Joseph Smith

Joseph Smith
Joseph Smith, Jr., Illustration von Charles William Carter, 1886.

Joseph Smith, Jr. [ˈdʒoʊzɪf ˈsmɪθ] (* 23. Dezember 1805 in Sharon im Windsor County, im US-Bundesstaat Vermont, USA; † 27. Juni 1844 in Carthage, Illinois) war Religionsstifter der so genannten Mormonen-Bewegung, aus der verschiedene Glaubensgemeinschaften hervorgegangen sind, wovon die bedeutendste die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Joseph wurde als viertes von zehn Kindern von Joseph Smith und Lucy Smith (geb. Mack) in Sharon, Vermont, geboren. Seine Familie war bibelgläubig. Die Eltern arbeiteten als Händler und Bauern. Sie hatte häufig mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen: Wegen geschäftlicher Fehlschläge und Missernten zog sie in der Hoffnung, nach dem jeweiligen Neuanfang ein besseres Leben zu finden, mehrmals innerhalb der nordöstlichen USA um. Die Familie Smith besserte ihr geringes Einkommen durch entgeltliche Schatzsucherei auf.[1] [2] Auch Joseph Smith beteiligte sich an der Schatzsuche. In diesem Zusammenhang behauptete er, er besitze die Fähigkeit mithilfe eines „Sehersteins“ verborgene Schätze aufspüren zu können.[3][4] Um dies zu tun, steckte er einen Seherstein in einen weißen Zylinder und erhielt dadurch die Anhaltspunkte, wo die Schätze verborgen sein sollten.[5][6][7]

Im Alter von acht Jahren litt er an einer Knocheninfektion im Bein, die beinahe zur Amputation führte. Mit einer für jene Zeit ungewöhnlichen und äußerst schmerzhaften Operation konnte das Bein gerettet werden. Smith blieb von dieser Erkrankung zeitlebens ein leichtes Hinken.

Die Ereignisse, die schließlich zur Gründung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage führen, begannen im Jahr 1820. Joseph Smith schildert seine Sicht der Dinge in einem Bericht, den er 1838 verfasste, und dessen erster Teil heute unter der Bezeichnung „Joseph Smith – Lebensgeschichte“ einen Teil des Buches Köstliche Perle bildet, einer der kanonischen Schriften der von ihm gegründeten Kirche. Darin behauptet er, im Frühjahr 1820 seien ihm als Antwort auf ein inbrünstiges Gebet im Wald Gott der Vater und Jesus Christus erschienen. Dies sei nahe seinem elterlichen Haus in Manchester, New York, geschehen. Dieses Ereignis wird als „Erste Vision“ bezeichnet.

Er berichtet weiter, dass ihm am 21. September 1823, wieder als Antwort auf ein „inbrünstiges Gebet“, diesmal in seiner Schlafkammer ein himmlisches Wesen erschienen sei, das sich als „Moroni“ zu erkennen gegeben habe. Durch eine Vision habe dieses Wesen ihm einen Hügel in der Nähe gezeigt, in dem antike Goldplatten vergraben gewesen seien, die Joseph jedoch noch nicht habe an sich nehmen dürfen.

Am 18. Januar 1827 heiratete er Emma Hale aus Harmony, Pennsylvania. Die Hochzeit fand heimlich statt, da sie gegen den Willen des Vaters von Emma war. In diesen Jahren arbeitete Joseph auf der väterlichen Farm sowie als Lohnarbeiter in der weiteren Umgebung. Am 22. September 1827 habe Joseph die Platten an sich nehmen dürfen und hat davon - wie er sagt, mit Gottes Hilfe - eine Übersetzung angefertigt, die als das Buch Mormon bekannt ist.

Durch finanzielle Hilfe des wohlhabenden Nachbarn Martin Harris, eines der „drei Zeugen des Buches Mormon“, wurde Anfang 1830 die Übersetzung der Goldplatten – das Buch Mormon – in einer Auflage von 5.000 Exemplaren in Palmyra, New York, gedruckt und erschien am 26. März. Am 6. April 1830 gründete Joseph Smith die Kirche Jesu Christi mit sechs weiteren Gründungsmitgliedern. 1831 zog er mit der Kirche nach Kirtland in Ohio, zwei Jahre später nach Missouri um. Am 24. März 1832 wurde er in Hiram (Ohio) vom Pöbel geteert und gefedert.[8]

Joseph Smith praktizierte wahrscheinlich bereits ab 1831 die Vielehe. In der Zeit zwischen 1840 und 1844 wurde Smith an zahlreiche Frauen „gesiegelt“, je nach Quelle 34 bis 40. Ob mit diesen Ehen eine sexuelle Beziehung verbunden war oder nur eine religiöse Verbindung „für die Ewigkeit“, konnte bisher nicht geklärt werden. Jedenfalls sind keine Kinder aus diesen Ehen bekannt; alle durchgeführten DNA-Tests an Nachkommen dieser Frauen verliefen negativ. Schließlich fand sich Emma mit dem Grundsatz der Vielehe ab. Das Bekanntwerden dieser praktizierten Vielehe war einer der Faktoren, die ab 1837 zu Zerwürfnissen zwischen Joseph Smith und einer Reihe von Führungspersönlichkeiten der Kirche führten.

