Amérigo Vespucci

Amérigo Vespucci
Amerigo Vespucci

Amerigo Vespucci, eigtl. Alberigo Vespucci (* 9. März 1451 in Florenz/Italien, † 22. Februar 1512 in Sevilla/Spanien), drittes Kind einer angesehenen florentinischen Familie, war ein Kaufmann, Navigator und Seefahrer. Während seiner Fahrten erforschte er weite Teile der Ostküste Südamerikas. Nach ihm ist der Kontinent Amerika benannt. Sein Schiff, mit dem er seine Entdeckungsreisen machte, hieß Vespucci.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Amerigo Vespucci

In Diensten der Medici

Amerigo Vespucci stand in den Diensten der mächtigen Bankiersfamilie Medici, die ihn zunächst als Schiffsausrüster nach Spanien entsandte. Aus eigenem Interesse an der Seefahrt und auf Geheiß seines Gönners und Dienstherrn Lorenzo Pietro de Medici (italienisch: Lorenzo di Pierfrancesco de Medici), in dessen Auftrag er sondieren sollte, ob in diesem entlegenen Winkel der damaligen Welt gewisse Güter für die Bankiersfamilie vorrätig sein würden, schloss sich Vespucci 1499 einer aus zwei Schiffen bestehenden Expedition nach Südamerika an. Ob Vespucci die Reiseberichte von Christoph Kolumbus hörte oder las, ist nicht sicher.

Während seiner Reisen erforschte er einen erheblichen Teil der Ostküste Südamerikas. Er kam als erster Europäer auf die Idee, dass die neue Welt ein eigener Kontinent sei. Er berichtete auch in – hinsichtlich der Authentizität nicht unumstrittenen – Briefen an Lorenzo Pietro de Medici. Bis zum Gerichtsurteil in Madrid Mitte des 16. Jahrhunderts, angestrebt durch die Enkel Columbus' und die spanische Krone, war Amerigo Vespucci offiziell der erste Entdecker Amerikas.

Umstrittene Briefe

Vespuccis Rolle wurde vielfach diskutiert, vor allem wegen zweier Briefe, deren Authentizität in Zweifel gezogen wurde: Mundus Novus (Neue Welt), Erstdruck 1504, und Quattuor Amerjici Vespucci Navigationes (Lettera) (Vier Seefahrten des Amerigo Vespucci), Erstdruck 1507. Die Schriften Mundus Novus von Vespucci galten damals im Gegensatz zu den Kolumbus-Briefen des ausgehenden 15. Jahrhunderts als Werk der wissenschaftlichen Geographie und wurden im 16. Jahrhundert in 37 verschiedenen Sprachen gedruckt. Die Hauptzweifel einiger Historiker betreffen besonders drei falsche Positionsangaben, die Amerigo Vespucci in seinen Briefen bei seiner ersten 1497 und bei seiner vierten Fahrt 1503 angab.

Abbildung Vespuccis bei Waldseemüller

Zu Lebzeiten Vespuccis wurden seine Briefe nicht angezweifelt, im Gegenteil: Sie waren ein Bestandteil der Karten von Martin Waldseemüller und Matthias Ringmann. Die Seefahrer, welche nach den Kartenbestimmungen von Waldseemüller und folglich nach Angaben von Vespucci fuhren, kamen an den richtigen Orten an. Die Fragen, ob die Positionsangaben von Vespucci Übertragungs- bzw. Überlieferungsfehler sind, sind berechtigt. Selbst bei seinem Geburtsjahr oder bei seinem lateinischen Namen sind im Laufe der Zeit Übertragungs- und Überlieferungsfehler entstanden. Einige bestehen darauf, er sei im Jahre 1454 geboren, andere behaupten, im Jahre 1451. In jüngster Zeit unternahm Robert Wallisch den Versuch, die Einwände gegen die Echtheit des Mundus-Novus-Briefes zu entkräften, und führte sprachliche Beobachtungen für die Autorschaft Vespuccis ins Feld.[1]

Die zahlreichen Ausgaben seiner Schriften, vor allem seiner Beschreibung der zweiten Reise, die unter dem Titel Mundus Novus herauskam, trugen wesentlich zur Verbreitung der Wahrheit über Ausmaß und Bedeutung der Entdeckung Amerikas bei: Nicht einige Inseln habe man entdeckt, sondern, wie er immer wieder betont, eine völlig neue Welt, einen neuen Kontinent.

Bei seinen Fahrten gab er oftmals den jeweiligen Orten Namen, wie zum Beispiel Rio de Janeiro (Fluss des Januars – im Januar 1502 entdeckte er den Ort unter seiner und Gonçalo Coelhos Leitung mit dem Kapitän André Gonçalves, der irrtümlicherweise ab und an in Deutschland als Namensgeber genannt wird) oder Venezuela (Klein-Venedig, da die einheimische Bevölkerung an dieser Stelle Pfahlbauten errichtet hatten – 1499 entdeckte er den Ort mit dem Kapitän Alonso de Ojeda unter spanischer Flagge). Außerdem beschrieb er in seinen Schriften die Pflanzen- und Tierwelt sehr genau und lebhaft.

Nach den beiden Briefen unternahm Vespucci vier Reisen nach Amerika, von denen drei auch durch andere Quellen belegt sind. Der Historiker Urs Bitterli vermutet in seinem Werk Die Entdeckung Amerikas, dass Amerigo Vespucci lediglich zwei Reisen unternahm.

