Amöbenruhr

Amöbenruhr
Klassifikation nach ICD-10
A06.0 Akute Amöbenruhr
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Die Amöbenruhr (Amöbiasis) ist eine Infektion des Darmes.

Inhaltsverzeichnis

Krankheitserreger

Histologische Aufnahme einer Amöbeninfektion im Darmgewebe.

Sie wird von einer Amöbe (Wechseltierchen) verursacht: der Art Entamoeba histolytica. Die Krankheitserreger leben im Nahrungsbrei des menschlichen Dickdarms und vermehren sich ungeschlechtlich durch Zellteilung.

Als sehr widerstandsfähige Dauerformen kann der Erreger Zysten bilden und in dieser Form im Dickdarm verbleiben – unter Umständen jahrelang ohne jegliche Krankheitsanzeichen zu verursachen – und wird auch mit dem Stuhl ausgeschieden („Minutaform“). Der Infizierte ist also gleichzeitig Überträger. Die ausgeschiedene Dauerform kann in der Außenwelt monatelang infektiös bleiben. Aus noch unbekannten Gründen können sich diese Erreger verändern, man kann dann eine veränderte DNA und ein verändertes Enzymmuster beobachten. Durch die Ausbildung von zersetzenden Enzymen ist es den Amöben in dieser Form („Magnaform“) nun möglich, in die Darmschleimhaut einzudringen, die „geschlüpfte“ Amöbe dringt also in die Darmwand ein und richtet dort schwere Schäden an.

Infektion

In den Dickdarm gelangen die Erreger meistens als Zysten, und zwar durch orale Aufnahme von verunreinigtem Wasser, ungewaschenem Obst oder Gemüse oder auf einem analen Übertragungsweg.

Krankheitssymptome

Die Amöbenruhr ist eine Infektionskrankheit, die sich durch blutigen und schleimigen Stuhl (Kot)verbunden mit Durchfall, Bauchschmerzen, Fieber (teilweise hoch) und Krämpfen nach einer Inkubationszeit von 1-7 Tagen bemerkbar macht. Bei starker Erkrankung können 40-50 Stuhlentleerungen pro Tag vorkommen, wobei in dieser Phase durch heftige und schmerzhaften Krämpfe fast nur noch Schleim ausgeschieden wird.

Eine geschwürige Entzündung des Dickdarms ist für diese Symptome verantwortlich. Wenn es den Amöben schließlich gelingt, die Darmschleimhaut zu durchdringen, gelangen sie ins Blut. Vom Blut werden sie in die Leber und in andere innere Organe transportiert, z. B. ins Zentralnervensystem, ins Herz, in die Milz oder die Harnorgane. Dort können sie durch die Zerstörung des Gewebes Geschwüre hervorrufen, z. B. einen Leberabszess und innere Blutungen. Wird die Ursache dieser Auswirkungen nicht rechtzeitig erkannt, kann der Erkrankte daran sterben.

Vorkommen der Krankheit

Die Amöbenruhr ist weltweit verbreitet, kommt aber insbesondere in tropischen und subtropischen Gebieten vor, z. B. Kenia, Bangladesch, Thailand, Indien und Vietnam.

Ungeschältes Obst und Gemüse, Eiswürfel und Eis sollte in diesen Gebieten gemieden werden. Auch zum Zähneputzen sollten Reisende in tropischen Ländern nur Mineralwasser oder aber Wasser verwenden, das mindestens fünf Minuten gekocht wurde. Die herkömmliche Trinkwasserentkeimung durch Chlorung reicht nicht aus, um die Amöben abzutöten.

Diagnose und Behandlung

Der Erreger, die Amöbe, kann durch eine mikroskopische Untersuchung des Kotes festgestellt werden. Zu beachten ist die mögliche Verwechslung der Minuta-Form mit der eng verwandten Amöbe Entamoeba dispar, die nur Durchfälle auslöst.

Durchfälle mit Blut- bzw. Schleimbeimengungen sollten grundsätzlich ärztlich untersucht und diagnostiziert werden, da auch andere ernsthafte Infektionen dafür verantwortlich sein können. Sowohl die Zystenform als auch die Magnaform können im Stuhl nachgewiesen werden. Da die Magnaform aber sehr empfindlich ist und schnell zerstört werden kann, muss frischer Stuhl untersucht werden. Die Amöbenruhr wird sehr erfolgreich mit verschiedenen Antibiotika (Metronidazol, Chloroquin, Tetrazykline) behandelt. Bei rechtzeitiger Einnahme heilt die Erkrankung rasch aus. Ist es allerdings schon zu Abszessen in der Leber o. ä. gekommen, müssen über einen längeren Zeitraum Medikamente genommen werden und eventuell ist auch eine Operation erforderlich. Abszesse bzw. Organbefall können durch Sonografie oder Computertomografie nachgewiesen werden.

Herkunft des Begriffs

Der Begriff Ruhr leitet sich vom altgermanischen Verb „rüeren, ruoren“ ab. Das Substantiv bezeichnete später speziell die heftige Bewegung im Unterleib. [1]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Duden Herkunftswörterbuch, 4. Auflage
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