Jürgen Wasem

Jürgen Wasem

Jürgen Wasem (* 2. September 1959 in Köln) ist ein deutscher Wissenschaftler und Politikberater. Er ist Professor für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen in Essen. Wasem ist an der Einführung und an der Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs zwischen den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wasem studierte Volkswirtschaftslehre – mit den Nebenfächern Politikwissenschaft und Sozialpolitik – an der Universität zu Köln (1978 bis 1983) und war in jener Zeit für ein Semester als Gaststudent an der Pennsylvania State University und für drei Trimester an der University of Sussex. Von 1983 bis 1985 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Sozialpolitik der Universität zu Köln. Seine Doktorarbeit im Bereich der Gesundheitsökonomie schloss er 1986 bei Philipp Herder-Dorneich ab. Von 1991 bis 1996 arbeitete er an seiner Habilitationsschrift an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld.

Von 1985 bis 1989 war Wasem Referent in der Abteilung Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (heute ist die Abteilung im Bundesministerium für Gesundheit) unter Bundesminister Norbert Blüm und wurde zum Regierungsrat z.A. ernannt. Es folgte eine Professur für Krankenversicherung an der Fachhochschule Köln (1989 bis 1991 und 1994 bis 1997). Von 1991 bis 1994 war Wasem Projektleiter am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (Köln). Von 1997 bis 1999 war Wasem Professor für Gesundheitsökonomie an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, anschließend von 1999 bis 2003 Professor für Gesundheitsmanagement an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Seit 2003 ist er Inhaber des Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftungs-Lehrstuhls für Medizinmanagement der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Duisburg-Essen mit Sitz in Essen. 2004 hat Wasem einen Ruf an die Universität Bielefeld abgelehnt.

Jürgen Wasem lebt in Troisdorf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Mitgliedschaften, Kommissionen

Wasem leitete 1994 bis 1996 die auf Beschluss des Deutschen Bundestages von der Bundesregierung eingesetzte „Unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Problematik steigender Beiträge der privat Krankenversicherten im Alter“. Wasem bildete gemeinsam mit Karl W. Lauterbach, Bert Rürup und Gerd Glaeske 2001 eine Expertengruppe, die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung Eckpunkte für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens vorlegte. Er war andererseits auch Mitglied der Herzog-Kommission, die 2003 ein Reformprogramm für die soziale Sicherung im Auftrag des Parteivorstandes der CDU ausarbeitete. Wasem war von 2005 bis 2009 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Disease Management (DGDM) und von 2004 bis 2011 Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP), seit 2009 ist er Mitglied im Erweiterten Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie (und seit 2011 deren stellvertretender Vorsitzender) und seit 2010 im Erweiterten Vorstand des Bundesverbandes Managed Care. Bereits seit 1998 ist er Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand der Gesellschaft für sozialen Fortschritt. Wasem war von 2004 bis 2008 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Betrieblichen Krankenversicherung, dessen Vorsitz er von 2004 bis 2006 innehatte. Wasem ist seit 2001 Vorsitzender des Landesschiedsamtes für die Vertragsärztliche Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern und seit 2007 des Landesschiedsamtes für die Vertragszahnärztliche Versorgung im Rheinland. Seit 2007 ist er auch Vorsitzender des Erweiterten Bewertungsausschusses für die vertragsärztliche Versorgung, der auf der Bundesebene im Streitfall zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Gebührenordnung für die niedergelassenen Ärzte (den Einheitlichen Bewertungsmaßstab) festsetzt. Seit 1998 ist er Mitglied im Aufsichtsrat der Allianz Private Krankenversicherung (zunächst: Vereinte Krankenversicherung), seit 1997 gehört er dem Beirat der Barmenia Krankenversicherung an und seit 1999 dem Expertenbeirat der Continentale Private Krankenversicherung. Er war (bis 2010) Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (DEGEMED). Seit 1998 ist er Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. 1998 wurde er zum Sprecher der AG Reha-Ökonomie im von Bundesregierung und Rentenversicherung geförderten Forschungsschwerpunkt Rehawissenschaften gewählt. Seitdem hat er ein verstärktes Interesse an gesundheitsökonomischen Evaluationen entwickelt. Er gründete 2004 gemeinsam mit der ehemaligen Mitarbeiterin seines Lehrstuhls, Pamela Aidelsburger, die als geschäftsführende Gesellschafterin fungiert, die CAREM GmBH, ein Auftragsforschungsinstitut, das gesundheitsökonomische Evaluationen anbietet (www.carem.de). 2006 wurde er zum Mitglied des Medizinausschusses des Wissenschaftsrates berufen (bis 2010). 2007 koordinierte er eine vom Bundesministerium für Gesundheit eingesetzte Expertengruppe zu den Standards der gesundheitsökonomischen Evaluation von Arzneimitteln. Anfang 2009 wurde er von der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zum Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs, der beim Bundesversicherungsamt angesiedelt ist, ernannt und im Mai 2009 von den Mitgliedern des Beirats zum Vorsitzenden gewählt.