Joseph Smith verbrachte die Zeit von Dezember 1838 bis April 1839 unter der Anschuldigung des Hochverrates im Gefängnis von Liberty, Missouri. Er gründete 1839 am Flecken Commerce am Mississippi River in Illinois die Stadt Nauvoo und richtete sich dort als Kaufmann und Gastwirt ein. Die Stadt erhielt vom Staat Illinois ein eigenes Statut; Joseph wurde Bürgermeister und ernannte sich zum Generalleutnant der von ihm gegründeten Miliz, der Nauvoo-Legion.

Smith war von 1842 bis zu seinem Ausschluss Mitglied der Nauvoo Lodge (Illinois), einer der vielen Freimaurerlogen jener Zeit. Daher stammen auch die Vermutungen, Smith habe sich bei der Ausgestaltung der Tempelverordnungen von der freimaurerischen Symbolsprache inspirieren lassen, da die Verordnungen für die Tempel der Kirche erst nach dieser Zeit ihre zunächst endgültige Form erhielten.

1844 kandidierte Smith für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Als Bürgermeister verfügte Joseph Smith am 10. Juni 1844 durch gemeinsamen Beschluss des Stadtrates, welcher überwiegend aus Mitgliedern der Kirche bestand, die Vernichtung der Druckstöcke und der Druckerpresse der Zeitung Nauvoo Expositors, als öffentliches Ärgernis. Die Zeitung hatte in ihrer ersten und einzigen Ausgabe über die Kirche und vor allem Joseph Smith behauptet, seine polygame Lebensweise sei anstößig und er ein gefallener Prophet. Dieser Angriff Smiths auf die Pressefreiheit wurde zum Anlass für seine Verhaftung durch Gouverneur Thomas Ford.

Am 27. Juni 1844 wurde Smith als Untersuchungshäftling in einem Gefängnis in Carthage, Illinois, von einer aufgebrachten Menschenmenge getötet. Beim Versuch aus dem Fenster zu springen, wurde er von mehreren Kugeln tödlich getroffen. Kurz zuvor hatte er ein freimaurerisches Notsignal benutzt, um Mitglieder der Freimaurer, die sich in der Menschenmenge befanden, dazu zu bewegen, ihm Hilfe zu leisten.[9] Damit war er der erste US-amerikanische Präsidentschaftskandidat, der während des Wahlkampfs ermordet wurde.

Kontroverse Meinungen

Wie sich zeitgenössischen Zeitungsberichten und anderen Dokumenten entnehmen lässt, waren Joseph Smith und sein prophetischer Anspruch in seiner Umgebung rasch Gegenstand heftiger Kontroversen. Auf der einen Seite fand er Anhänger, die seinen Berichten von Visionen, dem Buch Mormon und seinem prophetischen Anspruch Glauben schenkten und von seinem edlen Charakter, seinem Fleiß, Humor und Mitgefühl berichteten.

Auf der anderen Seite gab es auch Menschen, die ihn für einen Scharlatan und Kriminellen hielten. Seine Lehre wurde von seinen Kritikern als nicht der Bibel entsprechend und daher als nicht christlich dargestellt. Das Buch Mormon wird vielfach als reines Phantasieprodukt des 19. Jahrhunderts betrachtet, das von Joseph Smith entweder selbst erdacht oder von einem anderen Autor übernommen wurde.

Es werden Joseph Smith Aberglauben, Wahrsagerei und entgeltliche Schatzgräberei mittels Magie, Leichtgläubigkeit und Arbeitsscheue, außerdem illegale Ehen, teilweise mit noch minderjährigen Frauen (zum Beispiel Fanny Alger), vorgeworfen.

