Anaglyphenbrille

Anaglyphenbrille

Eine 3D-Brille ist eine spezielle Brille, die bei einigen stereoskopischen Verfahren (3D-Foto, 3D-Film) benötigt wird, um die räumliche Tiefenwirkung sichtbar zu machen.

Bei der Projektion von 3D-Filmen oder dem Druck von 3D-Bildern gibt es das Problem, dass das menschliche Gehirn zum Erzeugen eines räumlichen Eindrucks zwingend zwei Bilder, je eines für das linke und rechte Auge, in leicht versetzten Abstand benötigt (in der Regel also auch im Augenabstand aufgenommen). Diese Bilder müssen gleichzeitig, dennoch aber getrennt, zur Auswertung im Gehirn ankommen, damit daraus der räumliche Eindruck entstehen kann. Die primäre Funktionsweise der 3D-Brillen beruht auf der Filterung, sodass jedes Auge nur das entsprechende stereoskopische Halbbild für das linke oder rechte Auge wahrnimmt.

Inhaltsverzeichnis

Farbfilterbrillen (Anaglyphenbrillen)

Farbfilterbrille Rot/Blau (Anaglyphenbrille)
3D-Brille für Kinofilme

Beim Anaglyphen-Verfahren erfolgt die Bildtrennung durch die Verwendung von Farbfiltern. Das rechte und linke Halbbild sind hierbei mit Komplementärfarben, meist Rot/Blau oder Rot/Grün eingefärbt. Die Farbkombination Rot/Blau hatte eigentlich keine optischen Vorteile, war aber kostengünstiger herzustellen. Die 3D-Kinofilme der 1950er-Jahre wurden sehr oft für den Polarisationsprozess gedreht, später aber in das billigere rot/grün-Verfahren umkopiert. Zusätzlich waren diese Filme „sicherer“ bei einem Filmriss. Die 3D-Brillen für diese Filme enthielten den roten Filter vor dem rechten Auge.

Ende der 1970er-Jahre verbesserte Stephen Gibson die Farbanaglyphentechnik erheblich mit seinem patentierten „Deep Vision“-System, das andere Filterfarben verwendet: Rot vor dem einen und Cyan vor dem anderen Auge. Bei diesen Brillen ist das Helligkeitsempfinden gleichmäßiger und für die Augen ermüdungsfreier. Auch optisch ist die Rot/Cyan Kombination den anderen Farbkombinationen überlegen, da mit ihr auch (eingeschränkt) farb-anaglyphe Bilder angesehen werden können. Inzwischen bietet auch die dänische Firma „Color Code“ ein eigenes Farbanaglyphen-System an, in den Filterfarben Blau (rechts) und Gelb (links). Das neueste System gibt es seit 2008: Grün vor dem rechten Auge und Magenta vor dem linken.

Auch Farbblinde können die oben beschriebenen Brillen benutzen, um einen 3D Effekt zu sehen, da die Brille ja nur dazu dient, die Bilder optisch zu trennen. Das Endergebnis bei allen Brillen mit Farbfiltern ist ein schwarz-weiß-Bild. So sieht man bei einer Rot-Grün-Brille auf der roten Seite das grüne Bild schwarz und auf der grünen Seite das rote Bild. Die jeweilige andere Farbe wird ausgelöscht. Die beiden auf der Leinwand übereinander liegenden Bilder kommen nun getrennt im Gehirn an und bewirken den räumlichen Eindruck.

Brillen mit Gelb/Violetten Farbfiltern kommen oft bei Verfahren zum Einsatz, die auf dem Pseudo-Stereo-Verfahren „Pulfrich-Effekt“ beruhen und wurden durch die Fernsehsendung Tutti Frutti Anfang der 1990er-Jahre sehr verbreitet.

ChromaDepth-Brillen

ChromaDepth-Brille mit Prismenfolie

Das ChromaDepth-Verfahren von American Paper Optics basiert auf der Tatsache, dass bei einem Prisma Farben unterschiedlich stark gebrochen werden. Die ChromaDepth-Brille enthält spezielle Sichtfolien, die aus mikroskopisch kleinen Prismen bestehen. Dadurch werden Lichtstrahlen je nach Farbe unterschiedlich stark abgelenkt. Verwendet man nun bei einem Auge eine Prismenfolie und auf dem anderen Auge eine normale Klarsichtfolie, dann sind die beiden gesehenen Bilder – je nach Farbe – zueinander mehr oder weniger stark versetzt. Das Gehirn erzeugt aus dieser Differenz den räumlichen Eindruck. Der Vorteil dieser Technologie besteht vor allem darin, dass man ChromaDepth-Bilder auch ohne Brille (also zweidimensional) problemlos ansehen kann – es sind keine störenden Doppelbilder vorhanden. Außerdem können ChromaDepth-Bilder ohne Verlust des 3D-Effektes beliebig gedreht werden. Allerdings sind die Farben nur beschränkt wählbar, da sie die Tiefeninformation des Bildes enthalten. Verändert man die Farbe eines Objekts, dann ändert sich auch dessen wahrgenommene Entfernung.

