José Leandro Andrade

José Leandro Andrade
José Leandro Andrade

Andrade (r.) 1928

Spielerinformationen
Geburtstag 1. Oktober 1901
Geburtsort SaltoUruguay
Sterbedatum 4. Oktober 1957
Sterbeort MontevideoUruguay
Größe 179 cm
Position rechter Läufer
Vereine als Aktiver
Jahre Verein Spiele (Tore)1
bis 1920
1921
1922
1923
1924
1925–1931
1932–1935
1936
1936
1937
CA Peñarol
Misiones FC
CA Bella Vista
Reformers FC
CA Bella Vista
Nacional Montevideo
CA Peñarol
Atlanta de AFA Buenos Aires
Argentinos Juniors
Montevideo Wanderers FC


71 0(7)


105 (29)
88 0(3)
2 0(0)
21 0(0)
17 0(0)
Nationalmannschaft
1923–1930 Uruguay 33 0(1)
1 Angegeben sind nur Liga-Spiele.

José Leandro Andrade (*1. Oktober, nach anderen Quellen 20. oder 22. November 1901 in Salto; † 4. Oktober nach anderen Quellen 5. Oktober 1957 in Montevideo) war ein uruguayischer Fußballspieler.

„La Maravilla Negra“ (Das schwarze Wunder) war einer der ersten Weltstars – und der erste Schwarze – des internationalen Fußballs. Andrade galt als bester Fußballer der 1920er Jahre und gewann mit Uruguay 1924 und 1928 die Olympischen Spiele und 1930 die erste Fußball-Weltmeisterschaft.

Inhaltsverzeichnis

Jugend

1901 wurde Andrade als Nachfahre schwarzer Sklaven in Salto, im armen Nordwesten Uruguays geboren. Schon als Jugendlicher zog er zu seiner Tante in die Hauptstadt Montevideo, wo er sich als Straßenmusiker, Schuhputzer und Zeitungsverkäufer verdingte. Er führte die Tanzgruppe „Die armen kubanischen Neger“ an, galt als Meister des Nationaltanzes „Candombe“ (Spielart des Tango) und war selten ohne seine Trommel zu sehen. Die Menschen nannten den farbigen Jungen auch „König des Karnevals.“

Vereinskarriere

Neben seiner Leidenschaft für die Musik war Andrade ein begeisterter Fußballspieler. 1922 unterschrieb er einen Vertrag bei Bella Vista Montevideo, wo ihm der Durchbruch gelang. 1925 wechselte er zu Nacional, einem der größten Vereine des Landes, Meisterschaften blieben ihm jedoch versagt. In Uruguay gab es damals noch keinen Profifußball, weshalb sein Können ihn nur bedingt befreite, die Prämien waren kaum mehr als ein Zubrot.

Im damaligen 2-3-5 System (2 Verteidiger, 3 Läufer, 5 Stürmer) übernahm er als „Rechter Läufer“ die Rolle, die man heute den Mittelfeldregisseur nennt. Er führte Regie, choreografierte das Spiel wie ein Ballett. Außergewöhnlich beweglich, spielte er fast körperlos. Andrade soll den Scherenschlag erfunden haben, Fallrückzieher und Flugkopfball beherrschte er perfekt.

1932 wurde die uruguayische Liga in eine Profiliga umgewandelt und Andrade wechselte zum Lokalrivalen Peñarol. Hier konnte er 1935 endlich seine erste und einzige nationale Meisterschaft feiern. Danach spielte er noch kurze Zeit in Argentinien, ehe er seine Karriere 1937 beendete.

Karriere in der Nationalmannschaft

Der Ausnahmekönner wurde bald in die Nationalmannschaft berufen und machte am 23. Juni 1923 beim 0:0 gegen Argentinien sein erstes Länderspiel. Im selben Jahr gewann er mit der Copa América seinen ersten Titel mit der „Celeste.“

1924 fuhr Andrade mit Uruguay nach Europa, um in Paris an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Bis dato hatte der gemeine Europäer noch nie einen Schwarzen gesehen, geschweige denn Fußball spielend. Andrade war der einzige Schwarze des Turniers, was allein Aufsehen erregte. Im ersten Spiel wurde die damals beste Mannschaft Europas, Jugoslawien, mit 7:0 entzaubert. Die Südamerikaner gewannen nach vier Spielen mit 18:1 Treffern die Goldmedaille und waren der europäischen Konkurrenz läuferisch, taktisch und technisch klar überlegen. Andrade gelang unter anderem das erste bekannte Solotor, als er gegen Frankreich sieben Gegner über 75 Meter ausspielte und traf. Ein deutscher Fußball-Korrespondent schrieb damals in bestem Kolonialherrendeutsch: „Bei den Läufern vertrat ein waschechter Neger namens Andrade eine exotische Note mit seiner Couleur. Aber der Mann kann mehr. Ein zielbewussteres, taktisch vollendeteres Spiel lässt sich kaum denken. Sein fabelhaftes Können rief spontan Beifall hervor. Der lange Andrade fällt durch sein bevorzugtes Kopfballspiel auf. Die Neger scheinen Schädel wie Kokosnüsse zu haben.“ Uruguay war Olympiasieger – Andrade ein Star.

