Justus Danckwerts

Justus Danckwerts

Justus Rudolf Friedrich Danckwerts (* 4. Juni 1887 in Pleß, Oberschlesien; † 27. Mai 1969 in Hannover) war ein deutscher Jurist, Verwaltungsbeamter und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Berufsweg bis 1945

Danckwerts, Sohn des Geheimen Baurats und Professors an der Technischen Hochschule Hannover Justus Danckwerts, studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften in Marburg und Göttingen. In Marburg war er Mitglied des Corps Teutonia. 1908 bestand er das erste juristische Staatsexamen und trat in den preußischen Justizdienst ein. Er war Gerichtsreferendar bei den Amtsgerichten in Celle und Stade sowie beim Landgericht Hannover. 1909 wurde er an der Universität Heidelberg zum Dr. iur. promoviert. 1913 bestand er das zweite juristische Staatsexamen und wurde Assessor in Harburg. Er nahm seit 1914 als Soldat am Ersten Weltkrieg teil, wurde 1915 in die polnische Zivilverwaltung (Generalgouvernement Warschau) versetzt und war zunächst als Referent beim Polizeipräsidium in Lodz tätig. Danach fungierte er als kommissarischer Bürgermeister des besetzten Pabianitz. Im Januar 1918 wurde er zum stellvertretenden Kreischef von Lowitsch-Sochatschew ernannt.

Danckwerts kehrte nach dem Kriegsende für kurze Zeit nach Hannover zurück. Er arbeitete seit 1919 als Regierungsassessor und Justitiar auf Probe bei der Regierung in Allenstein, war von 1920 bis 1923 im Preußischen Innenministerium tätig und erhielt 1921 die Ernennung zum Regierungsrat. Von 1923 bis 1930 war er als Oberregierungsrat Stellvertreter des Regierungspräsidenten von Stade, danach stellvertretender Regierungspräsident in einem anderen Bezirk. Von 1933 bis 1940 übte er erneut eine Tätigkeit im Preußischen Innenministerium aus, zunächst als Ministerialrat, seit 1938 dann als Ministerialdirigent. Danckwerts war seit 1937 Verbindungsbeamter zum Heer und wurde 1940 Chef der Militärverwaltung auf dem Balkan. 1943/44 wurde er nach Angers und Belgrad strafversetzt.

Verwicklung in den Holocaust

Als Leiter der Abteilung V „Verwaltung“ der Abteilung Kriegsverwaltung beim Generalquartiermeister, Eduard Wagner, und politischer Berater von Hans Georg Schmidt von Altenstadt war Danckwerts am Holocaust beteiligt. Er nahm am 25. August 1941 an einer Sitzung im Hauptquartier des Generalquartiermeisters teil, die den Vorbereitungen der für den 1. September 1941 geplanten Etablierung des Reichskommissariats Ukraine durch zivile, militärische und polizeiliche Stellen gewidmet war. Auf dieser Sitzung ließ der nicht anwesende Höhere SS- und Polizeiführer Russland-Süd Friedrich Jeckeln ausrichten, dass er einen Massenmord an Tausenden von Juden durchführen werde:

Major Wagner erläuterte […]. Bei Kamenetz-Podolsk hätten die Ungarn etwa 11.000 Juden über die Grenze geschoben. In den bisherigen Verhandlungen sei es noch nicht gelungen, die Rücknahme dieser Juden zu erreichen. Der Höhere SS- und Polizeiführer (SS-Obergruppenführer Jeckeln) hoffe jedoch, die Liquidation dieser Juden bis zum 1.9.1941 durchgeführt zu haben. […][1]

Die Teilnehmer der Besprechung blieben trotz der Deutlichkeit dieser Ankündigung ungerührt, das Vorhaben wurde nicht weiter erörtert.[2]

Der Historiker Dieter Pohl bezeichnete dies als Verabredung zum Völkermord,[3] denn kurz nach der Sitzung begann das Massaker von Kamenez-Podolsk mit 23.600 erschossenen Juden.

Nachkriegskarriere

Bei Kriegsende geriet er in amerikanische Gefangenschaft und wurde im Rahmen der Nürnberger Prozesse vernommen. Aus der alliierten Internierung wurde er 1947 entlassen.

Danckwerts war seit 1948 Ministerialrat in der niedersächsischen Staatskanzlei und als solcher Teilnehmer des Verfassungskonventes auf Herrenchiemsee. Nach seiner Pensionierung 1954 wirkte er als Beauftragter für die Vereinfachung und Verbilligung der Landesverwaltung. Außerdem war er seit 1950 Mitglied des Verwaltungsrates des Nordwestdeutscher Rundfunks (NWDR).

Danckwerts amtierte von 1951 bis 1954 als Staatssekretär und Bevollmächtigter des Landes Niedersachsen beim Bund. Er erhielt am 3. Juni 1959 die Niedersächsische Landesmedaille.

Schriften

  • Der Spezifikationskauf: [Paragraph] 375 HGB. Borna-Leipzig: R. Noske 1910, zugleich Diss., Universität Heidelberg
  • Der Rechtsschutz in der Verwaltung. Berlin: Industrieverlag Spaeth & Linde [1937] (Grundlagen, Aufbau und Wirtschaftsordnung des national-sozialistischen Staates 26)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. Ausstellungskatalog, Hamburger Edition, 1. Auflage, Hamburg 2002, S. 132, ISBN 3-930908-74-3.
  2. Klaus-Michael Mallmann: Der qualitative Sprung im Vernichtungsprozeß. Das Massaker von Kamenenz-Podolsk Ende August 1941; in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd. 10 (2001), S. 239–264, hier S. 249.
  3. Im Grunde verabredeten die Herren hier den Völkermord.“ (Dieter Pohl: Die Herrschaft der Wehrmacht. Deutsche Militärbesatzung und einheimische Bevölkerung in der Sowjetunion 1941–1944, Oldenbourg, München 2008, S. 258, ISBN 3-486-58065-5.

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