Polfilterbrillen

Polfilterbrille

Bei der farbigen Raumbildprojektion werden die beiden getrennten Bilder mittels polarisiertem Licht ausgestrahlt. Kommt eine Aufprojektion zum Einsatz, das heißt Betrachter und Projektor befinden sich auf der gleichen Seite der Leinwand, dann wird auf eine metallisierte Leinwand projiziert, die in der Lage ist, das polarisierte Licht zurückzustrahlen. Bei einer Rückprojektion steht die Leinwand zwischen Betrachter und Projektor und muss das polarisierte Licht durchlassen. Die verschiedenen Bilder erreichen die Leinwand durch zwei verschiedene Projektoren bzw. Objektive. Jede der beiden Linsen wird dabei um einen Vorsatz mit entsprechend angeordneten Polarisationsfolien ergänzt.

Die benötigte Brille besteht ebenfalls aus zwei Polarisationsfiltern, die bei den einzelnen Augen um 90 Grad gedreht sind und nur das „passend“ polarisierte Licht des entsprechenden Objektivs durchlassen, sodass wiederum jedes Auge nur „sein“ Bild erhält. In der Glanzzeit des 3D-Filmes in den 1950er-Jahren wurden die meisten 3D-Kinofilme in Schwarz/Weiß und Farbe für dieses Verfahren produziert. Fast alle Filme wurden dann später aber in das kostengünstigere rot/grün Verfahren umkopiert. Solche Brillen finden noch heute Verwendung, u.a. bei älteren IMAX-3D-Verfahren und auf Jahrmärkten bei 3D-Kuppelprojektionen oder bei Lichtbildvorträgen in 3D von Reisefotografen.

Wenn der Betrachter aber seinen Kopf zur Seite neigt, können die Polarisationsfilter das Licht nicht mehr korrekt ausfiltern.

LCD-Shutterbrillen

LCD-Shutterbrille

Beim Einsatz am Computermonitor und modernen 3D-Kinos kommen so genannte Shutterbrillen mit zwei steuerbaren LCD-Gläsern zum Einsatz. Der Monitor stellt nacheinander abwechselnd das linke und rechte Halbbild dar. Die Flüssigkristalle der Brille werden nun synchron im Takt des Monitorbildes abwechselnd durchsichtig bzw. lichtundurchlässig geschaltet und erzeugen somit beim Betrachter durch die perspektivische Verschiebung der Einzelbilder den 3D-Effekt.

Bei Shutterbrillen wird eine Monitorfrequenz von mindestens 100 Hz empfohlen, da sich durch das Verfahren die Frequenz effektiv halbiert, jedes Auge bekommt also nur noch 50 Bilder je Sekunde gezeigt. 50 Hz sind bei statischen Bildern, insbesondere Texten, äußerst stark flimmernd, bei Bewegtbildern wie Spielen oder Videos fällt dies weniger stark auf. Bei beiden tritt allerdings innerhalb kurzer Zeit eine Ermüdung der Augen ein, je niedriger die Frequenz, desto stärker werden die Augen belastet.

Für Spiele wird deshalb meist eine Frequenz von 120 bis 160 Hz gewählt, je nach zur Verfügung stehender Hardware und Bildschirmauflösung. Dies entspricht 60 bis schon fast augenschonenden 80 Hz je Auge. Allerdings leuchten Bildschirme immer etwas nach, was sich bei hohen Frequenzen an stärkeren Schlieren bemerkbar macht, die wiederum die Bildqualität trüben.

Flachbildschirme arbeiten meist mit zu niedrigen Frequenzen und ungeeigneten Darstellungstechniken, weswegen sie mit Shutterbrillen kaum zu kombinieren sind. Bei ihnen muss also auf andere Art der gewünschte 3D-Effekt erzeugt werden, wie etwa durch Anaglyphenbrillen oder den Einsatz von zwei Monitoren, die je nur das Bild für ein Auge bereitstellen. Inzwischen gibt es aber auch so genannte „Autostereo“-TFT-Flachdisplays, die durch senkrechte Linsenraster-Spalten zwei bis acht Perspektiven darstellen können und so mit dazu passendem Bildmaterial ohne Spezialbrillen räumliches Sehen ermöglichen.

Prismen-Brillen

KMQ Stereo-Sichtgerät mit openKMQ-Haltern

Eine Reihe von Verfahren nutzt auch den Effekt, dass Prismen den Strahlengang umlenken. So nutzt z.B. das Stereo-Sichtgerät SSG1b, auch unter dem Namen KMQ seit den 1980er Jahren bekannt, diesen Effekt. Vornehmlich für Bücher und Poster, wo es auf Farbtreue und Einfachheit ankommt. Es konnte aber schon früher am Bildschirm oder zur Projektion mit wenigen Zuschauern verwendet werden. Der Haken der Methode: Man muss im genau passenden Abstand bleiben und den Kopf waagerecht halten, damit sich die Sehstrahlen beider Augen mit den beiden Teilbildern decken, die untereinander angeordnet sind. Daher auch der englische Name des Verfahrens: Over-Under. Diese Einschränkungen sollen zukünftig von einem OpenHardware/OpenSource-Projekt Namens openKMQ für die Arbeit am Computer aufgehoben werden.

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