Nach diesem Sieg und dem Gewinn der Goldmedaille blieb Andrade noch einige Monate in Paris, lebte dort und genoss die „goldenen Zwanziger.“ Er tingelte singend und tanzend durch Nachtclubs, Bars und Cafés an der Seine, ein Jahr bevor Josephine Baker unglaubliche Erfolge in der Stadt feierte. Dass er schwarz war, spielte keine Rolle. Wohlhabende Familien legten Wert darauf, ihn als Klavierstimmer ins Haus zu holen. Zurück in Südamerika gewann Uruguay auch die Copa América 1924, doch Andrade kam nicht zum Einsatz.

1926 folgte ein weiterer Sieg bei der Südamerika-Meisterschaft. Hier hatte Andrade so groß aufgespielt, dass er zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde.

Bei den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam holte Uruguay wieder die Goldmedaille. Nach zwei dramatischen Endspielen gegen den Nachbarn Argentinien war man Doppelolympiasieger. Andrade konnte in den Finalspielen nicht mitwirken, da er sich im Halbfinale gegen Italien eine Augenverletzung zuzog, als er gegen den Torpfosten prallte. Trotzdem galt Uruguay als beste Nationalmannschaft der Welt und Andrade war ihr unumschränkter Star.

Die Erfolge bei den Spielen sorgten unter anderem auch dafür, dass Uruguay die erste Fußballweltmeisterschaft 1930 austragen durfte. Hier erreichte die „Celeste“ erneut das Finale. In Montevideo traf man wieder auf Argentinien: Andrade schoss zwar kein Tor, dirigierte aber seine Mannschaft und führte sie zum Weltmeistertitel. Das WM-Finale am 30. Juli 1930 sollte Andrades letztes Länderspiel sein, danach erklärte er seinen Rücktritt.

Nach der Karriere

Andrade liebte den Erfolg, die Show und den Ruhm. Nach seiner aktiven Karriere ging er wieder nach Paris. Hier führte er ein ausschweifendes Leben und feierte Feste. Sein Privatleben litt unter seinen Eskapaden und zwei Ehen gingen zu Bruch. Als die Finanzen knapp wurden, verkaufte er zunächst seine Medaillen, später dann alles, was er besaß und zog als mittelloser Bettler durch die Pariser Straßen.

Der deutsche Journalist Fritz Hack spürte Andrade kurz vor seinem Tod in einem Armenhaus in Montevideo auf. Der durch die Augenverletzung bei Olympia 1928 halbseitig erblindete Andrade, war total dem Alkoholismus verfallen und konnte den Fragen des Journalisten nicht mehr folgen, die Antworten gab seine Schwester.

José Leandro Andrade starb schließlich an Tuberkulose und in völliger Armut am 4. oder 5. Oktober 1957 im Armenhaus Pineyro del Campo.

Nachruf

„Sein Leben mutet beinahe an, als habe man dafür eigens den Begriff des Klischees erfunden: Armer Neger aus dem Hafenviertel wird berühmt in der weiten Welt, kehrt gefeiert zurück, fällt dem Suff und der Armut anheim und stirbt ohne einen Centavo im Armenhaus“ heißt es über Andrade in Dieter Reibers Nachschlagewerk „Jahrhundert-Fußball im Fußball-Jahrhundert“.

Etliche Chronisten glauben, dass Andrade ein Megastar und reich geworden wäre, wäre er 40 Jahre später geboren worden. So aber bleibt er, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb, „eine vergessene Gestalt aus ferner Fußballzeit, von deren Kunst nur ein paar unscharfe Standbilder und einige schwärmerische Beschreibungen übrig geblieben sind.“

Andrade war die erste „schwarze Perle“ des internationalen Fußballs, laut Weltverband der Fußballhistoriker und Statistiker (IFFHS) „der weltbeste Spieler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“.

Bei der Weltmeisterschaft 1950 trat sein Neffe Víctor Rodríguez Andrade in die Fußstapfen seines Onkels und holte zum zweitenmal den WM-Titel nach Uruguay.

Erfolge

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