Judith Malina

Judith Malina
Judith Malina

Judith Malina (* 4. Juni 1926 in Kiel) ist eine US-amerikanische Theater- und Filmschauspielerin, Autorin und Regisseurin. Sie ist eine überzeugte pazifistische Anarchistin und gründete 1947 zusammen mit Julian Beck das Living Theatre.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1928 übersiedelte Malina mit ihrer Familie in die USA, weil ihre Familie das sich ankündigende Unheil in Deutschland ahnte (siehe Dirk Szuszies’ Film Resist). Als Tochter des Oberrabbiners der deutsch-jüdischen Gemeinde in New York wuchs sie in einem politisch aktiven Klima auf. Der Vater organisierte Komitees, um Präsident Roosevelt zu bewegen, die Einwanderungsquote zu erhöhen oder aufzuheben. Er starb, als Judith 14 Jahre alt war.

Seit frühester Kindheit interessiert an der Schauspielerei, besuchte sie 1945 die New School for Social Research und belegte dort Kurse an Erwin Piscators Dramatic Workshop. Dort traf Malina 1941 den Maler Julian Beck, ihre große Liebe, den sie später heiratete. Ihre Ehe war so unkonventionell wie ihre Arbeit: Beck war bisexuell und hatte einen männlichen Partner und Malina hatte eine Reihe von Liebhabern. Es gab keine Trennung zwischen Privatleben, politischem Engagement und der Kunst.

Mit Beck gründete sie 1947 das Living Theatre, das als die radikalste, kompromissloseste und experimentierfreudigste Theatergruppe der amerikanischen Geschichte gilt. In den 1950er-Jahren war es die Avantgarde, in den Sechzigern die Gegenkultur. War es anfangs vor allem Motor der Studenten- und Anti-Vietnam-Kriegsbewegung, engagieren sich seine Mitglieder heute zum Beispiel für die Abschaffung der Todesstrafe in den USA und in der Arbeit mit Kriegstraumatisierten. Oft begibt sich das Living Theatre in Krisenregionen, um gemeinsam mit den Menschen vor Ort theatrale, friedliche Formen des Protests zu finden, um der Frustration und Ungerechtigkeit Ausdruck zu verleihen und eventuell Lösungen für die jeweilige Situation zu finden.

Sie und Mitglieder der Gruppe wurden mehrmals in den USA und in Brasilien zur Zeit der Militärdiktatur inhaftiert. Es gab Zwangsschließungen und aus finanziellen Gründen auch die Selbstauflösung nach Becks Tod 1985, Neugründungen, europäisches Exil von 1964 bis 1968, dann die Rückkehr in die USA mit ihrer bisher weltweit größten Erfolgproduktion Paradise Now. 1972 veröffentlichte Malina ihre Tagebucheinträge The Enormous Despair aus dieser Zeit, Aufzeichnungen über ihre Gefühle der Gefahr und Unvertrautheit bei der Rückkehr in die USA.

Nachdem Julian Beck 1985 an Krebs verstarb, wurde Hanon Reznikov, der zuvor Liebhaber beider Aktivisten war, zur zentralen Figur neben Judith Malina und ihr späterer Ehemann.

Um die finanziellen Aufwendungen für die Gruppe und das Theater leisten zu können, spielte Malina einige Filmrollen in Hollywood. 1975 begann ihre gelegentliche Filmkarriere mit einer kleinen Rolle in Dog Day Afternoon, später spielte sie auch große Rollen in The Addams Family und Household Saints.

Mit dem Living zog sie Ende der Neunzigerjahre nach Italien, wo sie eine Art „Asyl“ erhielten; außerdem traten sie 2000 im Libanon nach dem Rückzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten des Libanonkriegs von 1982 auf: eine für Malina und andere jüdische Mitglieder des Living teilweise bestürzende Erfahrung (siehe Dirk Szuszies’ Film Resist).

Werke

  • Judith Malina: The Enormous Despair. (diaries, 1968-69) Random House, New York 1972
  • Julian Beck und Judith Malina: Paradise Now. Pantheon, New York 1972
  • Imke Buchholz und Judith Malina: Living Theater heißt Leben. Von einer, die auszog, das Leben zu lernen. Volksverlag, Linden 1980
  • Julian Beck und Judith Malina: Il lavoro del Living Theatre a cura di Franco Quadri. Ubulibri, Milano 1982
  • Judith Malina: The Diaries of Judith Malina: 1947-1957. Grove Press, New York 1984
  • Judith Malina: Conversazioni con Judith Malina a cura di Cristina Valenti. Edizioni Elèuthera, Milano 1995

Filmografie

als Schauspielerin

  • 1963: The Queen of Sheba Meets the Atom Man
  • 1968: Emergency
  • 1969: Liebe und Zorn
  • 1975: Mrs. Wortzik in Dog Day Afternoon
  • 1984: Signals Through the Flames
  • 1987: Mrs. Monte in China Girl (deutsch: Krieg in Chinatown)
  • 1987: No Picnic
  • 1987: Mrs. Waldbaum in Radio Days
  • 1987: Mrs. Meacham in The Secret of My Success
  • 1988: Histoires d'Amérique
  • 1989: Masha's Mother in Enemies: A Love Story
  • 1990: Zeit des Erwachens
  • 1991: Grandma in Die Addams Family
  • 1993: Carmela Santangelo in Household Saints (deutsch: Ein ganz normales Wunder)
  • 1994: Men Lie
  • 1997: Vincenza Amico in The Deli
  • 1998: Music from Another Room (deutsch: Liebe auf den ersten Schrei)
  • 1999: Grammy in Snow Days
  • 2003: Tillie Hirsch in Nothing Really Happens: Memories of Aging Strippers

als Regisseurin

  • 1964: The Brig (deutsch: Der Knast)

Selbstdarstellung

  • 1969: Diaries, Notebooks and Sketches
  • 1996: Looking for Richard
  • 2001: Changing Stages
  • 2002: How to Draw a Bunny
  • 2004: Resist! To Be with the Living, Dirk Szuszies

Fernsehauftritte

  • ER (16. Mai 1996)
  • Miami Vice (6. Februar 1987)

Weblinks

Siehe auch


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