Amerigo Vespucci als Namenspate Amerikas

Statue Amerigo Vespuccis, Uffizien, Florenz

Es war die Veröffentlichung und weite Verbreitung dieser Briefe Vespuccis, die den deutschen Kartografen Martin Waldseemüller dazu brachte, auf seiner Weltkarte von 1507 den neuen Kontinent America zu nennen. Waldseemüller leitete den Namen von der latinisierten Namensfassung Americus Vespucius ab und schrieb mit Matthias Ringmann zusammen in ihrer Cosmographiae Introductio 1507 folgendes: „Nun in Wahrheit wurden diese Teile der neuen Welt besonders erkundet und ein weiterer Teil von Americus Vesputius entdeckt … und es ist nicht einzusehen, warum jemand es verbieten sollte, das neue Land Amerige, Land des Americus, zu nennen, nach seinem Entdecker Americus, einem besonders scharfsinnigen Mann, oder America, da sowohl Europa als auch Asien ihre Namen von Frauen haben …“ Welche Nennung dann genommen wurde, ist bekannt. Damit war Amerigo Vespuccis eigener geäußerter Wunsch in seinem Buch Van den nygen Insulen (mittelniederdeutsch) 1506 schon zu Lebzeiten in Erfüllung gegangen: „vp dat myn gedechtniß by den mynschen bliue.“

Diese Namensgebung ist vor allem dadurch gerechtfertigt, dass Christoph Kolumbus stets der Ansicht war, den Seeweg nach Indien entdeckt zu haben, weshalb Kolumbus die von ihm entdeckten Inseln auch als westwärts von Indien gelegene Inseln ansah und sie deshalb als Westindische Inseln benannte. Daher hat Christoph Kolumbus zwar die amerikanischen Inseln, Amerigo Vespucci jedoch den amerikanischen Kontinent entdeckt.

Vespucci hieß mit Vornamen jedoch nicht Amerigo (so einen Namen hat es nie gegeben), sondern eigentlich hieß er Alberigo (zu deutsch Alberich (Vorname)). Dass sein Name der Nachwelt als Amerigo überliefert wurde, geht auf eine handschriftliche Kopierung eines Schriftstücks des damaligen Kosmographen Waldseemüllers zurück, in dem Vespucci namentlich genannt ist; wenn auch diese Tatsache heutzutage grundsätzlich, unwissentlich oder wissentlich, von allen Biographie-Schreibern konsequent übergangen wird. Letztere Information bezüglich Vespuccis historisch korrektem Vornamen geht auf eine einschlägige Reportage zum Thema "Die grossen Seefahrer des Mittelalters" der Deutschen Welle zurück, die Mitte der 1990er weltweit auf Kurzwelle ausgestrahlt wurde.

Trivia

Die Florentiner Kirche Ognissanti (Allerheiligenkirche, Borgognissanti 42) war die Hauskirche der Vespucci. Im Innern der Kirche, rechts kurz nach dem Eingang, befindet sich ein Fresko von Ghirlandaio aus dem Jahr 1473, eine Schutzmantelmadonna. Unter der rechten Hand der Madonna ist ein Bildnis von Amerigo Vespucci.

Nach ihm wurde auch das jetzt noch in Betrieb befindliche Segelschulschiff der italienischen Marine (Heimathafen Livorno) benannt.

Literatur

  • Urs Bitterli: Die Entdeckung Amerikas. Von Kolumbus bis Alexander von Humboldt. Beck, München 1999, ISBN 3-406-42122-9
  • Rudolf Eger: Amerigo Vespucci. Das Abenteuer eines Entdeckers. Melchert, Hamburg 1986, ISBN 3-87152-207-4
  • Luigi Ugolini: Er gab Amerika den Namen. Leben und Zeit des Amerigo Vespucci. Styria, Graz 1974, ISBN 3-222-10691-6
  • Robert Wallisch: Der Mundus Novus des Amerigo Vespucci. Text, Übersetzung und Kommentar. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2. Auflage Wien 2006, ISBN 3-7001-3069-4
  • Norbert Schulz: Amerigo Vespucci, Mundus Novus (mit Zweittexten). M.M.O. Verlag zur Förderung des Mittel- und Neulateinischen, Butjadingen 2007 (Neulateinische Texte für den altsprachlichen Unterricht (Vivarium (Series neolatina, Band II))), ISBN 978-3-9811144-2-3
  • Stefan Zweig: Amerigo - Die Geschichte eines historischen Irrtums. Fischer, Frankfurt/M 2000, ISBN 3-596-29241-7
  • Jacob Winter: Faksimile-Ausgabe der ältesten niederdeutschen Nachricht von der Entdeckung der Neuen Welt und einzig bekannten Exemplars der Stadtbibliothek Braunschweig „Mundus novus“. Magdeburg 1506
  • Timothy Sodmann: Nachwort zu „Mundus novus“. Borken/Winterswijk, 1991
  • Amerigo Vespucci: Van den nygen Insulen. Druckerei Jakob Winter (1506–1513), Magdeburg 1506
  • Germán Arciniegas: América, 500 años de un nombre - Vida y época de Amerigo Vespucci. Villegas Editores tercera edición, Bogotá 2002
  • M.Fernández de Navarrete: Viajes de Amerigo Vespucio. Gráficas Reunidas, Madrid 1923
  • Camargo Gabriel Pérez: Colombia 1497, primer arribo español a tierra firme. Instituto Colombiano de Cultura Hispánica, Bogotá 1985

Einzelnachweise

  1. R. Wallisch, Der Mundus Novus des Amerigo Vespucci. Text, Übersetzung und Kommentar, Wien 2. Aufl. 2006, S. 104ff.

Weblinks


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