Inhalte

Wasem befürwortet eine stärkere wettbewerbliche Ausrichtung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen sollen unter dem Druck ihrer Versicherten eine wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Gesundheitsversorgung organisieren. Dafür ist es erforderlich, dass die Krankenkassen nicht mehr gezwungen sind, mit allen Ärzten und Krankenhäusern Verträge abzuschließen, sondern zwischen den Ärzten und Krankenhäusern auswählen können. Als wesentliche Rahmenbedingung sieht Wasem dafür einen möglichst differenzierten Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen an: Krankenkassen, die Personen, die wegen niedrigen Einkommens nur geringe Beiträge zahlen können, oder die ältere und kränkere Versicherte versichern, sollen dadurch keinen Nachteil erfahren, sondern von Krankenkassen mit einer „günstigeren“ Risikostruktur einen Ausgleich erhalten. Zwei umfangreiche Gutachten, an denen Wasem für das Bundesministerium für Gesundheit 2000/2001 und 2003/2004 mitgewirkt hat, haben die gesetzlichen Regelungen zu einem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich wesentlich beeinflusst.

Ein weiterer Schwerpunkt von Wasem sind gesundheitsökonomische Evaluationen, insbesondere von Arzneimitteln und Medizinprodukten (vgl. www.carem.de).

Wasem hat sich in den 90er Jahren dafür eingesetzt, dass die privaten Krankenversicherungsunternehmen bei der Bildung von Alterungsrückstellungen verstärkt die Inflation und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Die Vorschläge der von ihm geleiteten „Unabhängigen Expertenkommission“ (s.o.) sind weitgehend von der damaligen Gesundheitsministerin Andrea Fischer bei der „GKV-Gesundheitsreform 2000“ berücksichtigt worden.

Veröffentlichungen

  • Unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Problematik steigender Beiträge der privat Krankenversicherten im Alter. Gutachten. Bundestagesdrucksache 13/4945. online
  • G. Glaeske, K. W. Lauterbach, B. Rürup und J. Wasem: Weichenstellungen für die Zukunft. Elemente einer neuen Gesundheitspolitik. Vorgelegt zur Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Gesprächskreis Arbeit und Soziales, „Mittel- und langfristige Gestaltung des deutschen Gesundheitswesens“ am 5. Dezember 2001 in Berlin. Bonn, 2001. online
  • K. Jacobs, P. Reschke, D. Cassel und J. Wasem: Zur Wirkung des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit. Nomos, Baden-Baden, 2002.
  • I. Ebsen, S. Greß, K. Jacobs, J. Szecseny und J. Wasem: Vertragswettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung. Gutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. AOK im Dialog, Band 13. Bonn, 2003.
  • P. Reschke, S. Sehlen, G. Schiffhorst, W. Schräder, K. Lauterbach und J. Wasem: Klassifikationsmodelle für Versicherte im Risikostrukturausgleich. Endbericht. Untersuchung zur Auswahl geeigneter Gruppenbildungen, Gewichtungsfaktoren und Klassifikationsmerkmale für einen direkt morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit. Endbericht. Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung (Hrsg.): Schriftenreihe Forschungsbericht Gesundheitsforschung. Bd. 334. Bonn, 2005.

Weblinks

Belege



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