Julius von Ficker

Julius von Ficker
Julius von Ficker

Julius von Ficker (als Johann Kaspar Julius Ficker; * 30. April 1826 in Paderborn; † 10. Juli 1902 in Innsbruck) war ein deutsch-österreichischer Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ficker studierte zunächst in Bonn Rechtswissenschaften, ehe er sich dem Studium der Geschichte widmete. Im Wintersemester 1845/46 trat er der Bonner Burschenschaft Frankonia bei. 1849 promovierte er mit einer Abhandlung über Kaiser Heinrich VI. und habilitierte sich Ostern 1851 als Privatdozent in Bonn.

1852 wurde er als ordentlicher Professor für die allgemeine Geschichte nach Innsbruck berufen, wo er 1863 in die juridische Fakultät eintrat und deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte lehrte. 1859/60 war er Rektor der Universität Innsbruck.

1879 trat Ficker in den Ruhestand. 1885 wurde er mit dem Prädikat „Ritter von Feldhaus“ in den erblichen Adelsstand erhoben.

Im Jahr 1954 wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Julius-Ficker-Straße nach ihm benannt.

Fickers ältester Sohn Ludwig wurde ein bekannter Schriftsteller und Verleger, der zweite Sohn Heinrich Meteorologe und Geophysiker, der dritte Sohn Rudolf Musikwissenschaftler.

Leistungen

Ficker leitete die „Regesta Imperii“ und war Lehrer mehrerer bedeutender Historiker – wie Emil von Ottenthal, Engelbert Mühlbacher und Oswald Redlich. Bekannt wurde er auch durch eine weithin beachtete Kontroverse mit Heinrich von Sybel über die Kaiserpolitik des Mittelalters (Sybel-Ficker-Streit). Ficker wies die Ausführungen Sybels, dass diese Politik die Entstehung eines deutschen Nationalstaats verhindert habe und daher als verhängnisvoll bewertet werden müsse, mit der Argumentation zurück, dass man das Mittelalter nicht aus der Sicht der Gegenwart richten dürfe und der Nationalstaat keineswegs das einzig wünschenswerte Ziel der Geschichte sei. Diese Kontroverse war nicht zuletzt der Niederschlag der politischen Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf lange Sicht hat sich Fickers Einschätzung durchgesetzt.

Ficker war Mitglied mehrerer Akademien der Wissenschaften, darunter seit 1866 die Wiener Akademie der Wissenschaften. Seine umfassenden Arbeiten v.a zu rechtsgeschichtlichen und diplomatischen Themen beruhen auf einer breiten und souveränen Kenntnis der Quellen. Sie wurden mehrfach nachgedruckt und gelten teilweise heute noch als Standardwerke, auch wenn man manche Einschätzung nicht mehr teilt.

Werke

  • Ausgewählte Abhandlungen zur Geschichte und Rechtsgeschichte des Mittelalters, 3 Bände, Aalen 1981
  • Beiträge zur Urkundenlehre, 2 Bände, Innsbruck 1877/78 (Neudruck 1966)
  • Vom Heerschilde, Innsbruck 1862 (Neudruck 1964)
  • Das Deutsche Kaiserreich in seinen universalen und nationalen Beziehungen, 2. Auflage Innsbruck 1862
  • Vom Reichsfürstenstande, 2 Bände in 4 Teilen, ab Band 2 Teil 1 hrsg. u. eingeleitet v. Paul Puntschart, Innsbruck 1861-1923 (Neudruck 1984).
  • Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens, 4 Bände, Innsbruck 1868-74 (Neudruck 1961)

Literatur

  • Julius Jung: Julius Ficker 1826-1902. Ein Beitrag zur deutschen Gelehrten-Geschichte. Neudr. d. Ausg. Innsbruck 1907. Scientia-Verlag, Aalen 1981. ISBN 3-511-09097-0
  • Gerhard Oberkofler: Die geschichtlichen Fächer an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck 1850-1945. Österr. Komm.-Buchh., Innsbruck 1969. (= Universität «Innsbruck»; Veröffentlichungen der Universität Innsbruck; 39)
  • Jan Paul Niederkorn, Julius von Ficker und die Fortführung der Regesta Imperii vom Tod Böhmers (1863) bis zu ihrer Übernahme durch die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien (1906). In: Hruza, Karel; Herold, Paul (Hg.): Wege zur Urkunde, Wege der Urkunde, Wege der Forschung: Beiträge zur europäischen Diplomatik des Mittelalters (Forschungen zur Kaiser- u. Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 24) 2005, 293-302.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Julius von Ficker — (April 30, 1826 mdash; June 10, 1902) was a Roman Catholic German historian.CareerBorn at Paderborn, Ficker studied history and law at Bonn, Münster, and Berlin, and during 1848 49 lived in Frankfurt, where he was closely associated with the… …   Wikipedia

  • Rudolf von Ficker — Rudolf Ficker, Ritter von Feldhaus (* 11. Juni 1886 in München; † 2. August 1954 in Igls) war ein österreichischer Musikwissenschaftler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auswahl an Werken 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig von Ficker — Ludwig (von) Ficker, 1880 1919: Ludwig Ficker von Feldhaus (* 13. April 1880 in München; † 20. März 1967 in Innsbruck) war Schriftsteller und Verleger. Der Sohn von Julius von Ficker und Bruder von Rudolf und Heinrich von Ficker gründete 1910 die …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich von Ficker — (* 22. November 1881 in München; † 29. April 1957 in Wien) war ein österreichischer Meteorologe und Geophysiker. Leben Der Sohn des Historikers Julius von Ficker und Bruder von Ludwig und Rudolf von Ficker erlangte 1907 durch seine synoptischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich von Ficker — (November 22, 1881 April 29, 1957) was a German Austrian meteorologist and geophysicist who was a native of Munich. He was the son of historian Julius von Ficker (1826 1902).From 1911 he was a professor of meteorology at the University of Graz,… …   Wikipedia

  • Julius Ficker — Julius von Ficker Julius von Ficker (als Johann Kaspar Julius Ficker * 30. April 1826 in Paderborn; † 10. Juli 1902 in Innsbruck) war ein deutsch österreichischer Historiker. Inhaltsv …   Deutsch Wikipedia

  • Ficker — ist der Familienname folgender Personen: Adolf Ficker (1816–1880), österreichischer Statistiker Desirée Ficker (* 1976), amerikanische Profi Triathletin Eduard Herrmann Volkmar Ficker (1801–1861), sächsischer Theologe Elisabeth Ficker (* 1941),… …   Deutsch Wikipedia

  • Julius — ist ein männlicher Vorname. Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Bedeutung des Namens 2 Namenstag 3 Varianten 4 Bekannte Namensträger …   Deutsch Wikipedia

  • Julius Ficker —     Julius Ficker     † Catholic Encyclopedia ► Julius Ficker     (More correctly Caspar von Ficker).     Historian, b. at Paderborn, Germany, 30 April, 1826; d. at Innsbruck, 10 June, 1902. He studied history and law at Bonn, Münster, and Berlin …   Catholic encyclopedia

  • Ficker — Fị|cker, der; s, (vulg.): jmd., der [häufig] Geschlechtsverkehr hat. * * * Fịcker,   1) Johannes, evangelischer Theologe, * Leipzig 12. 11. 1861, ✝ Halle (Saale) 19. 6. 1944; Professor in Straßburg (1892) und Halle (Saale) (1919); entdeckte und …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”