Jürgen Mittelstraß

Jürgen Mittelstraß

Jürgen Mittelstraß (* 11. Oktober 1936 in Düsseldorf) ist ein deutscher Philosoph mit dem Schwerpunkt Wissenschaftstheorie.

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Leben

Jürgen Mittelstraß studierte von 1956 bis 1961 Philosophie, Germanistik und evangelische Theologie in Bonn, Erlangen, Hamburg und Oxford. Er wurde 1961 an der Universität Erlangen promoviert und 1968 dort auch habilitiert. Seine wissenschaftliche Prägung erhielt er durch den Erlanger Konstruktivismus.

Von 1970 bis 2005 war er Ordinarius für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Universität Konstanz, seit 1990 zugleich auch Direktor des Zentrums Philosophie und Wissenschaftstheorie.

Er ist seit 1962 verheiratet und hat vier Töchter.

Forschungsschwerpunkte

Die Forschungsschwerpunkte von Mittelstraß sind die Allgemeine Wissenschaftstheorie, Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte, Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie und die Kulturtheorie. Mittelstraß gilt als einer der Hauptvertreter und Mitgründer der Konstanzer Schule, einer geschichtlich und enzyklopädisch orientierten Weiterentwicklung des Methodischen Konstruktivismus von Wilhelm Kamlah und Paul Lorenzen.

Mittelstraß ist Herausgeber der Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (in der Erstauflage vier Bände, 1980–1996; von 2005 bis 2009 entstand die acht Bände umfassende zweite, neu bearbeitete und wesentlich erweiterte Auflage), „das größte allgemeine Nachschlagewerk zur Philosophie im deutschsprachigen Raum“.[1]

Mittelstraß ist ein energischer Verfechter für eine gewichtige Rolle der deutenden Geisteswissenschaften für die moderne Leonardo-Welt (gemachte Welt). Das konstruktive Ingenieurtum wird immer wieder durch den deutenden und glaubenden Aspekt ergänzt. Konstruktion und Hermeneutik bedingen einander in einer transdisziplinären Vernunft, in der die Leonardo-Welt und Leibniz-Welt (gedeutete Welt) letztlich zusammenfallen.[2]

Forschungs- und hochschulpolitische Aktivitäten

1985–1990 Mitglied des Wissenschaftsrates; 1985–1999 Mitglied des Auswahlausschusses der Alexander von Humboldt-Stiftung; 1992–1997 Mitglied des Senats der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG); 1993–1999 Mitglied (Gründungsmitglied) des Deutsch-Amerikanischen Akademischen Konzils (Bonn / Washington, D.C.); 1993–1994 Mitglied des Strategiekreises beim Bundesminister für Forschung und Technologie; 1995–1998 Mitglied des Rates für Forschung, Technologie und Innovation beim Bundeskanzler; seit 2003 Mitglied (seit April 2005 Vorsitzender) des Österreichischen Wissenschaftsrates. 1997–1999 Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland. Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1987–1990), der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (Berlin), der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Halle/Saale), der Academia Europaea (London, Vizepräsident 1994–2000, seit 2002 Präsident), des Konvents für Technikwissenschaften der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften e.V. (akatech), der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften; Korrespondierendes Mitglied der Académie Internationale d’Histoire des Sciences (Paris) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien).

Ehrungen und Auszeichnungen

1989 Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG); 1992 Arthur Burkhardt-Preis; 1998 Lorenz-Oken-Medaille der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ); 2000 Preis der Dr. Margrit Egnér-Stiftung; 2000 Werner Heisenberg-Medaille der Alexander von Humboldt-Stiftung.

1993 Verdienstorden des Landes Berlin, 1999 Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, 2006 Bayerischer Verdienstorden.

2000 Ehrendoktorwürde der Universität Pittsburgh/USA, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Iași/Rumänien; 2003 Ehrendoktorwürde der Universität Tartu (früher Dorpat)/Estland; 2004 Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Berlin (Dr.-Ing. E.h.); 2007 Ehrendoktorwürde der Universität Duisburg-Essen.

Werke (Auswahl)

  • Die Rettung der Phänomene. 1962, Dissertation.
  • Neuzeit und Aufklärung. 1970.
  • Das praktische Fundament der Wissenschaft und die Aufgabe der Philosophie in dsb. & Friedrich Kambartel: Zum normativen Fundament der Wissenschaft Athenäum, Frankfurt 1973 ODER Buchverlag Koch, Planegg 1986 ISBN 3761056028 ISBN 3799723110;
    • Auszug in: Erich Menne (Hrsg.): Philosophisches Kolleg 2: Einladung zur Philosophie Patmos, Düsseldorf 1998, ISBN 3491755026, S. 66–69.
  • Die Möglichkeit von Wissenschaft. 1974, ISBN 978-3-518-27662-4.
  • Wissenschaft als Lebensform. 1982, ISBN 978-3-518-27976-2.
  • Platon. In: Klassiker der Philosophie, C. H. Beck, München 1985.
  • Die Modernität der Antike. 1986, Universitätsverlag Konstanz.
  • mit M. Carrier: Geist, Gehirn, Verhalten. 1989, engl. 1991, ISBN 978-3-11-013205-2.
  • Der Flug der Eule. 1989, ISBN 978-3-518-28396-7.
  • mit W. Frühwald u.a.: Geisteswissenschaften heute. 1991.
  • Leonardo-Welt (1992, ISBN 978-3-518-28642-5)
  • Die unzeitgemäße Universität. 1994, ISBN 978-3-518-28759-0.
  • Die Häuser des Wissens. 1998, ISBN 978-3-518-28990-7.
  • Wissen und Grenzen. 2001, ISBN 978-3-518-29166-5.
  • Hrsg.: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. vierbändige Enzyklopädie Mannheim 1980 und 1984 (Bd. 1 u. 2), seit 1995 (Bd. 3) Stuttgart Metzler; Bd. 4 1996.
    • Zweite auf acht Bände konzipierte neubearbeitete und wesentlich ergänzte Auflage. Stuttgart Metzler. Die ersten vier Bände davon sind erschienen, ISBN 978-3-476-02102-1

Einzelnachweise

  1. http://www.metzlerverlag.de/index.php?mod=36_mittelstrass
  2. Jürgen Mittelstraß: Wohin geht die Wissenschaft? Über Disziplinarität, Transdisziplinarität und das Wissen in einer Leibniz-Welt in: ders.: Der Flug der Eule. 1989, stw S.60

Weblinks


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