Siehe auch

 Portal:Mormonentum – Artikel zum Thema Mormonentum

Literatur

  • Joseph Fielding Smith (Hrsg.): Die Lehren des Propheten Joseph Smith, Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Frankfurt/M. 1983, ISBN 3-922834-05-1
  • Norbert M. Borengässer: Joseph Smith. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 692–696.
  • Fawn M. Brodie: No man knows my history. The life of Joseph Smith, Knopf, New York 1978, ISBN 0-394-46967-4
  • Richard L. Bushman: Joseph Smith: Rough Stone Rolling, Knopf, New York 2005, ISBN 1-4000-4270-4
  • Jon Krakauer: Mord im Auftrag Gottes. Eine Reportage über religiösen Fundamentalismus. Piper, München 2004, ISBN 3-492-24276-6
  • Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Salt Lake City, Utah, USA, 2007

Weblinks

 Commons: Joseph Smith, Jr. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Joseph Smith, Jr. – Quellen und Volltexte (Englisch)

Einzelnachweise

  1. Quinn, D. Michael (1998), Early Mormonism and the Magic World View (2nd ed.), Salt Lake City: Signature Books, ISBN 1-56085-089-2, Seite 136.
  2. Mössmer, Die Mormonen: Die Heiligen der letzten Tage, 2004, S. 20 ff.
  3. Bushman, Richard Lyman (2005), Joseph Smith: Rough Stone Rolling, New York: Knopf, ISBN 1400042704, Seiten 49–51)
  4. Persuitte, David (2000), Joseph Smith and the origins of the Book of Mormon, Jefferson, North Carolina: McFarland & Co., ISBN 0-7864-0826-X, Seiten 33–53).
  5. Brooke, John L. (1994), The Refiner's Fire: The Making of Mormon Cosmology, 1644–1844, Cambridge: Cambridge University Press, Seiten 152-153
  6. Quinn, D. Michael (1998), Early Mormonism and the Magic World View (2nd ed.), Salt Lake City: Signature Books, ISBN 1-56085-089-2, Seiten 43-44
  7. Harris (1833, Seiten 253–54); Hale (1834, p. 265); Clark (1842, Seite 225); Turner (1851, Seite 216); Harris (1859, Seite 164); Tucker (1867, Seiten 20–21); Lapham (1870, Seite 305); Lewis & Lewis (1879, Seite 1); Mather (1880, Seite 199).
  8. The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints: Aus dem Leben von Joseph Smith, abgefragt am 23. März 2011
  9. Andrew Jenson, Latter-day Saint Biographical Encyclopedia, Bd. 1, Salt Lake City, 1901, S. 698; Mervin B. Hogan, Freemasonry and the Lynching at Carthage Jail, Salt Lake City, S. 10f.; Times & Seasons“ vom 15. Juli 1844 (5:585); Orson Whitney, Life of Heber C. Kimball, Salt Lake City, 1888, S. 26; Cecil McGavin, Mormonism & Masonry, Salt Lake City, 1956, S. 17


Vorgänger Amt Nachfolger
Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
18301844
Brigham Young

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Joseph Smith, Jr. — Joseph Smith, Jr. (December 23, 1805 – June 27, 1844) was the founder of the Latter Day Saint movement, also known as Mormonism, and an important religious and political figure in the United States during the 1830s and 1840s. In 1827, Smith began …   Wikipedia

  • Joseph Smith, Jr — Joseph Smith Pour les articles homonymes, voir Joseph Smith (homonymie). Joseph Smith Joseph Smith, fils (23 décembre  …   Wikipédia en Français

  • Joseph Smith, Jr. — Joseph Smith Pour les articles homonymes, voir Joseph Smith (homonymie). Joseph Smith Joseph Smith, fils (23 décembre  …   Wikipédia en Français

  • Joseph Smith Jr — Joseph Smith Pour les articles homonymes, voir Joseph Smith (homonymie). Joseph Smith Joseph Smith, fils (23 décembre  …   Wikipédia en Français

  • Joseph Smith, Sr. — Joseph Smith, Sr. (1771 ndash;1840) was the father of Joseph Smith, Jr., the founder of the Latter Day Saint movement. Joseph Sr., was also one of the Eight Witnesses of the Book of Mormon, which Mormons believe was translated by Joseph Jr. from… …   Wikipedia

  • Joseph Smith — Joseph Smith, Jr. es el fundador del Movimiento de la Restauración o Mormonismo en Nueva York, Estados Unidos en 1830. Hoy en día este movimiento se encuentra expresado principalmente en dos corrientes, La Iglesia de Jesucristo de los Santos de… …   Enciclopedia Universal

  • Joseph Smith — Pour les articles homonymes, voir Joseph Smith (homonymie). Joseph Smith …   Wikipédia en Français

  • Joseph Smith — noun religious leader who founded the Mormon Church in 1830 (1805 1844) • Syn: ↑Smith • Instance Hypernyms: ↑Latter Day Saint, ↑Mormon * * * Joseph Smith [Joseph Smith …   Useful english dictionary

  • Joseph Smith (hijo) — Joseph Smith, Jr. Nacimiento …   Wikipedia Español

  • Joseph Smith III — (November 6, 1832 – December 10, 1914) was the eldest surviving son of Joseph Smith, Jr., founder of the Latter Day Saint movement, and Emma Hale Smith. Joseph Smith III was the first Prophet–President of the Reorganized Church of Jesus Christ of …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”