. Der Hase dagegen ist „ein vornehmer Herr und grausam hochfahrend noch dazu“. Die Protagonisten spielen also in etwa die Rolle eines Bauern und eines Grundbesitzers. Auf diesen sozialen Hintergrund zielen auch die beiden moralischen Schlussfolgerungen ab; für den Hasen: Man soll sich über vermeintlich unterlegene Leute nicht lustig machen – und für den Igel: Wenn man heiratet, soll man sich eine Frau aus dem eigenen Stand aussuchen, am besten eine, die genau so aussieht wie man selber: „Wer also en Swinegel is, de mutt tosehn, dat siene Fro ook en Swinegel is“.

Rezeption

Die Situation „Hase und Igel“ wie auch der Zuruf „Ich bin schon hier!“ wurden sprichwörtlich und werden bis heute in vergleichbaren Situationen zitiert. Gewöhnlich wird der Blickwinkel des „Hasen“ beschrieben, der bei wiederholter Auseinandersetzung mit dem immer gleichen Konkurrenten zu dem immer gleich frustrierenden Ergebnis kommt. Naheliegenderweise findet das Bild im Sport Verwendung, aber auch in Wirtschaft und Politik.

Adaptionen

  • In der japanischen Zeichentrickserie von 1987 Gurimu Meisaku Gekijō wird in Folge 41 die Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase und Igel dargestellt.
  • Hase und Igel ist ein 1973 von dem Engländer David Parlett erdachtes Brettspiel, das 1979 als erstes Spiel mit dem Preis Spiel des Jahres ausgezeichnet wurde und Elemente des Märchens verarbeitet, insbesondere das Prinzip, dass der Schnellste nicht unbedingt der Gewinner sein muss.

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