Jörg Asmussen

Jörg Asmussen

Jörg Asmussen (* 1966 in Flensburg) ist ein deutscher Ökonom, SPD-Mitglied und seit dem 23. Oktober 2011 Chefvolkswirt im Direktorium der Europäischen Zentralbank.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Abitur an der Goethe-Schule in Flensburg studierte Asmussen Volkswirtschaft in Gießen und Bonn (u. a. bei dem Professor für Internationale Ökonomie Axel Weber) und erwarb zusätzlich einen MBA an der Mailänder Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi.

Im Jahre 1996 begann er seine Karriere im Bundesministerium der Finanzen unter dem damaligen Finanzminister Theo Waigel als Referent für internationale Finanz- und Währungspolitik. Als nach dem Regierungswechsel 1998 Oskar Lafontaine das Finanzministerium übernahm, wurde er Persönlicher Referent des neuen Staatssekretärs Heiner Flassbeck. Die Kompetenz Asmussens wurde von Flassbeck als „mittelmäßig“ eingeschätzt und Asmussen nicht für hohe Aufgaben empfohlen.[2] Nach dem Rücktritt Oskar Lafontaines machte ihn der neue Minister Hans Eichel zum Leiter seines Ministerbüros. Nach einer kurzen Zeit als Unterabteilungsleiter in der Europaabteilung übernahm Asmussen zum 1. März 2003 die Leitung der Abteilung für Nationale und Internationale Finanzmarkt- und Währungspolitik und wurde damit mit 37 Jahren der jüngste Ministerialdirektor in der Bundesregierung.

Asmussen überzeugte Eichel von der Idee, seinen früheren „Lehrmeister“ Axel Weber zum neuen Präsidenten der Deutschen Bundesbank als Nachfolger des im April 2004 zurückgetretenen Ernst Welteke zu machen. Zwei Jahre zuvor war es ebenfalls Asmussens Einfall gewesen, Weber in den Kreis der fünf Wirtschaftsweisen der Bundesregierung zu berufen.[2] Für den Koalitionsvertrag 2005 (CDU-SPD) setzte sich Asmussen unter anderem dafür ein, die Punkte des Abbaus „überflüssige[r] Regulierungen“ und den „Ausbau des Verbriefungsmarktes“ für den Finanzmarkt aufzunehmen.[3]

Während seiner Zeit als Abteilungsleiter saß Asmussen als Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der Mittelstandsbank IKB, die im Sommer 2007 infolge der Krise am US-amerikanischen Subprime-Markt in eine Schieflage geraten war und zu deren Rettung die staatseigene Förderbank KfW Milliarden zur Verfügung stellen musste. Asmussen setzte sich dabei massiv dafür ein, die Papiere zu kaufen, die später die Krise der IKB auslösten.[4]

Außerdem saß er als Vertreter des BMF auch im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Asmussen war des Weiteren Mitglied im Gesellschafterbeirat der Lobbyorganisation True Sale International GmbH (TSI), die sich für die Entwicklung des deutschen Asset Backed Securities-Marktes einsetzt.[5] Probleme mit Asset Backed Securities sind eine der Hauptursachen der Finanzkrise ab 2007.

Mit seiner Ernennung zum beamteten Staatssekretär zum 1. Juli 2008 wurde er der jüngste Staatssekretär der Bundesregierung und löste Thomas Mirow ab. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hielt Asmussen im Amt und überließ ihm unter anderem die Verantwortung zur Politik gegenüber Griechenland während dessen Finanzkrise.[6]

Jörg Asmussen sitzt derzeit im Lenkungsausschuss des Bankenrettungsfonds SoFFin, im Verwaltungsrat der Finanzaufsichtsbehörde Bafin und im „Wirtschaftsfonds Deutschland“, der ohne parlamentarische Kontrolle über Staatsbürgschaften für Unternehmen entscheidet.[2] Er ist außerdem eines von sechs Mitgliedern der Expertengruppe „Neue Finanzmarktarchitektur“.[7] Dieses Gremium soll Vorschläge für neue Finanzmarktregeln entwerfen, die unter anderem eine Erhöhung der Marktransparenz zum Ziel haben.

Am 10. September 2011 kündigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Rücktritt des bisherigen Chefvolkswirtes der Europäischen Zentralbank Jürgen Stark an, dass sich die Bundesregierung für die Besetzung des Postens mit Jörg Asmussen einsetzen werde.[8] Die offizielle Ernennung erfolgte am 23. Oktober 2011 durch den Europäischen Rat in Brüssel.

Mitgliedschaften in Aufsichtsräten

  • Deutsche Telekom

Während seiner Zeit als Leiter der Abteilung „Geld und Kredit“ des BMF war Asmussen Mitglied in folgenden Aufsichtsräten (diese Ämter hat er teils mit Übernahme des Staatssekretärspostens zum 1. Juli 2008 niedergelegt):

  • Euler Hermes Kreditversicherungs AG
  • IKB Deutsche Industriebank AG
  • Deutsche Postbank AG
  • Deutsche Bahn AG (bis November 2009)

Privates

Asmussens Ehefrau ist Henriette Peucker, die von Januar 2003 bis März 2010 die Berliner Repräsentanz der Deutschen Börse leitete. Seit April ist sie bei einer Kommunikationsberatung beschäftigt.[9][10] Aufgrund dieser Beziehung wurde ihm der Vorwurf möglicher Interessenkonflikte und Befangenheit entgegengebracht.[11] Asmussen ist Vater zweier Töchter.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ecofin/125499.pdf
  2. a b c Jens Berger (29. Juni 2009): Schattenmann unter Beschuss - Staatssekretär Jörg Asmussen muss vor dem HRE-Untersuchungsausschuss unbequeme Fragen beantworten. heise.de. Abgerufen am 23. Januar 2011.
  3. Christoph Schwennicke: Staatssekretär Asmussen – Ikarus in Not. In: Spiegel Online, 15. Juni 2009, abgerufen am 23. Januar 2011
  4. Bleiben die Geldinstitute nach wie vor ungeschoren? (inzwischen nicht mehr verfügbar), Plusminus, 18. Mai 2010
  5. Albrecht Müller (7. April 2008): Weitere harte Belege für die Mitwirkung des Bundesfinanzministeriums am Casinobetrieb zu unseren Lasten. Nachdenkseiten. Abgerufen am 23. Januar 2011.
  6. Porträt: Jörg Asmussen, Manfred Schäfers, FAZ vom 13. April 2010
  7. Matthias Sobolewski, Andreas Möser (28. Oktober 2008): Regierung beruft Expertengruppe zur Finanzmarktreform. Reuters. Abgerufen am 23. Januar 2011.
  8. Deutschland hat entschieden - Asmussen soll zur EZB. n-tv.de (10. September 2011). Abgerufen am 10. September 2011.
  9. Peucker wechselt zu Hering Schuppener. Sprecherszene (26. März 2010). Abgerufen am 23. Januar 2011.
  10. Jörg Asmussen - Manager mit Beamtenstatus. Abgerufen am 29. Oktober 2011.
  11. Asmussen bei Finanzaufsicht befangen. Financial Times Deutschland (13. Juni 2009). Abgerufen am 23. Januar 2011.

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